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Das ÖFB-Team und die fehlenden "Killer"

Wie bringt man als ÖFB-Team große Gegner nicht nur an den Rande einer Niederlage?

Das ÖFB-Team und die fehlenden

Es kommt nicht so oft vor, dass David Alaba einen Finger wirklich tief in die Wunde legt, aber beim Thema Chancenverwertung kommt der ÖFB-Kapitän nicht darum herum.

Ja, man habe in der Vergangenheit mitunter auch schon Killerinstinkt bewiesen. "Aber schon oft auch nicht, oder?", fragt der Real-Legionär rhetorisch.

Der 30-Jährige moniert vor allem die Ausbeute gegen hochklassige Nationalteams: "In den letzten Jahren oder eigentlich seit ich dabei bin, spielen wir gegen solche Mannschaften eigentlich immer ein ordentliches bis gutes Spiel, aber stehen dann mit leeren Händen da."

Alaba ist inzwischen auch schon seit 13 Jahren Nationalspieler. "Wir wissen, wir stecken in einem Prozess, müssen jetzt aber langsam daraus lernen", so der Wiener ungeduldig.

Ein Spiegelbild

Beim 3:0 in Kroatien beim Debüt von Teamchef Ralf Rangnick hat das ÖFB-Team vorgezeigt, dass es gegen eine Großmacht auch mit wenig Chancen auskommen und gewinnen kann.

Solch ein Resultat gegen ein absolutes Top-Team ist in jüngerer Vergangenheit jedoch bekanntlich eher die Ausnahme.

"Das Kroatien-Spiel war ein Spiegelbild dieser Nations League. Wir haben gezeigt, dass wir auf diesem Niveau mit Weltklasse-Mannschaften mitspielen können. Aber anscheinend fehlt uns noch ein Äutzerl, denn am Ende des Tages sind wir abgestiegen", sagt Christoph Baumgartner.

Nicht an den Rand einer Niederlage bringen, sondern wirklich "killen"

"Viele Nationen haben einen Neuner drinnen, der die Dinge reinschießt. Wir haben halt andere Spielertypen, hätten aber mit Marko auch so einen, der die Dinger macht. Heute hat er einen ausgelassen, das passiert auch mal."

Marcel Sabitzer

Besagtes Äutzerl ist logischerweise hauptsächlich die Kaltschnäuzigkeit: "Wir machen in entscheidenden Momenten das Tor nicht beziehungsweise kassieren eines. Das tut sehr weh, weil wir in vielen Spielen über weite Strecken gezeigt haben, dass wir solchen Mannschaften weh tun können. Der nächste Schritt muss sein, dass wir sie nicht nur an den Rande einer Niederlage bringen, sondern auch wirklich killen."

"Killen", natürlich nur im übertragenen Sinn, hätte die Kroaten auch Baumgartner selbst können. Genau wie Marko Arnautovic ließ er in der ersten Halbzeit eine Top-Chance aus.

"Die Partie stand ein bisschen unter dem Motto, wer das zweite Tor macht, gewinnt. Marko und ich vergeben die Chancen leider. Auf diesem Niveau müssen solche Chancen einfach rein", ärgert sich Baumgartner.

Den richtigen Moment finden

"Da musst du eiskalt sein, so viele Chancen kriegst du nicht gegen so einen Gegner", betont Marcel Sabitzer, der beim Hinspiel in Osijek einen Treffer beigesteuert hat.

Der Steirer hat im Verlauf der Länderspiel-Woche den Begriff "killen" schon einmal geprägt - damals allerdings in Zusammenhang mit dem FC Bayern und dessen mangelhafter Chancenverwertung.

Das Prinzip bleibt jedoch das gleiche: "Wie kannst du ein Spiel auf deine Seite kippen? So wie ich es beim Medientermin gesagt habe, musst du die Gegner dann auch mal killen. Das haben wir nicht gemacht, deshalb haben wir verloren."

Sabitzer hat weitere kritische Gedanken parat: "Gegen Top-Nationen fehlt es uns wirklich, den Moment zu finden, wo wir sie killen können und das dann auch zu machen. Aber auch gegen kleinere Gegner fehlt es uns oft an Ideen im eigenen Ballbesitz. Wenn wir jetzt in Liga B gehen, werden wir öfter den Ball haben. Dann müssen wir uns wieder etwas Neues ausdenken, und dann werden wir sehen, ob wir wirklich auch gegen diese Gegner so überlegen sind, wie wir das sein wollen."

Arnautovic nimmt Kritik an

Woran fehlt es? "Viele Nationen haben einen Neuner drinnen, der die Dinge reinschießt. Wir haben halt andere Spielertypen, hätten aber mit Marko auch so einen, der die Dinger macht. Heute hat er einen ausgelassen, das passiert auch mal", so der Bayern-Legionär, der übrigens die Rückennummer 9 trägt und diesmal links hinten ausgeholfen hat.

Arnautovic selbst bedauerte naturgemäß, dass er an Torhüter Dominik Livakovic scheiterte, wobei im konkreten Fall der kroatische Goalie einfach auch gut gehalten hätte:

"Die Effizienz muss wahrscheinlich besser werden, wir müssen vorne mehr Tore machen. Wenn jetzt Kritik an den Angreifern kommt, nehme ich die natürlich an", erklärt der 33-Jährige.

Der Bologna-Legionär ist mit 33 Treffern nicht umsonst Dritter der ewigen ÖFB-Schützenliste. Allerdings wird auch er nicht jünger.

Kein Haaland oder Mbappe in Sicht

Zudem verweist Rangnick wohl nicht von ungefähr regelmäßig darauf, dass Österreich der absolute Star-Stürmer fehlen würde. Zumindest träumt der Deutsche abwechselnd von einem Erling Haaland oder einem Kylian Mbappe.

"Eine einfache Lösung gibt es nicht, sonst hätten wir es schon geändert."

David Alaba

Ein solcher ist jedoch weit und breit nicht in Sicht, wobei man fairerweise erwähnen sollte, dass Goalgetter dieser Kategorie weltweit die Ausnahme sind und somit den allermeisten Nationen verwehrt bleiben.

Ladehemmung am Trainingsfeld zu beheben, ist auch schwierig, zumindest peilt Rangnick keine Extraschichten mit etwa Arnautovic an: "Wenn ich mir jetzt bei Arnautovic mit seinen 33 Jahren und 104 Länderspielen Gedanken über Kaltschnäuzigkeit mache, dann macht das wenig Sinn. Der macht solche Bälle normalerweise schon."

Alaba: "Müssen zu 100 Prozent etwas tun"

Was also tun? "Eine einfache Lösung gibt es nicht, sonst hätten wir es schon geändert", weiß Alaba.

Bei aller Ungeduld glaubt der Spanien-Legionär weiterhin an Qualität und Potenzial des Nationalteams:

"Wenn ich mir den Kader anschaue und sehe, wie wir auftreten, trainieren und wie ehrgeizig und hungrig die Mannschaft ist, mache ich mir für die Zukunft nicht unbedingt große Sorgen. Aber wir müssen zu 100 Prozent etwas tun, um die Schritte nach vorne zu machen und auch gegen solche Gegner erfolgreich zu sein."

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