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LAOLA1-Kommentar: Das Zeitfenster für den ÖFB

Ein neuer Präsident wird gesucht, eventuell auch ein Teamchef. Was traut sich der ÖFB?

LAOLA1-Kommentar: Das Zeitfenster für den ÖFB Foto: © GEPA

Der ÖFB steht an einem Wendepunkt.

Es ist schon spannend, wie schnell ein Gebilde nach einem eigentlich zufriedenstellenden Abschneiden bei der EURO, wo das Minimalziel erreicht wurde, in sich zusammenfallen kann.

Ich möchte keinesfalls behaupten, dass dies aus heiterem Himmel kommt, aber in diesem Tempo sowohl sportlich in eine Krise zu schlittern, als auch beim Funktionärs-Casting zwischendurch hilflos zu agieren, ist schon bemerkenswert.

Neben der Präsidenten-Frage stellt sich nun auch die Teamchef-Frage.

Möglicherweise ist es – irgendwann im Nachhinein gesehen – gar kein schlechtes Timing, dass diese beiden Fragen parallel beantwortet werden müssen. Und zwar erst die eine, dann die andere.

Egal ob Roland Schmid oder Gerhard Milletich - dem neuen ÖFB-Boss bleibt gar nichts anderes übrig, als sich entweder zu Franco Foda zu committen oder die Reißleine zu ziehen.

Gleich die erste große Entscheidung der Präsidentschaft könnte selbige also maßgeblich prägen.

Alle jene, die nicht ganz knapp vor der Gründung eines Fanklubs für einige ÖFB-Spitzenkräfte sind, sehen hier natürlich ein interessantes Zeitfenster, das sich gerade auftut.

Rein theoretisch wäre es möglich, dass ein neuer Präsident frischen Wind hineinbringt (oder es zumindest versucht) und auch die eine oder andere Neubesetzung anregt (oder es zumindest versucht).

So ganz genau weiß man das jedoch nicht. Zumindest weiß die Öffentlichkeit bislang nicht wirklich, welche Visionen Milletich oder Schmid als Amtsinhaber angehen wollen.

Nun ist natürlich davon auszugehen, oder zumindest zu hoffen, dass man das im ÖFB-Wahlausschuss ganz genau weiß, wenngleich es in diesem Zusammenhang irritiert, dass Ex-Rapid-Präsident Michael Krammer beklagt, dass er als Kandidat via SMS eliminiert wurde, ehe er seine Ideen präsentieren durfte. Mit Heinz Palme monierte ein weiterer Interessent, dass er sein Konzept nicht darlegen konnte.

Man muss hoffen, dass sowohl Milletich, der ohnehin Teil des Gremiums ist, als auch Schmid bereits vor ihrem Hearing am Wochenende präsentieren durften und dabei überzeugt haben. Alles andere wäre – man muss es so hart ausdrücken – eine Verarsche von Fußball-Österreich.

Denn nach welchen Kriterien wird sonst entschieden, wer sich der Wahl stellen darf, wenn nicht nach inhaltlichen? Augenfarbe? Haarschnitt? Modebewusstsein?

Aber gut, dass überhaupt ein externer Kandidat unter den letzten beiden ist, ist als erfreulicher Fortschritt zu werden. Und es ist selbstverständlich davon auszugehen, dass es ein offenes Rennen ist und nicht einfach ein „Landesfürst“ auf den Thron gehoben werden soll.

Denn ob "More of the same" das ist, was der ÖFB in besagtem Zeitfenster braucht, sei nämlich dahingestellt.

Und natürlich gilt es auch diesmal auf das Abstimmungsverhalten der Bundesliga zu achten, das schon im berühmten stürmischen ÖFB-Herbst 2017 kein ruhmreiches war.

Wer auch immer gewinnt: Spannend wird, welches Konzept in den Augen der Wahlberechtigten sticht.

Wie möchte der neue Präsident helfen, dass Österreichs Profi-Fußball seine zuletzt gute Entwicklung nicht nur fortsetzen, sondern noch ausbauen kann.

Was hat der neue Boss im Frauen- und Amateur-Fußball vor?

Welchen Initiativen gibt es bei der Nachwuchs-Förderung und wer soll der Fachmann an der Spitze sein, der dies nachhaltig umsetzen und vorantreiben soll? Welches Konzept braucht er, welche Vision?

Was plant der zukünftige Präsident wirtschaftlich? Wie möchte er den Fußballbund modernisieren?

Welche Ideen gibt es in Sachen Infrastruktur? Damit ist natürlich nicht nur, aber schon auch ein Nationalstadion gemeint.

Wie fällt die Entscheidung in Sachen höchst überfälligem ÖFB-Trainingszentrum und -Hauptsitz aus? Wenn im Fall der Fälle plötzlich das Burgenland der Favorit wäre, müsste man sich zumindest wundern dürfen – nur so ein Gedanke…

Wie positioniert sich der neue ÖFB-Boss auf internationaler Bühne? Das Funktionärs-Wesen in FIFA und UEFA ist mitunter kein einfaches, auch dort gehört Fußball-Österreich gut vertreten.

Diese Punkte dienen nur als einige Beispiele, die sich noch um zahlreiche Punkte erweitern ließen. Früher oder später wird man vielleicht auch im ÖFB darüber nachdenken, dass ein doch recht umfangreiches Themengebiet schon auch von einer bezahlten Spitzenkraft abgearbeitet werden könnte.

Aber dazu müsste man beginnen, die eigenen – Achtung Untertreibung: verkrusteten - Strukturen zu hinterfragen und dann auch noch zu ändern. Fast ein bisserl viel auf einmal. Aber wenn man damit schon anfangen täte, könnte man ja den Landespräsidenten auch noch zumindest jeglichen Einfluss auf Entscheidungen in Sachen Profi-Fußball entziehen.

Jener ÖFB-Präsident, der das nicht nur anleiert, sondern auch durchsetzt, wird für einen echten Wendepunkt gesorgt haben. Irgendwann.

Wie optimistisch man hier sein darf, ist selbstredend wieder eine ganz andere Frage.

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