Wenn sich Marko Arnautovic etwas in den Kopf gesetzt hat, dann kommt er nicht mehr so leicht von diesem Thema ab.
Hartnäckigkeit zahlt sich bekannterweise oft aus, nicht umsonst ist der mittlerweile 32-jährige Bologna-Legionär in seiner Karriere schon weit gekommen, war bei internationalen Top-Klubs, bei einer EM...oder noch nie bei einer WM.
Deshalb brennt der Angreifer mehr denn je darauf, die Chance gegen Wales (Donnerstag, ab 20:45 Uhr im LIVE-Ticker) nicht ungenützt zu lassen - schließlich könnte es realistisch gesehen seine letzte auf eine WM-Endrunde sein.
"Wer mich kennt, weiß, dass ich immer 100 Prozent motiviert zum Nationalteam komme. Diesmal sind es aber noch ein paar Prozent mehr, weil es kann meine letzte WM sein. Ich will da unbedingt dabei sein", stellt einer der absoluten Führungsspieler im ÖFB-Team unmissverständlich klar.
Arnautovic schwört Teamkollegen auf Endspiel ein
Dafür schwört er auch die mittlerweile alle im Teamcamp angekommenen Mitspieler ein und ruft ihnen die Bedeutung dieses einen Spiels in Erinnerung - vor allem, weil es aus dieser Generation nicht nur Arnautovic betreffen könnte, der womöglich das letzte Mal um ein WM-Ticket rittert.
"Ich habe das auch den Spielern so vermittelt und werde es auch die nächsten zwei Tage noch mehr vermitteln, dass wir alles dafür geben sollten, das Spiel zu gewinnnen. Weil ich will da unbedingt hin zur Weltmeisterschaft."
Wie es durchklingt, stellt die WM-Teilnahme für den Offensivspieler eine mögliche Krönung einer ohnehin eindrucksvollen Karriere dar. Komplett will es der Routinier nicht ausschließen, dass er auch mit 37 Jahren noch im Geschäft ist, trotzdem hält er realistischerweise fest:
"Das weiß ich nicht. Ich muss auf meinen Körper schauen und ob alles mitspielt, aber ich will unbedingt zur WM. Ich werde im April 33 Jahre alt, die WM ist alle vier Jahre. Jetzt ist die Zeit dorthin zu gehen. Gott sei Dank haben wir noch die Chance mit dem Playoff", ist die Vorfreude auf das Gastspiel in Cardiff schon groß. Neuerlicher Nachsatz: "Ich will einfach unbedingt dorthin, mehr kann ich nicht in Worte fassen."
"Das ist die WM, Leute. Das ist das Maximum"
Lauscht man den Worten des Bologna-Legionärs, war das Erreichte bei der Europameisterschaft im vergangenen Sommer schön und gut. Bei einer Weltmeisterschaft kommen jedoch die Besten der Besten aus allen Erdteilen zusammen, um sich zu messen. Nach Arnautovic' Ansicht sollte dies in der Vita nicht fehlen.
"Wir wissen, dass das einen hohen Wert hat. Dass wir dort weitergekommen sind, ein wirklich sehr gutes Spiel absolviert haben, im Achtelfinale fast weitergekommen sind und die Euphorie, das war wirklich unglaublich", zieht Arnautovic einen Vergleich zum Achtelfinal-Kracher bei der WM gegen Fußball-Großmacht Italien.
"Aber das ist noch einen Schritt drüber. Das ist die Weltmeisterschaft, Leute. Das ist das Maximum. Dort wollen alle hin. Da spreche ich nicht nur von den Fußballern, sondern vom ganzen Nationalteam, vom ganzen Staat und allen Österreichern. Deswegen probieren wir auf dem Platz alles, um Österreich noch zur WM zu schießen."
Geist von Wembley? "An Geister glaub' ich nicht"
Von der Art und Weise gebe es gegen Gareth Bale, Aaron Ramsey und Co. aber durchaus Parallelen zum damaligen Highlight im Wembley-Stadion.
Den Geist von Wembley will Arnautovic aber nicht beschwören, das unterstreicht er in typischer Arnautovic-Manier: "An Geister glaub' ich nicht."
Etwas ernster meint er dann aber: "Ich glaube, dass die Spieler das Spiel am Donnerstag natürlich so einschätzen wie gegen Italien, weil das war auch eine K.o.-Phase. Hier ist es genauso. Ich denke, das wird von den Spielern auch in derselben Kategorie eingeschätzt."
