Wenn es um den Sportler des Jahres in Österreich ging, führte in den vergangenen sieben Jahren kein Weg an Marcel Hirscher und David Alaba vorbei.
Fünf Mal (2012, 2015 bis 2018) wurde die Ski-Ikone ausgezeichnet, 2013 und 2014 der Bayern-Star - nicht immer zur ganz großen Freude des ÖSV-Lagers.
Es wäre keine allzu große Sensation würde der Award auch 2019 an Hirscher gehen - aller Voraussicht nach zum letzten Mal.
Denn am Mittwoch soll eine der herausragendsten Karrieren, die Österreichs Sport in seiner Geschichte erlebt hat, zu Ende gehen.
Rücktritt im Alter von 30? Dieses Phänomen kennt man bekanntlich auch beim ÖFB-Team. Während sich Hirscher komplett zurückzieht, zogen sich seit der EURO 2016 sechs Teamspieler in ungefähr diesem Alter aus der Nationalmannschaft zurück.
Welche Gründe nennt Hirscher?
Ob Christian Fuchs, Markus Suttner, Ramazan Özcan, Zlatko Junuzovic, Martin Harnik oder zuletzt Guido Burgstaller bei den Kickern beziehungsweise Hirscher - jede Personalie ist anders gelagert, die Entscheidung natürlich jeweils eine höchst persönliche.
Aber im ÖFB-Camp wird in dieser Woche durchaus über potenzielle Gründe diskutiert. Teamchef Franco Foda führte die hohen Belastungen für Nationalspieler, gerade wenn man mit dem Verein auch international spielt, an.
Die Begründung, mehr Zeit mit der Familie verbingen zu wollen, ist immer wieder zu hören - wenngleich Marcel Sabitzer ein sehr eindringliches Plädoyer für die Vereinbarkeit von Nationalteam und Familie abgegeben hat.
Man darf gespannt sein, wie Familienvater Hirscher seinen Abschied begründet. Wenn er neben der Familie die hohen Strapazen und die gewaltigen Anforderungen an Superstars, die gerade im Social-Media-Zeitalter noch mehr im Fokus der Öffentlichkeit stehen, ins Treffen führt, wäre dies allerdings keine Überraschung.
Alaba: Man muss Opfer bringen
Alaba jedenfalls betrachtet den Spitzensport der Gegenwart als durchaus herausfordernd für seine Protagonisten:
"Ich glaube schon, dass Spitzensport heute noch einmal etwas anderes ist, was das Mentale oder die Schnelligkeit betrifft, was man im Fußball oder beim Skifahren nebenher noch mitbringen muss, welche Opfer man bringen muss, wie hart man arbeiten muss, um - wenn ich jetzt den Fußball hernehme - alle drei Tage auf höchstem Niveau seine Leistung abrufen zu können."
"Ich glaube schon, dass Spitzensport heute noch einmal etwas anderes ist, was das Mentale oder die Schnelligkeit betrifft, was man im Fußball oder beim Skifahren nebenher noch mitbringen muss, welche Opfer man bringen muss, wie hart man arbeiten muss, um - wenn ich jetzt den Fußball hernehme - alle drei Tage auf höchstem Niveau seine Leistung abrufen zu können. Dafür muss man schon viel investieren."
Beim Thema Strapazen kennt sich der 27-Jährige definitiv aus. Seit Jahren ist er Englische Runden bis weit ins Frühjahr hinein gewohnt - je nachdem, wie lange er mit dem FC Bayern München in der Champions League vertreten ist. Dazu kommen die Aufgaben beim Nationalteam.
Im Verlauf der Saison 2018/19 musste Alaba vier Länderspiele verletzungsbedingt absagen. In der laufenden EM-Qualifikation musste er auf die Auswärts-Reisen nach Israel und Nordmazedonien verzichten, nachdem er im jeweiligen Lehrgang das Heimspiel absolviert hat.
Sehnsucht nach mehr Privatsphäre
Ihn plagten körperliche Probleme mit einem Oberschenkel-Muskel, an denen er in der Sommerpause intensiv arbeiten musste: "Ich habe hart daran gearbeitet, was die Regeneration betrifft, Maßnahmen durchgeführt, hatte viele Untersuchungen. Ich bin ganz gut aus der Pause zurückgekommen. Sicher spüre ich es immer noch ein bisschen, kann aber im Moment ganz gut damit umgehen."
Alaba ist bei den Bayern traditionell einer jener Spieler, die nur selten aus der Startelf rotiert werden. Man darf gespannt sein, wie sein Arbeitgeber seine Belastung in den kommenden Jahren mit zunehmenden Alter steuert.
