In Testspielen geht es bekanntlich nicht um Punkte, dafür umso mehr um einen Erkenntnisgewinn - im Idealfall einen positiven.
Österreich besiegte Griechenland am Donnerstag in Klagenfurt nach Rückstand noch 2:1 - so richtige Jubelstimmung wollte jedoch keine aufkommen, dafür war die Performance für die gestiegenen ÖFB-Ansprüche zu mager.
Auch wenn quasi der dritte Anzug am Werk war. Denn in Abwesenheit von 13 potenziellen Kadermitgliedern setzte Teamchef Franco Foda zu Beginn diverse Akteure auf die Bank, mit denen man in den Nations-League-Duellen mit Nordirland und Rumänien durchaus in der Startelf rechnen kann.
Das eine oder andere Experiment war angesagt, gleichzeitig konnte man einige Erkenntnisse gewinnen - unter anderem auf folgenden Themen-Gebieten.
(Text wird unter dem Video fortgesetzt)
LAUTER LEGIONÄRE:
Auch wenn man sich zur Bezeichnung "C-Elf" hinreißen lassen kann, kommt man um einen Fakt nicht umhin: Die 17 eingesetzten Spieler waren ausschließlich Legionäre.
Dieser Umstand dient durchaus als Hinweis darauf, wie sehr die Qualität des zur Verfügung stehenden Spielerpools in den vergangenen Jahren gestiegen ist. Selbst Akteure, die man derzeit noch der dritten ÖFB-Reihe zurechnet (Marco Friedl zum Beispiel), können Stammspieler in der deutschen Bundesliga sein.
Dass diesmal kein Bundesliga-Spieler zum Einsatz kam, lag natürlich in erster Linie an der Abwesenheit der Salzburg-Kicker – Cican Stankovic wäre ansonsten mit hoher Wahrscheinlichkeit im Tor gestanden. 90 Minuten lang die Bank drückten Jörg Siebenhandl (Sturm), Reinhold Ranftl (LASK), Maximilian Ullmann (Rapid) und Christoph Monschein (Austria).
DAS SPIELERRESERVOIR:
Besagter Pool, der Foda zur Verfügung steht, wird nicht kleiner. Mit Friedl und Raphael Holzhauser stellten zwei weitere Debütanten unter Beweis, dass man sie im Nationalteam aufbieten kann. Dies gelang im Verlauf dieses Nationalteam-Herbsts zuvor schon Adrian Grbic und vor allem Christoph Baumgartner.
Kann Österreich in Bestbesetzung antreten, ist von den aktuellen Rookies vor allem der Hoffenheim-Legionär ein Thema für die Stammformation.
Dennoch: Stünden alle in Frage kommenden Kandidaten auch tatsächlich zur Verfügung, wäre es inzwischen ein recht brutaler Kampf um die Kaderplätze. In diesem Zusammenhang sollte man auch nicht vergessen, dass der ÖFB mit Hannes Wolf, Yusuf Demir oder Marko Raguz weitere, noch eher jüngere Kräfte in der Hinterhand hat, die sich nicht aufhalten lassen werden.
DIE GEGENTORE:
Schon wieder ein unnötiges Gegentor. Schon wieder konnte man den Eindruck gewinnen, dass jeder gefährliche Ball des Gegners, der aufs Tor geht, auch im Tor landet. Dies ist kein neuer Trend. Es war das fünfte Länderspiel in Folge, in dem der jeweilige Goalie sich nicht über eine weiße Weste freuen konnte und das erneut unnötigerweise. Das letzte zu Null gelang beim 1:0 in Slowenien, als die Quali für die EURO vorentschieden wurde.
Gut ist, dass das ÖFB-Team weiterhin wenig zulässt. Wichtig wäre, tatsächlich wieder einmal über 90 Minuten lang so konzentriert zu agieren, dass man kein Gegentor beklagen muss. Denn für Pervan, Schlager und Co. ist es naturgemäß lästig, wenn sie sich kaum auszeichnen können, aber trotzdem bezwungen werden.
Apropos Torhüter: Schlager und Stankovic fehlen, eine glasklare Nummer eins gibt es nicht. Könnte so gesehen ein spannender Lehrgang für Pavao Pervan sein.
FEHLENDE OFFENSIVE LÖSUNGEN:
Wenig Tempo, zu viel quer gespielt – offensiv war das lange Zeit viel zu wenig. Gut, vor rund einem Jahrzehnt hätte man noch gejubelt, wenn man einen Gegner vom Niveau Griechenlands in der eigenen Hälfte einschnüren hätte können.
Aber auch hier sind die Ansprüche gestiegen, und das ist auch gut so.
Auch von einer zweiten oder dritten Garnitur kann man inzwischen verlangen, dass sie drückende Überlegenheit zumindest in mehr Torgefahr ummünzt. Hier fehlte es vor allem vor der Pause an der notwendigen Kreativität. Während vor allem die beiden Joker Baumgartner und Michael Gregoritsch selbige an den Tag legten, konnten andere Akteure wie Alessandro Schöpf (ÖFB-Rückkehr nach knapp zwei Jahren) oder Karim Onisiwo diese Partie nicht zur Eigenwerbung nutzen. Selbiges galt lange auch für Adrian Grbic bei seinem Startelf-Debüt, aber ein Tor entschädigt nun mal für vieles.
DIE STÜRMER-FRAGE:
Marko Arnautovic verpasst diesen Nationalteam-Herbst (sofern es für den November-Lehrgang nicht eine Lösung gibt). Das ist in erster Linie schade. Gleichzeitig bietet es jedoch anderen Stürmern die Chance, sich zu emanzipieren und aus dem großen Schatten des China-Legionärs ins Rampenlicht zu spielen. Man kann den Eindruck gewinnen, dass dies langsam gelingt. Grbic netzte gegen Griechenland, Onisiwo als Joker gegen Rumänien, Gregoritsch brach in Norwegen den Bann und überzeugte gegen Griechenland als Joker.
Freilich geht – in allen Fällen und allen drei Partien – spielerisch mehr, aber die Signale sind in Ordnung. Allein altersbedingt wird es ohnehin früher oder später vonnöten sein, Arnautovic-Alternativen intensiv auszuloten. Und übrigens: Das Debüt von Sasa Kalajdzic steht auch noch an.
DER BAUMGARTNER-EFFEKT:
Ehre, wem Ehre gebührt. Baumgartner verdient aufgrund seiner bisherigen Leistungen im ÖFB-Dress eine Extra-Erwähnung. Zwei Tore in den ersten drei Länderspielen, dazu durchwegs überzeugende Leistungen – so kann man sich dem Nationalteam-Publikum vorstellen. Es benötigt wenig Fantasie, um den 21-Jährigen eher früher als später als Stammspieler zu sehen. Spannend wird, wer weicht bzw. welche Positions-Rochaden dies zur Folge hätte.
David Alaba stand in den letzten zwölf Länderspielen nur vier Mal zur Verfügung, aber wenn er einsatzfähig war, wurde er am linken Flügel aufgeboten. Dort macht nun Baumgartner eine gute Figur. Beide sind bekanntlich vielseitig. Aber eine nicht unlogische Variante wäre, Baumgartner in dieser Rolle zu belassen und Alaba – nicht zuletzt in Abwesenheit von Ulmer - als Linksverteidiger zu nominieren.