Siegesserie beendet, Österreich geht erstmals in der Teamchef-Ära von Franco Foda als Verlierer vom Platz - und es gibt wohl keine zwei Meinungen, dass das 0:3 gegen Brasilien eine verdiente Niederlage war.
"Wir müssen das 0:3 so nehmen, wie wir es gekriegt haben, es war im Endeffekt völlig verdient. Die Brasilianer waren die bessere Mannschaft, sie waren laufstärker, spritziger, gewillter, kaltschnäuziger, sie waren überall um das Äutzerl besser", gesteht Sebastian Prödl ein.
In den ersten 55 Minuten habe man gut verteidigt, bis auf Weitschüsse und ein Abseitstor "nichts Gravierendes" zugelassen: "Aber irgendwie hat uns diesmal der Lichtblick gefehlt - eine Aktion, die uns mitgerissen hätte."
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(Text wird unter dem Video fortgesetzt)
Die fehlenden fünf Prozent
"Man muss klar ansprechen, dass wir diesmal nicht an unsere Grenzen gekommen sind. Den Willen will ich gar nicht absprechen, aber es waren mehrere Faktoren, die uns nicht dazu getrieben haben, es den Brasilianern schwer zu machen."
"Es war nicht unser Tag. Es war an sich kein schlechtes Spiel, es war die gegnerische Mannschaft, die besser war. Die letzten fünf Prozent haben wir vermissen lassen und gegen so eine Spitzenmannschaft wie Brasilien reicht das nicht. Man muss klar ansprechen, dass wir diesmal nicht an unsere Grenzen gekommen sind. Den Willen will ich gar nicht absprechen, aber es waren mehrere Faktoren, die uns nicht dazu getrieben haben, es den Brasilianern schwer zu machen", analysiert Prödl.
Einer dieser Faktoren war sicherlich die körperliche Komponente. Brasilien wirkte definitiv agiler, was jedoch nicht auf den gekonnteren Umgang mit der Hitze (Prödl: "Ich habe noch nie so viel geschwitzt bei der Hymne") zurückzuführen ist.
"Ihr Formaufbau ist ganz anders als bei uns. Wir sind jetzt mehr oder weniger am Ende unseres kleinen Turniers, für sie war es die WM-Generalprobe und sie werden langsam am Peak sein. Das ist ein Punkt, der aber keine Ausrede sein soll - ganz im Gegenteil. Ich glaube, dass es gut für uns war, uns auszupowern und eventuell auch einmal taktisch zu merken, wo wir noch unsere Limits haben. Genau diesen Test wollten wir. Das Ergebnis hätte schöner sein können, wir können aber auch viel mitnehmen", erläutert Julian Baumgartlinger.
Kein gutes Gegenpressing und Umschaltspiel
Taktisch hat diesmal einiges nicht nach Plan funktioniert - egal, ob es am Körperlichen oder der höheren individuellen Klasse der Südamerikaner lag.
"In den letzten beiden Spielen hatten wir ein sehr gutes Gegenpressing und ein sehr gutes Umschaltspiel. Das ist uns diesmal überhaupt nicht gelungen. Wir hatten gar keinen Zugriff nach vorne. Wir hatten sehr, sehr einfache Ballverluste in der Offensive, und dann ist es natürlich nicht einfach, wenn man die meiste Zeit hinterherläuft", moniert David Alaba, der jedoch gleichzeitig hervorhebt, wie gut Brasilien die vom ÖFB-Team gestellten Aufgaben gelöst hat:
"Wir haben versucht zu pressen, aber Brasilien hat das überragend gemacht. Sie haben sehr oft beim Rausspielen eine Lösung gefunden und vorne geht es dann ganz schnell. Mir war von Vorherein bewusst, welche Spieler bei ihnen am Platz stehen, welchen Kader sie haben und dass es sicher zu ihren Stärken gehört, dass sie immer wieder eine Lösung finden. Wir hätten es aber mit Sicherheit besser machen können."
Defensiv zu weit hinten gestanden
Alessandro Schöpf bemängelt, dass man als Mannschaft nicht kompakt genug agiert hätte: "Wenn du gegen solch gute Gegner spielst, mit dieser individuellen Qualität, nützen die das aus."
"Das sollte uns im Herbst nicht mehr passieren, dass wir vorne versuchen zu attackieren und defensiv zu weit hinten stehen, sodass wir als Mannschaft nicht kompakt sind. Man hat gesehen, dass die Abstände innerhalb der Ketten einfach zu groß waren."
Konkret kritisiert der Tiroler: "Wir sind mit der letzten Linie, also hinten drinnen mit der Fünferkette, ein bisschen zu tief gestanden, deswegen haben wir keinen Zugriff gefunden. Wir haben vorne versucht, immer wieder anzulaufen und Druck auszuüben, aber Brasilien hat immer wieder Lösungen gehabt. Deswegen war es sehr, sehr laufintensiv und kräfteraubend für uns."
"Das sollte uns im Herbst nicht mehr passieren, dass wir vorne versuchen zu attackieren und defensiv zu weit hinten stehen, sodass wir als Mannschaft nicht kompakt sind. Man hat gesehen, dass die Abstände innerhalb der Ketten einfach zu groß waren. Genau da haben sie uns auch immer wieder erwischt und die Bälle reingespielt. Das müssen wir besser machen. Das Paradebeispiel dafür war die zweite Hälfte gegen Deutschland, da haben wir es sehr gut und für den Gegner extrem eng gemacht", so Schöpf weiter.
Eine kleine Lehrstunde
"Es war auf jeden Fall eine kleine Lehrstunde", gibt Baumgartlinger zu. Martin Hinteregger gesteht: "Über weite Strecken des Spiels sind wir chancenlos gewesen, haben nichts entgegenzusetzen gehabt."
Letztlich geht es aber gerade bei Testspielen stets um die richtige Einordnung von Ergebnis und Leistung. Bei diesem Punkt sind sich alle ÖFB-Kicker einig, dass man sich durch das Brasilien-Spiel die Fortschritte dieses Lehrgangs nicht madig machen lassen sollte.
"Ich glaube nicht, dass wir uns die letzten zwei Wochen trüben lassen sollten", betont Alaba, "wir können aus diesem Lehrgang sehr viel Positives mtnehmen, speziell aus den ersten zwei Spielen."
Brasilien wollte WM-Gegner einschüchtern
"Dass wir solchen Gegnern Probleme bereiten können, haben wir gegen Deutschland bewiesen, deswegen ist es kein Genickbruch. Ich bin niedergeschlagen, enttäuscht, aber nicht hoffnunglos", meint Prödl, der resümiert:
"Es gab einige Punkte im Spiel, aus denen wir unsere Lehren ziehen werden. Ich bin nicht pessimistisch und denke auch nicht, dass es ein Rückschlag war oder dass wir auf der Stelle treten. Es war einfach eine Lehre gegen eine Mannschaft, die unterstrichen hat, dass sie ein Titelanwärter sein will und die auch ihre WM-Gegner einschüchtern wollte. Brasilien ist schon so wie in einem Weltmeisterschafts-Spiel aufgereten."