"Bei mir war es jetzt im Sommer so, dass ich mir sicherlich mehr Privatsphäre gewünscht hätte und vielleicht auch mehr Respekt mir und meiner Familie gegenüber."
Schwieriger steuern lässt sich das Interesse der Öffentlichkeit. Es liegt auf der Hand, dass Superstars wie Hirscher oder Alaba versuchen, ihr Privatleben so gut es geht zu schützen. Ob er manchmal Sehnsucht nach mehr Privatleben verspüren würde?
"Ja, sicherlich kommt das auch bei mir vor. Bei mir war es jetzt im Sommer so, dass ich mir sicherlich mehr Privatsphäre gewünscht hätte und vielleicht auch mehr Respekt mir und meiner Familie gegenüber", spielt Alaba auf frühsommerliche Schlagzeilen bezüglich der Schwangerschaft seiner Freundin an.
Prominenz bringt Neugier mt sich
Inzwischen ist es offiziell, dass er Vater eines Buben wird - spätestens mit dem "Baby-Jubel" nach seinem Tor gegen Mainz lüftete er dieses Geheimnis. "Die Vorfreude ist natürlich sehr groß, ich bin schon sehr gespannt", meint er im ÖFB-Camp in Saalfelden.
Prominenz bringt eine gewisse Neugier mit sich, die letztlich bis zu einem gewissen Grad Bestandteil des Jobs in diesem Business ist. Das weiß auch Alaba: "Grundsätzlich lernen wir schon auch mit solchen Dingen umzugehen."
Würde sich Hirscher nach einem Karriereende so weit wie möglich aus der Öffentlichkeit verabschieden, wäre dies keine Überraschung. Der achtfache Gesamtweltcupsieger konnte zumindest die Sommer-Monate nutzen, um sich zurückzuziehen und Energie für den winterlichen Dauerstress zu tanken.
Alaba über Hirscher: "Wäre für uns Österreicher sehr schade"
"Wenn es dann fix und offiziell ist, wäre es für uns Österreicher sehr schade, wenn so eine Legende, die jedes Jahr so erfolgreich ist, aus dem Sport zurücktritt. Aber es ist natürlich seine Entscheiung. Er wird sich länger Gedanken darüber gemacht haben. Wir können alle sehr dankbar dafür sein, was er geleistet und für dieses Land getan hat", meint Alaba.
"So lange ich Fußball spielen kann und der Teamchef Lust hat, mich einzuberufen, werde ich hier sein und alles dafür tun, um meine Leistung zu bringen."
Was den Doppel-Olympiasieger und siebenfachen Weltmeister speziell ausgezeichnet habe? "Er ist ein Sportler, der auf höchstem Niveau immer sehr ehrgeizig war, immer an sich geglaubt hat, immer gewinnen wollte. Das hat ihn ausgezeichnet und das hat er auch jedes Jahr gezeigt. Am Ende des Tages ist er ganz oben gestanden."
Dass er einen Konkurrenten im Kampf um den Sportler des Jahres verliert, quittiert Alaba mit einem Lachen: "Darauf richtet sich mein Fokus wirklich nicht."
Für Arnautovic ist mit 30 nicht Schluss
30 ist kein Alter, in dem man eine Ski-Karriere zwingend beenden muss. Selbiges gilt für Nationalteam-Karrieren. Während Alaba noch knapp drei Jahre auf den 30er fehlen, hat sein Kumpel Marko Arnautovic selbigen in diesem Jahr gefeiert.
Der nunmehrige China-Legionär (Rüge für seine Kritiker) verspricht jedenfalls, dass er dem Nationalteam noch länger erhalten bleibt. Über einen Rücktritt habe er noch nie nachgedacht:
"Wie ich schon öfters erwähnt habe, ist mir das Nationalteam wichtig. Ich denke auch, dass ich ein guter und vielleicht wichtiger Bestandteil hier bin und der Mannschaft weiterhelfen kann. Deshalb ist es für mich auch überhaupt keine Überlegung zurückzutreten. In jüngeren Jahren habe ich immer gesagt, es ist sehr schwierig, mir den Ball wegzunehmen - und damit meine ich nicht im Spiel, sondern dass ich nicht mehr Fußball spiele. So wird es auch bleiben. So lange ich Fußball spielen kann und der Teamchef Lust hat, mich einzuberufen, werde ich hier sein und alles dafür tun, um meine Leistung zu bringen."