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Und was, wenn Florian Klein recht hat?

Janko, Klein, Mählich & ein Landespräsident stellen System in Frage. Bitte nachdenken!

Und was, wenn Florian Klein recht hat? Foto: © GEPA

Und was, wenn Florian Klein recht hat?

Es bröckelt etwas.

Zwei Ex-Teamspieler liefern Debattenbeiträge, über die man jetzt halt auch ernsthaft diskutieren sollte.

Ein ORF-Co-Kommentator versucht live auf Sendung während eines vergleichsweise eher vernachlässigbaren Matches zu erörtern, warum es eben nicht reichen wird, nur den Teamchef zu tauschen. Warum es eine gemeinsame Vision braucht. Warum man sich im ÖFB die Philosophie-Frage stellen sollte.

Und gleichzeitig stellt ein Landespräsident die These auf, dass die Teamchef-Wahl durch das ÖFB-Präsidium (dem er logischerweise selbst angehört) nicht mehr zeitgemäß wäre. Außerdem verlange er für den neuen Chefcoach erst ein Anforderungsprofil und dann den Start der Suche.

Hört, hört!

Marc Janko, Florian Klein, Roman Mählich und Gerhard Götschhofer haben hier unabhängig voneinander vor allem eines gemacht: Das bisherige System in Frage gestellt.

Dass der erste Reflex auf dieses offenbar unerwünschte Nachdenken gerne das klassische "Wie kann er nur?" oder "Was befähigt ihn denn dazu?" ist, fällt unter die Kategorie typisch - genau wie so manchen ÖFB-Granden im aktuellen Wegduck-Mechanismus nichts anders einfällt, als den eben scheidenden Teamchef hier ihren "Anwalt" spielen und die Nachdenker öffentlich abkanzeln zu lassen.

Kühner Vorschlag: Wie wär's über das Gesagte nachzudenken?!

Versuchen wir einmal, die jeweiligen Wortspenden zu verknüpfen – und wir werden draufkommen, dass wir einen langen April vor uns haben, bis am 29. April das ÖFB-Präsidium den neuen Teamchef bestellen soll.

Besagter April sollte intensiv dazu genutzt werden, die ÖFB-Granden davon zu "überzeugen", dass eine Wiederholung des Herbsts 2017 nicht kommentarlos hingenommen wird.

Ich denke, die Theorie, dass genügend Leute die Schnauze von ewig gleichem Haberertum und lähmender Visionslosigkeit schlichtweg gestrichen voll haben, ist nicht ganz falsch.

Dass dringlichster Handlungsbedarf besteht, können offenkundig immer mehr ÖFB-Beobachter und -Insider unterschreiben.

Beginnen wir in unserer Verknüpfung also mit Janko. Der langjährige ÖFB-Stürmer hat in den vergangenen 15 Jahren genügend interne Einblicke in den ÖFB gewonnen, um zu wissen, wovon er spricht.

Bereits als aktiver Kicker traute er sich zu hinterfragen, wie viel Profi-Kompetenz das ÖFB-Präsidium hat, ohne die sicherlich wichtigen Aufgaben der "Landesfürsten" im Amateurbereich schlecht zu reden.

Seit vielen Jahren plädiert er folglich für eine Strukturreform. Seine Ansicht, dass jetzt der richtige Zeitpunkt für solch eine Reform sei, bejahen offenkundig immer mehr Menschen.

Solch eine Reform wiederum sollte unter anderem darin münden, dass ein kompetentes Gremium sportliche Entscheidungen trifft.

Was braucht es denn eigentlich noch mehr, hier über mögliche Alternativen wenigstens nachzudenken, als dass mit Götschhofer ein Mitglied des Präsidiums selbst aufsteht und selbigem die Qualifikation abspricht?

Der OÖ-Landespräsident hat im "ORF" – ob unabsichtlich oder doch absichtlich provokant – einen vielsagenden Satz fallen lassen.

Als er seine These, dass nur Experten den Teamchef küren können, untermauern wollte, meinte er: „Und wir haben nur einen Experten im ÖFB – und das ist der Sportdirektor.“

Gut, hier ist Peter Schöttel recht zu geben, dass sich in der Direktion Sport im Hintergrund diverse kluge Köpfe mit Sachverstand finden lassen, aber was Götschhofer hier mit einem einzigen Satz geradezu wunderbar aufgezeigt hat, ist die angestaubte Führungsstruktur des ÖFB.

Ein Präsident bzw. neun Landespräsidenten sprechen für den ÖFB, Geschäftsführer Bernhard Neuhold spricht für den ÖFB, Generalsekretär Thomas Hollerer spricht für den ÖFB – diese zwölf Herren haben fraglos wichtige Agenden zu bearbeiten und manchmal auch zu besprechen, aber wenn in Sachen Sport eine Person übrig bleibt, an deren Lippen alle anderen hängen müssen, ist es ein wenig dünn.

