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Kommentar: Was ist Milletichs Vision? Hat er eine?

Kein Zeichen der Erneuerung. Warum hat ÖFB keinen "Wettbewerb der Ideen" inszeniert?

Kommentar: Was ist Milletichs Vision? Hat er eine? Foto: © GEPA

Zwei Dinge vorweg:

  • Ja, auch Gerhard Milletich verdient wie andere Neugewählte eine Chance, sein Können zu zeigen - und dabei im konkreten Fall positiv zu überraschen.

  • Denn ja, die vielerorts – formulieren wir es mal so – "geringe Begeisterung" darüber, dass der Burgenländer als ÖFB-Präsident designiert wurde, ist verständlich.

Ein Zeichen für aktiv gewollte Erneuerung und Fortschritts-Freundlichkeit ist der bisherige Präsident des burgenländischen Landesverbands definitiv nicht.

Einer der ersten Sager Milletichs nach seiner Wahl lässt zumindest more of the same vermuten:

"Ich werde schauen, wo man vielleicht das eine oder andere verändern sollte, aber grundsätzlich ist der ÖFB sehr gut geführt."

Darüber lässt sich nun wirklich trefflich streiten.

Aber was soll jemand, der selbst seit vielen Jahren als "Landesfürst" zum Führungsgremium des ÖFB gehört auch anderes sagen?

Der Weg zu dieser Wahl ist auf so vielen Ebenen problematisch und schlecht aufgesetzt gewesen, dass man nur den Kopf schütteln kann.

Das Hauptproblem: Wofür steht Milletich eigentlich?

Mit welchem Konzept hat er sich durchgesetzt? Was sind seine Visionen (also außer "vielleicht das eine oder andere zu verändern")?

Leider, leider, leider, aufgrund gewisser Erfahrungen aus der Vergangenheit, muss man diese Fragen konkretisieren: Hatte er überhaupt ein Konzept? Hat er überhaupt Visionen?

Fragen, die man beim knapp unterlegenen Gegenkandidaten Roland Schmid selbstredend auch stellen hätte müssen, denn auch seine Pläne für den österreichischen Fußball waren der Öffentlichkeit im Vorfeld nicht bekannt.

Daraus machte der ÖFB leider ein Geheimnis.

Einen "Wettbewerb der Ideen", mit dem man Aufbruchstimmung im rot-weiß-roten Fußball-Volk erzeugt, haben die zuständigen ÖFB-Herren mit ihrem Prozedere nicht gerade inszeniert.

Wobei Prozedere ohnehin die nette Umschreibung für eine zwischenzeitlich recht hilflos wirkende Suche nach einem Nachfolger von Leo Windtner ist.

Denn den bisherigen ÖFB-Präsidenten wollte man im Wahlausschuss nicht mehr – darüber bestand in diesem Gremium so weit mehrheitliche Einigkeit, dass auch der Amtsinhaber einsehen musste, dass es nach zwölf Jahren das Handtuch zu werfen gilt.

Es folgte eine Suche, in der viele Namen kolportiert wurden, aber null Ideen. Potenzielle Kandidaten wurden gefragt und teils wieder verworfen. Auch externe Kräfte wurden ins Spiel gebracht, mit Schmid schaffte es sogar einer ins finale Hearing.

Ein interessanter Aufwand dafür, dass es am Ende erst wieder ein Vertreter jenes Gremiums wurde, das Fußball-Österreich schon im Herbst 2017 in gewaltige öffentliche Turbulenzen brachte.

Ein Gremium, für das Windtner damals ÖFB-Sportdirektor Willi Ruttensteiner opferte, um seine Wiederwahl doch noch zu sichern. (Ich korrigiere mich gleich selbst: Peter Schöttel überzeugte beim finalen Hearing mit seinem Konzept einfach mehr als Ruttensteiner…)

Spannend ist, dass wie vor vier Jahren auch diesmal ein tiefer Riss durch besagtes Gremium zu gehen scheint, wenngleich der "Landesfürsten-Beef" diesmal weniger offen ausgetragen wird.

Dass jemand nur die Hälfte der Kollegen von seinen Ideen überzeugen kann, die ihn selbst und seine Visionen seit Jahren kennen, zeugt von einer gewissen Skepsis der Weggefährten.

Denn laut ersten Erkenntnissen stimmten im ersten Wahlgang nur Wien, Niederösterreich, Kärnten und Vorarlberg für Milletich.

Und das Burgenland natürlich – aber dass der 65-Jährige dank seines eigenen Bundeslands mit einem 1:0-Vorsprung ins Rennen ging, war ja bereits klar. Die Bundesliga wiederum verzichtete aus unerklärlichen Gründen darauf, ernsthaft Einfluss zu nehmen.

Das Führungsgremium des ÖFB, auf das richtungsweisende Entscheidungen zukommen, ist also (weiterhin) geteilt – zumindest wenn man nicht vom Versuch, den Verdacht der Freunderlwirtschaft auf diese Art und Weise entkräften zu wollen, ausgeht.

Wie auch immer, die Öffentlichkeit scheint mehrheitlich skeptisch zu sein. Daran, dass er große Erwartungen nicht erfüllt, kann Milletich jedenfalls nicht scheitern, denn es gibt offenkundig keine.

Und genau hier liegt die Chance des Windtner-Erben, sich vielleicht doch besser in Szene zu setzen, als es ihm viele zutrauen.

Denn es gibt schlechtere Ausgangspositionen, als im Prinzip nur positiv überraschen zu können (in diesem Text finden sich einige Gedanken zur potenziellen Agenda).

Ein besonders dringlicher Wunsch wäre, endlich diese verkrusteten ÖFB-Strukturen zu modernisieren und vor allem besagtes Gremium zumindest teilweise zu entmachten.

Aber bevor hier auch nur ein Fünkchen Optimismus aufkommt: Unterm Strich wählt man wohl jemandem aus diesen Reihen, damit alles so bleibt wie eh schon immer.

Denn, so Milletich: "Grundsätzlich ist der ÖFB sehr gut geführt."


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