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Die Salzburger "Red Bull Brothers" im Nationalteam

"Bullen"-Dominanz im ÖFB-Team bringt Vorteile. Mit einem Irrglauben wird aufgeräumt:

Die Salzburger Foto: © GEPA

"Red Bull Österreich" oder "Austria Salzburg" oder schlichtweg "Red Bull Brothers", um diesen neuerdings geflügelten Begriff einmal etwas positiver zu konnotieren.

An mehr oder weniger sinnvollen Wortspielchen mangelte es in Klagenfurt nicht, wenn es um die Startelf des ÖFB-Teams gegen Slowenien ging.

Der Hintergrund ist bekannt: Gleich sieben aktuelle oder ehemalige Kicker des FC Red Bull Salzburg standen in der Anfangsformation: Stefan Lainer, Martin Hinteregger, Andreas Ulmer, Xaver Schlager, Konrad Laimer, Valentino Lazaro und Marcel Sabitzer - mit Stefan Ilsanker wurde später ein achter "Bulle" eingewechselt.

Lediglich Heinz Lindner, Aleksandar Dragovic, David Alaba und Marko Arnautovic schlüpften nie ins Trikot des Salzburger Serienmeisters.

"Salzburg zeigt jedes Jahr, was für Talente sie in ihren Reihen haben. Sie machen ihren Job wirklich sehr gut, auch wenn sie dann ins Ausland gehen, zum Beispiel nach Leipzig. Sie haben schon sehr viel Potenzial", gratuliert Alaba.

Gewisse Vorteile für das Nationalteam liegen auf der Hand. Doch lässt sich die Red-Bull-Philosphie nur schwierig eins zu eins auf das Nationalteam übertragen.

 

Von der Hochzeit in die Startelf

Der größte Vorteil: Man kennt sich - auf und abseits des Platzes. Zwischen Ende der Bundesliga-Saison und Beginn des ÖFB-Lehrgangs heiratete etwa Stefan Lainer.

"Ganz lustig - eigentlich alle, die ich aus dem Fußball zur Hochzeit eingeladen habe, waren gegen Slowenien in der Startelf", lacht der Rechtsverteidiger. Gemeint sind Schlager, Laimer und Hinteregger.

"Wir hatten eine Gaudi, haben das eine oder andere Gläschen getrunken und einfach gebührend gefeiert, so wie es sich gehört, schließlich war es Stevies großer Tag, er ist jetzt quasi im Bund der Ehe", grinst Schlager.

Auf einen Sieg gegen Slowenien habe man sich bei den Feierlichkeiten nicht eingeschworen. "Mit vier, fünf Leuten hilft das nix, du musst dich mit dem ganzen Team einschwören", betont Schlager. Lainer wiederum lacht: "Wir haben uns schon gesagt: Wenn wir alle spielen, können wir nur gewinnen."

Eine Sache des Vertrauens

Das Mittelfeld-Duo Schlager und Laimer spielte erstmals im frühen Teenager-Alter Seite an Seite, gemeinsam ging es schon in den Ibiza-Urlaub. Im ÖFB-Camp bilden die beiden mit Lainer eine Würfel-Runde.

"Das sind enge Freunde von mir und ich habe mich natürlich für jeden, der in der Startelf war, gefreut. Bei Konny war es an der Zeit, dass er seine Chance kriegt und er hat sie mit Bravour gemeistert."

Stefan Lainer

"Das sind enge Freunde von mir und ich habe mich natürlich für jeden, der in der Startelf war, gefreut. Bei Konny war es an der Zeit, dass er seine Chance kriegt und er hat sie mit Bravour gemeistert", lobt Lainer den Debütanten Laimer.

Die Vertrautheit abseits des Platzes ist offensichtlich und dies fördert natürlich auch die Vertrautheit auf dem Feld, die allerdings ohnehin verstärkt gegeben sein sollte, wenn man zumindest phasenweise im Verein zusammengespielt hat - noch dazu bei einem Klub, der auf eine sehr spezielle Philosophie setzt.

"Natürlich gibt das Vertrauen", bestätigt Lainer, "du kennst die Stärken eines jeden, sie kennen dich. Es ist ein bisschen wie im Verein, wo du natürlich genau eingespielt bist. So ist es mir gegen Slowenien gegangen, weil ich mehr oder weniger alle extrem gut kenne und weiß, wie sie spielen. Deswegen hat es auch bei Konny keine großen Anlaufschwierigkeiten gegeben, sondern er hat sofort reingefunden. Es wirkt sich positiv auf die Leistung aus, wenn man Freundschaften in der Mannschaft hat und sich sehr gut versteht."