Wenn dieser Sportdirektor dann wie offenkundig 2017 seinen Teamchef-Dreiervorschlag nicht reiht und dem Präsidium die Entscheidung überlässt, sind wir in Sachen Kompetenz und Entscheidungsfindung schnurstracks wieder bei den Kernbotschaften von Janko und Götschhofer.

Dringender Handlungsbedarf!

Ohne den notwendigen epochalen Schritt kleinreden zu wollen, aber "nur" ein Gremium neu anzumalen und die Teamchef-Bestellung kompetenter zu ordnen, wäre zu wenig.

Eine Debatte darüber, wohin der ÖFB sich und seine Spieler sportlich entwicklen möchte, ist quasi nebenher überfällig. Jene Visionen, die Willi Ruttensteiner einst vorgegeben hat, sind weitestgehend abgearbeitet.

Wohin soll es jetzt gehen? Wie kommen wir hin? Fragen, die Janko stellte und Mählich während des Schottland-Spiels so ähnlich aufgriff.

Hier geht es gar nicht mal darum, ob man etwa Mählichs Gedanken richtig oder falsch findet, sondern es zählt, dass überhaupt darüber nachgedacht wird und man sich nicht in einem ideenlosen Tiefschlaf vom eh logischen Ziel Turnier-Qualifikation zum Ziel Turnier-Qualifikation hantelt – und wenn's schief geht, jagen wir eben den nächsten Teamchef vom Hof. Das ist viel zu wenig.

Hier bräuchte es einen Wettbewerb der Ideen, der im Idealfall in konkreten Konzepten mündet, hinter denen sich ein Großteil der Öffentlichkeit vereinen kann. Keine Ahnung, ob eine Task Force der Weisheit letzter Schluss ist, aber wenigstens irgendeine Initiative in diese Richtung wäre ja schon fein. Irgendein Signal aus dem ÖFB, dass die Problematik verstanden wird und wenigstens ein bisserl Bereitschaft vorhanden ist, inhaltlich den nächsten Schritt zu gehen.

Okay, wahrscheinlich Utopie, aber trotzdem: Dringender Handlungsbedarf!

Wo dies in einem perfekten Szenario münden würde? Erst nach einem etwas grundsätzlicheren Gedanken-Prozess wäre es angebracht, den Teamchef auszusuchen.

Ja, ich weiß, um das gescheit zu bewältigen, würde es mehr als den April brauchen. Aber warum nicht einmal anfangen? Und zwar wirklich. Offen für Neues und für die Öffentlichkeit nachvollziehbar.

Genau um solch einen Startschuss geht es in diesem April.

Wäre ein mit sportlicher Expertise und von einer klaren Philosophie getragenes Anforderungsprofil für den neuen Teamchef vorhanden, ließen sich Kleins Gedanken zu Stöger auch gleich auf einem anderen Level diskutieren.

Dass Stöger den Laden stimmungstechnisch in den Griff bekommt, glaube ich auch. Aber ob sein Fußball zu dieser Mannschaft passt?

Diese Frage sollte man nicht erst seit der von Schöttel zurecht, aber in Wahrheit natürlich viel zu spät losgetretenen Red-Bull-Diskussion stellen.

Diese Frage sollte nicht nur Klein, der selbstverständlich die generelle Kompetenz dazu hat und in diesem speziellen Fall Stöger ja auch noch halbwegs flüchtig kennt, stellen.

Diese Frage sollte sich - völlig unabhängig von Stöger bei jedem Kandidaten - jeder ÖFB-Interessierte stellen, weil sie schlichtweg ganz entscheidend ist. Und das nicht als einzige Frage.

Großes Verständnis dafür, dass es bissl fad ist, sich über Prozesse Gedanken zu machen.

Wer denkt nicht lieber alleine über die Teamchef-Frage nach? Da nehme ich mich gar nicht aus. Ich finde es beispielsweise schade, dass es bei uns fast schon zum guten Ton gehört, dass sich jüngere Kandidaten selbst aus dem Spiel nehmen und diese "Ehre" für später in der Trainer-Karriere aufbewahren. Dabei hätte die Idee, jemanden zu bestellen, der diesen Posten mit aller Macht als Sprungbrett nutzen möchte, weiterhin etwas.

Aber die Teamchef-Debatte gibt es sowieso.

Die Freude, dass die Struktur-Debatte eröffnet wurde, ist gegeben. Die Hoffnung ist, dass sie intensiviert wird und der eine oder andere Auskenner, der sehr wohl weiß, was beim ÖFB Sache ist, mit wertvollen Hinweisen einsteigt.

Das Mindestgebot für den April: Über sinnstiftend gemeinte Debattenbeiträge wie jenen von Klein wenigstens nachdenken. Das ist nicht zu viel verlangt.

Denn wenn wir 2024 draufkommen, dass er recht hatte, sind die nächsten zwei Jahre verschwendet.

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