Vom Personal her ist erstmals wieder die gesamte Startelf von damals vereint. Ob diese dann auch gemeinsam aufläuft, obliegt Teamchef Franco Foda. Arnautovic selbst will es auch nicht als wichtigstes Spiel seiner Karriere titulieren, aktuell ist es das aber, weil es das kommende ist und so viel auf dem Spiel steht.
"Für mich ist es jetzt das wichtigste Spiel", betont der 96-fache Internationale (32 Tore), verweist aber auch darauf, dass natürlich auch der Gegner dasselbe Ziel verfolgt, die WM-Chancen zu wahren. Deshalb gelte die Devise, niemanden zu unterschätzen, die Motivation des Weiterkommens und ein wahres Endspiel im Juni zu erzwingen, ist jedoch größer denn je.
Bale? "Interessiert mich wenig"
Wenig überraschend kommt beim bevorstehenden Gegner auch das Thema Gareth Bale auf, schließlich hat der Edelreservist von Real Madrid vor seiner Zeit als Bankerldrücker auf Klubebene alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt.
"Hut ab natürlich, was er alles erreicht und gewonnen hat. Die Tore, wie jenes im CL-Finale, bekommt man natürlich immer mit, aber er ist auch nur ein Mensch und Spieler und wird hochmotiviert für dieses Spiel sein", lobt Arnautovic, um gleich wieder zu bremsen: "Aber, wie ihr mich kennt, interessiert es mich wenig, wie er drauf ist, weil ich überzeugt von meiner Mannschaft bin."
Das Vertrauen auf die eigenen Stärken ist ihm ein besonderes Anliegen. Schon in der Vergangenheit habe sich das ÖFB-Team nicht das Spiel vom Gegner aufzwingen lassen, sondern stets seinen eigenen Plan verfolgt. "Wir schauen nicht, was Gareth Bale, Aaron Ramsey oder Joe Allen machen, sondern was wir machen. Das ist das Ausschlaggebende."
"Kann noch immer jeder Mannschaft helfen"
Dass dies über eine funktionierende Defensive und eine effiziente Offensive aussichtsreicher ist, ist kein großes Geheimnis. Wales erwartet Arnautovic mit vielen hohen Bällen und dem Kampf um den zweien Ball, während er die Stärken beim ÖFB-Team im Ball am Fuß und Kombinationsspiel sieht.
Viele Spieler kommen mit Erfolgserlebnissen, spielen in den größten Ligen der Welt, sind Endspiele dieser Art in irgendeiner Weise gewohnt. Es sollte somit nicht an Nervosität scheitern. Arnautovic selbst hat mit Bologna zu kämpfen, fehlte zuletzt auch mit einer Corona-Infektion, ist aber seit mehreren Wochen wieder fit.
Im Februar erzielte er drei Tore und auch nach seiner Rückkehr wurde er in italienischen Gazzetten wieder als Anführer auf dem Platz gefeiert. Auch wenn Arnautovic festhält, kein Typ zu sein, der Medien und Zeitungen liest, habe er schon ein paar Sachen gehört.
"Es geht dort auf und ab in Italien. Wenn du zwei Tore machst, bist du der King. Wenn du kein Tor machst, ein Flop", äußert sich Arnautovic zum Feedback in der Serie A. Hält aber gleichzeitig interessanterweise fest: "Aber ich fühle natürlich, dass ich noch immer jeder Mannschaft helfen kann - ob das jetzt Bologna oder das Nationalteam ist, zu hundert Prozent."
"Fühle mich nicht als Anführer, eher als größerer Bruder"
Arnautovic setzt seine Rede fort, um die Hierarchie im ÖFB-Team zu unterstreichen.
"Ich bin hierhergekommen, weil ich einfach nach Wales und das Spiel gewinnen will. Das will ich der Mannschaft übertragen, versuche zu motivieren und bin unter Anführungszeichen der 'Anführer'. Aber ich fühle mich nie als Anführer, sondern einfach nur als ein größerer Bruder, der einfach alle mitnehmen will."
Xaver Schlager und Co. berichteten bereits von Einschwörungsversuchen unterschiedlicher Art. An Arnautovic sollte es nicht scheitern, dass irgendjemand ein paar Prozente vermissen lässt.
Jetzt liegt es an seinen Teamkollegen, ihm zu helfen. Denn ohne sie wird er seine letzte Chance auf eine WM nicht in die Tat umsetzen können.