Schlager und Laimer als "perfekte Konstellation"

Laimers A-Team-Premiere wurde durch den kurzfristigen Ausfall von Kapitän Julian Baumgartlinger ermöglicht. Dass sich Schlager und der Leipzig-Legionär quasi blind verstehen, half bei dieser für gewöhnlich nicht unbedingt angenehmen Ausgangssituation des Ausfalls des Team-Leaders.

Lazaro zieht jedenfalls den Hut: "Ich bin auf die ganze Mannschaft stolz, aber speziell auf Konny und Xaver. Denn in so einer Drucksituation so eine tragende Rolle zu übernehmen, viele Löcher zu stopfen, jeden Ball haben zu wollen, ist schon etwas Besonderes."

"Eine perfekte Konstellation", nennt ÖFB-Sportdiretor Peter Schöttel den Umstand, dass Laimer beim Debüt einen engen Vertrauten als Partner hatte, "es hat sicher geholfen, dass die beiden sich ewig kennen. Wenn man die Entwicklung von Schlager und Laimer in den vergangenen Monaten verfolgt hat, war mir aber auch nicht bange, dass das nicht funktionieren könnte."

Bei der Besprechung vor der Partie habe er einmal durchgezählt, welche Startelf-Mitglieder eigentlich noch nicht bei Red Bull waren. "Das zeigt natürlich auch die Entwicklung, die in den letzten Jahren im Fußball in Österreich stattgefunden hat. In Salzburg ist sehr viel Gutes passiert", betont der 52-Jährige.

Im ÖFB-Team so spielen wie bei Red Bull? "Das geht nicht"

Gleichzeitig warnt Schöttel davor, voreilig eins und eins zusammenzuzählen: "Man muss nur aufpassen, wenn man die Spielweise der Red-Bull-Mannschaften eins zu eins im Nationalteam einfordert. Das sind Abläufe, die sie über Wochen, Monate und Jahre einüben. Im Nationalteam gibt es auch Spieler, die aus Manschaften kommen, die eine andere Art des Fußballs bevorzugen. Da gilt es die richtige Mischung zu finden. Aber natürlich tun uns diese Laufbereitschaft und Aggressivität der Red-Bull-Spieler gut."

"Darum gibt es ja eine Vorbereitung von vier, fünf Wochen, in der man alles trainiert und einstudiert. Wenn ich in einer Woche schaffen würde, was andere in fünf Wochen schaffen, wäre ich ja ein Zauberer."

Xaver Schlager

Eine Einschätzung, die Schlager unterstreicht: "Sicherlich, die Leute erwarten sich, dass wir im Nationalteam so spielen wie bei Red Bull, aber das geht nicht. Dazu müsste man jeden Tag miteinander trainieren - das ist ja harte Arbeit, die wir bei Salzburg leisten, dass wir so viel Vertrauen in einander haben, dass wir zum Beispiel hinten eins gegen eins oder zwei gegen zwei spielen. Dieses Vertrauen kannst du in der kurzen Zeit gar nicht erarbeiten."

Auf dem Niveau vom Verein sei es im Nationalteam unmöglich, die Herangehensweise einzustudieren: "Das geht auf keinen Fall. Darum gibt es ja eine Vorbereitung von vier, fünf Wochen, in der man alles trainiert und einstudiert. Wenn ich in einer Woche schaffen würde, was andere in fünf Wochen schaffen, wäre ich ja ein Zauberer."

Noch dazu, weil man laut Schlager im ÖFB-Camp ohnehin eher selten wirklich eine Woche trainieren könne: "Wenn die meisten am Sonntag spielen, musst du am Montag regenerieren, Dienstag geht auch nicht viel, dann geht erst am Mittwoch etwas, Donnerstag ist schon Abschlusstraining und am Freitag spielst du - also hast du eigentlich nur zwei richtige Trainings, in denen du wirklich etwas einstudieren kannst. Das ist nicht viel Zeit. In einer Nationalteam-Woche ist einfach wichtig, dass man einen Plan ausarbeitet und den so gut wie möglich umsetzt. Mehr kann man da nicht erwarten. Bei Red Bull haben wir mehrere Pläne, wenn wir gegen Vierer- oder Fünferkette spielen, gewisse Abläufe sind automatisiert. Die in der kurzen Zeit einzutrainieren, ist fast unmöglich."

