Ralf Rangnick hat naturgemäß wenig Freude, wenn er sich aktuell die Spiele von Doublesieger Sturm Graz und des ehemaligen Serienmeisters Red Bull Salzburg ansieht.
Jene Spieler, die bei Österreichs Champions-League-Startern aktuell zum Einsatz kommen, sind bis auf ganz, ganz wenige Ausnahmen kein Thema für das ÖFB-Nationalteam.
Bei den Grazern stand im ersten Spiel der Königsklasse mit Emanuel Aiwu nur ein Österreicher in der Startelf, beim bisher letzten Meisterschaftsspiel war es nicht anders. Die Salzburger setzten in der Champions League und zuletzt in der Bundesliga überhaupt keinen Österreicher ein.
"Es gab auch mal Zeiten..."
"Wenn ich sage, ich würde mir wünschen, dass mehr Österreicher spielen, spielen deswegen trotzdem nicht mehr", sagt Rangnick. Der neue ÖFB-Kader >>>
Eine Aussage sei aber erlaubt, meint der Deutsche: "Es gab auch mal Zeiten, wo die beiden Vereine auch Österreicher in der ersten Elf hatten und trotzdem österreichischer Meister wurden und sich für die Champions League qualifiziert haben."
Viele Fragen zu Salzburg
Vor allem die Entwicklung in Salzburg hinterlässt Rangnick ratlos: "Ich würde mir als Verantwortlicher von Salzburg die Frage stellen: Was ist eigentlich in Liefering los? Es gab eine ganz lange Zeit, da hat Liefering geliefert – regelmäßig, jedes Jahr zwei, drei, vier Spieler. Wir konnten die so schnell oben gar nicht verwerten wie die unten wieder nachkamen."
"Wird dort noch auf dem gleichen Anspruchsniveau gearbeitet wie vorher? Ich stelle nur die Frage. Wenn es tatsächlich so ist, dass kein einziger Spieler gut genug ist, um in der ersten Mannschaft im Kader zu sein, ist die Frage schon berechtigt. Sonst stellt sich auch die Frage, ob sich das ganze Engagement, das man dort auch im Scoutingbereich betreibt, noch lohnt. Das ist keine Kritik", hält er fest.
"Ich bin niemand, der an Quoten oder Sonderprämien glaubt"
Erst am Samstag war der ÖFB-Teamchef beim Spiel des FC Liefering gegen den SV Horn im Stadion. Was er dort gesehen hat? "In Liefering spielen ja noch Österreicher. Aber offensichtlich sind sie im Moment noch nicht gut genug."
Lijnders' Erklärung
Salzburgs Neo-Coach Pep Lijnders erklärte zuletzt bereits: "Wenn es in der Liefering-Mannschaft einen guten Spieler gibt, der wirklich daran interessiert ist, das erste Mal den Schritt (zum FC Red Bull Salzburg; Anm.) zu machen, dann werde ich ihn einsetzen, egal ob er Österreicher ist oder nicht. Das ist mein Versprechen an die Fans."
"Natürlich würde ich gerne österreichische Spieler haben. Aber wenn in der Akademie nur nicht-österreichische Spieler spielen, ist das für mich schwierig. Dann muss die Akademie dafür sorgen, dass es viele österreichische Spieler gibt. Selbstverständlich sollte Salzburg österreichische Spieler haben", so der RBS-Trainer.
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Kein Glaube an den Österreicher-Topf
Vom Österreicher-Topf hält Rangnick dennoch herzlich wenig: "Ich bin niemand, der an Quoten oder Sonderprämien glaubt. Ich war ja selbst Sportdirektor in Salzburg und Leipzig – du wirst deinen Kader immer nach Leistungskriterien zusammenstellen."
Sein Ansatz: "Es ist viel entscheidender, was im Nachwuchs, was im Unterbau passiert. Da spreche ich schon von den Sechs- bis Zehnjährigen und danach im LAZ-Bereich von den Zehn- bis Dreizehnjährigen. Da müssen alle Kräfte gebündelt werden, dass Österreich in Zukunft wieder richtig gute Nachwuchsspieler entwickelt."
Wurmbrand im Fokus, aber...
Nicht zuletzt an vorderster Front herrscht derzeit ein wenig Flaute, wenn es um österreichische Talente geht. Deshalb ist dem Teamchef auch schon Rapids Nikolaus Wurmbrand ins Auge gestochen: "Er ist sicherlich ein Spieler, den wir schon sehr intensiv verfolgt haben."
Man dürfe aber den "Spielern nicht unrecht tun und sie zu früh schon mit Nominierungen und Erwartungen versehen", sagt Rangnick.