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Arnautovic: "Bekomme für Rekord keine Superkraft"

Marko Arnautovic nennt seine Höhe- und Tiefpunkte beim ÖFB. Ein Eklat tut ihm leid.

Arnautovic: Foto: © GEPA

Sollte nichts Gravierendes dazwischenkommen, wird Marko Arnautovic am Ende dieser Woche neuer Rekordnationalspieler Österreichs sein.

Am Donnerstag in Frankreich würde er bei einem (sehr wahrscheinlichen) Einsatz sein 103. Länderspiel bestreiten und damit mit Andreas Herzog gleichziehen, am Sonntag im Heimspiel gegen Kroatien könnte er mit seinem 104. Einsatz die alleinige Führung übernehmen.

"Ich gehe die Spiele gleich an wie alle anderen in meiner Karriere. Das macht keinen Unterschied. Ich werde keine Superkraft bekommen, wenn ich den Rekord einstelle", kommentiert Arnautovic das fußballhistorische Ereignis.

Wobei auch der 33-Jährige nicht leugnen kann: "Natürlich ist es ein besonderes Spiel. Es ist eine Ehre, dass ich so viele Spiele für das Nationalteam gemacht habe. Meine Familie und ich sind sehr stolz darauf."

Dass er dabei ausgerechnet Herzog ablöst, macht es für Arnautovic durchaus speziell.

Jetzt hat es der Dümmste verstanden...

Jetzt hat es der Dümmste verstanden...
2008 beim Debüt auf den Färöer
Foto: © GEPA

Der inzwischen 54-Jährige förderte den jungen Arnautovic seinerzeit und hielt ihm in der U21 die Stange, als er im A-Team gerade nicht gefragt war.

2010 meinte Herzog: "Es gab einen Krankl, einen Herzog, einen Polster, einen Prohaska, aber Arnautovic stellt sie alle in den Schatten, wenn er sein Potenzial abruft. Der ist mit Abstand der beste Fußballer, der in den letzten 30 Jahren auf dem Fußballplatz herumgelaufen ist."

Zwölf Jahre später darf sich Herzog bestätigt fühlen: "Jetzt bricht er meinen Rekord, und jetzt hat auch der Dümmste verstanden, was ich damals gemeint habe."

Herzog eine "spezielle Person"

Dass er in seinem damaligen U21-Teamchef einen Fürsprecher in schwierigen Zeiten hatte, hat Arnautovic nicht vergessen:

"Jeder weiß, dass ich mit Andi ein sehr gutes Verhältnis habe. Er war sehr wichtig in meiner Karriere. Ich hatte ihn für kurze Zeit in der U21 und ich bin ihm natürlich dankbar, dass er mir am Weg geholfen hat und auch dankbar für seine schönen Worte, die er zuletzt abgegeben hat. Er ist natürlich eine spezielle Person für mich."

"Da war ich noch nicht der Junge, der viel nachdenkt, sondern der gleich agiert. Ich war wahrscheinlich zu aggressiv."

Marko Arnautovic

Ein neuer Rekord ist ein guter Anlass, um zurückzublicken. Am Anfang sei er als "Käfig-Kicker, Einzelgänger oder Einzelspieler" betrachtet worden.

Über die Jahre habe er sich diesbezüglich entwickelt: "Wenn du älter wirst, sammelst du über die Jahre Erfahrung, du wirst zum Teamplayer. Ich denke, das bin ich jetzt. Für mich ist in erster Linie immer die Mannschaft wichtig."

Der Tiefpunkt in Istanbul

Besagte Mannschaft musste bisweilen auch die Grenzen aufzeigen. Denn beim Tiefpunkt seiner ÖFB-Karriere muss der Wiener nicht lange nachdenken: "Das war der Eklat in der Türkei, als ich in der Kabine Stress mit ein paar Mitspielern hatte."

Nach dem Schlusspfiff gab es in Istanbul Kabinen-Ärger
Foto: © GEPA

Ende März 2011 verlor Österreich in Istanbul mit 0:2. Stefan Maierhofer verschoss in der Schlussphase einen Elfmeter. In der Kabine kam es zum handfesten Streit, bei dem Emanuel Pogatetz und Jürgen Macho dazwischengegangen sind.