"Bullen" müssen sich im ÖFB-Team ein wenig zurücknehmen

Dies bedeutet im Umkehrschluss jedoch auch, dass "Bullen"-Kicker im ÖFB-Dress anders agieren müssen als im Verein. Dieses Thema ist auch in Junioren-Nationalteams immer wieder zu vernehmen, dass man in Salzburg ausgebildete Kicker erst eingliedern muss.

Lainer bestätigt, dass man sich zurücknehmen müsse, um kompatibel mit der Herangehensweise im ÖFB-Team zu sein:

"Ich kann in der Nationalmannschaft nicht so spielen wie im Verein. Ich glaube, damit würde der Trainer nicht einverstanden sein."

Stefan Lainer

"Ich kann in der Nationalmannschaft nicht so spielen wie im Verein. Ich glaube, damit würde der Trainer nicht einverstanden sein, weil natürlich ein anderer Fußball gespielt wird. In Salzburg sind wir auf volles Pressing ausgelegt, den Gegner vorneweg aktiv zu attackieren. Dafür haben wir auch genau die Spielertypen. Im Nationalteam haben wir eine andere Spielweise. Wir haben extreme individuelle Qualität, daher muss ich mich in der einen oder anderen Situation entsprechend ein bisschen zurücknehmen und einfach den Laden dicht halten, was ich aus Salzburg nicht so gewohnt bin. Aber da stelle ich mich natürlich in den Dienst der Mannschaft und versuche, die Aufgaben vom Teamchef bestmöglich umzusetzen."

Ob er im ÖFB-Dress bisweilen gegen die eigenen Instinkte und gewohnten Handlungsabläufe handeln müsse? "So schlimm ist es natürlich nicht", grinst der Rechtsverteidiger, gesteht aber auch:

"Natürlich will man oft noch mehr nach vorne machen, aber dann kommt ein Kommando, dass die Restverteidigung zu wahren ist. Die ist in Salzburg genauso wichtig, aber wir spielen sie natürlich ein bisschen anders. Daher musst du dich an die Spielweise hier ein bisschen anpassen und aus meiner Sicht als Außenverteidiger ein bisschen zurücknehmen. In Salzburg sind Außenverteidiger mehr oder weniger Flügelstürmer und weniger Außenverteidiger."

Verstärkt sich der ÖFB-Trend zu "Salzburgern"?

Laut Schlager müssten sich im Nationalteam aber alle Spieler anpassen, nicht nur die "Bullen", weil es bei diversen Vereinen verschiedene Ansätze geben würde:

"Bei Salzburg haben wir die Devise zu pressen. Auch wenn man hinten eins gegen eins ist, geht man Risiko und versucht Druck auf den Ball zu kriegen. Andere Mannschaften sagen sich eher, wir lassen uns lieber zurückfallen und stehen sicher. Jeder muss sich anpassen - egal ob er in Salzburg spielt oder woanders. Wir müssen eine gute Mischung finden. Das Wichtigste ist eben, dass alle wissen, was wir machen. Darum ist es für mich auch einfacher, wenn ich neben Konny spiele, weil ich weiß, was er macht und er weiß, was ich tue. Solche Sachen helfen sehr, auch wenn man es am Anfang nicht glaubt, aber sie sind entscheidend."

Angesichts der finanziellen Möglichkeiten, die besten Talente früh in die Mozartstadt zu locken, und der guten Arbeit in der Akademie, wäre es keine Überraschung, wenn sich der Trend zu Akteuren mit Red-Bull-Salzburg-Gegenwart oder -Vergangenheit im ÖFB-Aufgebot mittelfristig fortsetzen oder gar verstärken würde.

Schlager: "Die Arbeit von Red Bull Salzburg in den letzten Jahren ist einfach sehr, sehr gut. Viele Spieler werden entwickelt, genießen die Ausbildung dort und werden in höhere Ligen weiterverkauft. Ich glaube, das tut ganz Österreich gut. Wenn so viele Spieler im Nationalteam spielen, hilft das."

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