In der Stunde der Niederlage Größe zu zeigen, ist bisweilen keine einfache Übung.
Marko Arnautovic gehört zu den vielen ÖFB-Kickern, die diese Hürde nach der 0:1-Pleite in Wales und dem damit verbundenen Platzen ihres WM-Traums trotz des Frusts übersprungen haben.
Der England-Legionär präsentiert sich nach der Partie ebenso emotional wie selbstkritisch.
"Ich nehme das natürlich auf mich. Ich muss erste Halbzeit das Tor machen. Zweite Halbzeit muss ich auch das Tor machen, aber er rettet auf der Linie. Ich stehe hier als Spieler und sage: Es ist wegen mir, dass wir nicht gewonnen haben", geht die Offensivkraft hart mit sich selbst ins Gericht.
Der Grund für die Selbstkritik von Arnautovic:
(Text wird unter dem Video fortgesetzt)
"Jedes Mal stehe ich hier und erzähle das Gleiche!"
Mit seinen 28 Jahren gehört Arnautovic zu jenem Kreis an Spielern, für die ein Verpassen der Weltmeisterschaft in Russland besonders bitter ist, da es womöglich die letzte Chance auf die Erfüllung dieses Lebenstraums gewesen sein könnte. Bei der WM in Katar wäre Arnautovic bereits 33 - ein Alter, in dem eine Turnier-Teilnahme natürlich nicht unmöglich ist, aber zumindest fraglich.
Im Gespräch mit den Medienvertretern setzte der Wiener in Cardiff quasi zu einem Referat über das Scheitern in Wales und in dieser Qualifikation beziehungsweise über den richtigen Umgang damit für die verbleibenden Spiele an. Die Aussagen des West-Ham-Kickers in ungekürzter Fassung:
"Wir haben alles reingehaut. Aus meiner Sicht haben wir das Spiel dominiert, hatten Chancen, müssen die Chancen reinmachen - so wie in den anderen Spielen in dieser Gruppe auch. Ich stehe jedes Mal nach jedem Spiel, wenn wir Unentschieden gespielt oder verloren haben, hier und sage: Warum machen wir die Tore nicht oder warum verteidigen wir nicht besser? Jedes Mal stehe ich hier und erzähle immer das Gleiche! Aber das ist der Grund: Jedes Spiel, in dem wir Unentschieden gespielt oder verloren haben, hätten wir gewinnen können. Jedes! Da bin ich mir hundertprozentig sicher! Wir hatten genug Chancen. Natürlich: Manchmal haben wir uns blöd angestellt hinten, aber das ist Fußball. Das kann man nicht ändern. Die haben gar nichts! Die haben keine Chancen! Null! Zero! Und dann kommt so ein Schuss... So ist der Fußball, das muss man akzeptieren. In der EURO-Qualifikation hat alles geklappt. Da haben wir von überall geschossen, fast jeder Schuss war ein Treffer - und jetzt wollte es nicht. Es wollte einfach nicht! Er will einfach nicht reingehen!"
"Ich denke nicht, dass irgendwer heute schlafen wird"
Schon in drei Tagen steht mit dem Heimspiel gegen Georgien das nächste WM-Qualifikations-Spiel an. Mit dem Tiefschlag in Wales umzugehen, wird keine leichte Aufgabe für die ÖFB-Kicker. Das weiß auch Arnautovic.
"Es ist schwer. Schwer! Wir können es nicht mehr schaffen. Keine Ahnung, ob es noch irgendwie funktioniert, wenn alle alles verlieren und wir alles gewinnen, das weiß ich auch nicht. Aber wie es aussieht, können wir nicht mitfahren. Wir werden aber trotzdem die übrigen Spiele professionell absolvieren. Das ist nur gut für uns. Warum sollten wir, nur weil wir es jetzt nicht geschafft haben, sagen, uns ist dieses Spiel egal? Gegen Georgien werden wir trotzdem voll konzentriert sein, ebenso gegen Serbien und Moldawien. Wir werden das weiterhin professionell aufnehmen. Aber es ist halt schwer. Die nächsten Tage werden mental sehr heftig, und ich erhoffe und erwarte mir von den Spielern, mental stark zu sein und nicht irgendwie in den Kopf reinfressen zu lassen, warum wir dieses Spiel verloren haben. Natürlich reden wir darüber. Wir reden als Mannschaft, wir reden als Spieler. Ich denke nicht, dass irgendwer heute Nacht schlafen wird. Jeder wird sich seine Gedanken machen. Wir werden uns natürlich zusammensetzen und darüber reden, denn man muss über die Fehler natürlich reden, und es tut jedem weh."
"Ich will es auch von den Jungen hören"
Kurzer Einwurf: An der folgenden Stelle seiner Ausführungen kann man erkennen, dass aus dem früheren Problemkind des ÖFB-Teams nicht nur ein Leistungsträger, sondern auch ein Teamplayer, der Verantwortung übernimmt, geworden ist:
"Ich will auch von jedem seine Meinung haben - nicht nur von den älteren Spielern! Ich will es auch von den Jungen hören, auch von den Neuen, die mit dabei sind. Sie sollen auch ihre Gefühle herzeigen, weil sie es natürlich gut von außen sehen. Es wird schwer, aber ich werde meine Mannschaft in den nächsten Tagen motivieren, mit voller Motivation gegen Georgien zu spielen. Denn wie man sieht: Georgien hat auch keine Chance mehr und hat trotzdem 1:1 gegen Irland gespielt. Das heißt, sie probieren auch alles. Wir wollen es trotzdem gut abschließen, auch wenn wir jetzt trauern."
"Uns tut es genauso weh..."
Nach dem Schlusspfiff im Cardiff City Stadium fand sich Arnautovic vor dem österreichischen Fanblock ein. Dabei musste er sich auch einiges anhören. Alles in allem zollt er den Anhängern jedoch Respekt:
"Ich habe gesehen, wie ein Fan mir gegenüber ausgerastet ist und mir alle Sachen gezeigt hat. Ich bin dann zu ihm hingegangen und wollte mit ihm reden. Das war nicht der Fall, also bin ich in die Kabine und dann wieder raus. Ich habe mit den Fans geredet und ihnen gesagt: Uns tut es genauso weh, wie es euch weh tut. Wir stehen 90 Minuten am Platz, reißen uns den Arsch auf, es wollte einfach nicht sein. Ich denke, dass wir als Nationalteam immer eine gute Beziehung zu den Fans hatten. Ein großer Dank an sie, weil sie uns überall unterstützen, egal wo wir hinfliegen. Großer Respekt!"