Im Februar 2011 gastierte das österreichische Nationalteam in den Niederlanden.
Am Flughafen in Eindhoven brach damals ein mitgereister ÖFB-Fan unglücklich zusammen.
Auch ein ÖFB-Spieler lief sofort zur Menschentraube rund um den Anhänger, nachdem er den Vorfall bemerkt hat: Er würde fließend Niederländisch sprechen, ob er denn irgendwie helfen könne?
Der damals 21-Jährige Marko Arnautovic hat zurecht polarisiert, man musste nicht jede seiner Aktionen super finden.
Aber diese kleine Episode fand ich damals schon super, und tue das heute noch. Nicht wegzusehen, sondern sich nützlich machen wollen, verdient Respekt.
Arnautovic, der seinen Durchbruch als Profi bei Twente Enschede gefeiert hat, verpasst nun die emotionale Gelegenheit, ein weiteres Mal in seiner früheren Wahlheimat sportlich Hallo zu sagen.
Weil er seine Emotionen nicht im Griff hatte.
(Text wird unter dem Video fortgesetzt)
Nein, ganz ohne Selbstkritik wird’s in dieser Causa nicht gehen. Natürlich muss man nicht auf diese Art und Weise jubeln. Natürlich muss man sich nicht provozieren lassen. Natürlich kann man im Moment des Torerfolgs sich einfach nur freuen.
Ja eh, das ist keine Neuigkeit. Arnautovic weiß das.
Arnautovic wusste noch am Feld, dass sein Jubel unter die Kategorie Fehlverhalten fiel. Die Bilder zeigen, dass er noch am Platz das Gespräch mit Ezgjan Alioski gesucht hat. Auch in der Kabine kam es später zu einer Entschuldigung.
Fußballer sind viel zitierte Vorbilder für Kinder und Jugendliche. Einen Fehler zu machen, ihn einzugestehen und sich zu entschuldigen, könnte man auch unter die Kategorie vorbildlich einordnen – zumindest im zweiten Anlauf.
In diesem Zusammenhang: Wer entschuldigt sich eigentlich bei Arnautovic, dass er von manchen als Rassist gebrandmarkt wurde? Von diesem Vorwurf bleibt beim UEFA-Urteil nichts mehr über, die Sperre erfolgte wegen Beleidigung.
Arnautovic ist fraglos eine vielschichtige Persönlichkeit mit Ecken und Kanten, aber dieser Vorwurf an einen vielsprachigen und derart international denkenden Menschen ist wirklich, wirklich schwierig.
Aber gut, er hat unnötig und aggressiv geschimpft, und auch wenn dieser Zwist flott beigelegt wurde, geht sich eine Bestrafung streng nach UEFA-Regulativ vermutlich aus.
Die Frage, die sich mir stellt, ist jedoch: Die UEFA als moralische Instanz? Geht sich das aus?
Hier mag jeder seine eigene Meinung haben, aber spätestens an diesem Punkt tue ich mir schwer. Man muss es wohl rational akzeptieren, aber mögen muss man das nicht.
Arnautovic ist nicht fehlerlos. Aber man wird auf diesem Kontinent auch ein paar Leute finden, welche die UEFA für nicht ganz fehlerlos halten.
Man kann viel über diese Institution behaupten, aber sicher nicht, dass sie auch nur einen EURO liegen lässt. Ein Vielflieger-Event wie dieses in Zeiten wie diesen beinhart durchzuziehen? Eh klass. Nach dem Eriksen-Vorfall nicht in der Sekunde abzubrechen? War wohl doch nicht so diskussionslos wie behauptet und irgendwie sehr, sehr bezeichnend. Und wie sehr im Vereins-Fußball unter der Obhut des europäischen Verbandes die Gier zunehmend dominiert, wurde ohnehin im Frühjahr zu Genüge debattiert.
Gut, Denkmuster wie diese sind keine Erfindung der UEFA. Sie haben sich im internationalen Sport überall dort eingeschlichen, wo (zu) viel Geld und (zu) wenige Skrupel im Spiel sind.
Vielleicht wird ja am Ende dieser Entwicklung stehen, dass nur noch emotionslose Roboter in den "sportlichen" Wettkampf treten und Geld scheffeln.
Und apropos Geld: Warum eigentlich eine Sperre und nicht eine – gerne auch – saftige Geldstrafe für einen sozialen Zweck. DAMIT wäre wirklich jemandem geholfen, nämlich den Empfängern dieser Summe. Arnautovic selbst spendet nun freiwillig 25.000 Euro.
Wichtig wird nun der Umgang des ÖFB-Teams mit dieser Causa. Eine Ablenkung ist es fraglos. Sie hat jedoch auch das Potenzial, in positive Energie umgewandelt zu werden.
Nach dem Motto: Jetzt erst recht. Das ist hoffentlich noch nicht verboten.