"Da war ich noch nicht der Junge, der viel nachdenkt, sondern der gleich agiert. Ich war wahrscheinlich zu aggressiv", erinnert sich Arnautovic und meint weiter:

"Dann kam der Rauswurf aus dem Nationalteam, aber sie haben schnell bemerkt, dass ich wieder nach oben kommen muss und dort bin ich geblieben. Aber das war mein persönliches Tief."

Bei der EM wie Amateure

"Unser großes Ziel als Mannschaft war es immer und ist es noch, zu einer WM zu fahren. Das haben wir bis jetzt nicht geschafft. Aber ob ich das noch schaffe...?"

Marko Arnautovic

Noch im selben Jahr übernahm Marcel Koller als Teamchef, in dessen Ära der Offensivspieler nicht wegzudenken war. In diese Phase fiel auch sein ÖFB-Höhepunkt - konkret 2015:

"Die erste Qualifikation für die EM, als wir ungeschlagen zur EURO gekommen sind. Wobei das ein perfekter Höhe- und Tiefpunkt ist. Zuerst verlieren wir in der Qualifikation nichts, dann spielen wir bei der EM wie Amateure - und das in einem Jahr."

Wie der Bologna-Legionär generell mit seiner Turnier-Bilanz nicht restlos zufrieden sein kann - vor allem, weil ihm das Top-Event schlechthin fehlt:

"Unser großes Ziel als Mannschaft war es immer und ist es noch, zu einer WM zu fahren. Das haben wir bis jetzt nicht geschafft. Aber ob ich das noch schaffe...?"

Gemischte Gefühle in Bologna

Arnautovic lässt die Antwort offen. Mit 33 lebt man als Kicker wohl auch hauptsächlich im Hier und Jetzt, vor allem wenn es in persönlicher Hinsicht so gut läuft wie aktuell bei Bologna. Der Stürmer führt mit sechs Treffern die Torschützenliste der Serie A an.

Arnautovic blickt auf seine lange ÖFB-Karriere zurück
Foto: © GEPA

Ihm sei egal, wer Erster, Zweiter oder Dritter sei, er würde nur seinen Job machen. Die Diskrepanz zwischen persönlicher Leistung und Erfolg der Mannschaft ist jedoch offenkundig:

"Wenn ich persönlich von sieben Toren, die wir geschossen haben, sechs mache, kann ich nicht unzufrieden sein. Aber ich bin wie gesagt einer, der an die Mannschaft denkt, und sechs Punkte aus den ersten sieben Spielen sind nicht das Beste."

Deswegen könne er auch nicht happy sein: "Ich bin in dieser Mannschaft. Ich spiele nicht alleine, sondern mit der Mannschaft. Und wenn die Mannschaft Kritik bekommt, will ich alles probieren, damit wir aus der Kritik rauskommen."

Bitterer Abschied von Mihajlovic

Persönlich läuft es bei Bologna
Foto: © GEPA

Trainer Sinisa Mihajlovic musste angesichts des Fehlstarts gehen. Mit dem an Leukämie erkrankten Coach hat Arnautovic in Bologna eine Bezugsperson verloren:

"Das ist sehr bitter, weil ich ihn anders sehe als andere Leute, also hat es mich getroffen. Er war zwar mein Trainer, aber für mich ist er ein Freund oder wie ein älterer Bruder. Wir haben in diesem Jahr einige Sachen erlebt. Jeder weiß, welche Krankheit er hat, wir mussten das alles miterleben. Es war ein schwieriges Jahr."

Aber das Leben würde und müsse auch für beide Seiten weitergehen: "Sein Leben geht weiter, und ich hoffe, es geht bergauf. Wir im Verein machen auch weiter. Das Leben stoppt jetzt nicht."

Arnautovic spielt nicht wegen der Rekorde

Das Leben wird auch im Nationalteam weitergehen, auch wenn er dann tatsächlich Rekordinternationaler ist. Letztlich gibt es - so schön sie auch sind - Wichtigeres als Rekorde.

"Mir waren Rekorde in meiner Karriere eigentlich immer egal", sagt Arnautovic, "ich spiele Fußball, weil es mir Spaß macht, ich ihn liebe und weil ich Ziele erreichen und Erfolge feiern will. Wegen der Rekorde mache ich mir nicht so viel Gedanken."


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