Die Fan-Seele jubiliert, Österreich könnte es tatsächlich zwei Mal in Folge zu einer EM-Endrunde schaffen.
Die Tür wurde mit dem 1:0-Auswärtssieg in Slowenien weit aufgestoßen, nur noch ein Punkt fehlt im Länderspieldoppel gegen Nordmazedonien und Lettland.
"Wir sind auch noch nicht qualifiziert, wir benötigen ja noch Punkte. Wir tun alle gut daran, dass wir – die Medien können ja darüber reden, das ist ja kein Problem – klar und fokussiert bleiben. Wir haben noch zwei Spiele zu absolvieren. Nordmazedonien ist im nächsten Spiel auch eine Mannschaft, die gefährlich werden kann, gut in Konteristuationen sein kann. Da müssen wir den Fokus drauflegen", hält Teamchef Franco Foda den Ball (noch) flach.
Trotzdem gibt es eine klare Zielsetzung: "Aber wir wollen zu Hause den Sack zumachen! Danach können wir dann über den nächsten Schritt reden." Und damit beschwört der 53-jährige Deutsche das "Finale dahoam" gegen Nordmazedonien herauf. Ein Showdown und eine erfolgreiche Quali für die EURO 2020 - das ist die Traumvorstellung des Verbandes.
Am besten vor einem vollen Stadion. Gut möglich, dass man nach der Zuschauer-Farce gegen Israel nun doch einlenkt.
Finale dahoam: "Wir wollen auf jeden Fall, dass Quali-Party losgeht"
"Ich glaube, die Spieler haben mit diesem Sieg die Grundlage dafür gelegt. Wir sitzen jetzt dann zusammen, um gerade auch dieses Thema noch einmal intensiv zu beraten. Ich glaube, Schnellschüsse bringen jetzt nichts. Wir haben gesehen, dass andere Nationen mit ähnlichen Problemen kämpfen", gibt sich ÖFB-Präsident Leo Windtner noch etwas zurückhaltend, was ein Einlenken in puncto Fan-Mobilisierung, Ticketpreise etc. betrifft.
Die Bereitschaft, eine für alle Seiten zufriedenstellende Lösung zu finden, um mit 48.000 Zuschauern im Ernst-Happel-Stadion den Aufstieg zu feiern, scheint beim Oberösterreicher aber durchaus vorhanden zu sein.
"Wir wollen auf jeden Fall, dass am 16. November wirklich eine Quali-Party losgeht und dass der Ofen geheizt ist im Ernst-Happel-Stadion", startet Windtner einen Appell an die rot-weiß-rote Fan-Gemeinschaft und hofft, dass durch den Siegeszug eine neue Euphorie entfacht wird wie im Vorfeld der EM 2016.
Diese Liebe hat jedoch einige Zeit benötigt, um neu entfacht zu werden, obwohl Foda mit 13 Siegen in 20 Spielen eine eindrucksvolle Bilanz als Teamchef vorweisen kann.
Foda: "Dann verstehe ich die Welt nicht mehr"
Dieser war schon nach dem Schlusspfiff Feuer und Flamme dafür, die Leute für das "Endspiel" zu mobilisieren. Ungewohnt direkt richtete er aus, dass er kein Verständnis dafür hätte, wenn das Happel-Oval gegen Nordmazedonien nicht zum Bersten gefüllt wäre.
"Wir haben ein Ziel vor Augen, einen großen Traum. Wir wollen zur EM 2020, und das hat man gespürt. Die Jungs haben alles unternommen, um dieses Ziel zu erreichen", so Foda. "Wenn in diesem entscheidenden Spiel das Stadion nicht voll ist, dann verstehe ich die Welt nicht mehr."
Seine persönliche Erfolgsbilanz ist für ihn nicht mehr als "ein schönes Nebengeräusch", eine nette Statistik, die jedoch belegt, dass gut und erfolgreich gearbeitet wird. Das kann auch ÖFB-Sportdirektor Peter Schöttel nur unterstreichen.
Was auch er sich für das Heimspiel gegen den Gruppen-Kontrahenten Nordmazedonien wünscht, liegt auf der Hand: "Natürlich ein volles Stadion, und dass sich die Mannschaft wirklich für die Europameisterschaft qualifiziert, also den letzten Schritt macht."
"Foda hat wirklich kluge Entscheidungen getroffen"
Foda habe seiner Ansicht nach schon jetzt sehr viel richtig gemacht - auch wenn man das EM-Ticket noch nicht fix in der Tasche hat.
"Ich schaue jetzt nur auf den letzten Lehrgang zurück und da hat der Teamchef wirklich sehr viel richtig gemacht. Es war ein sehr schwieriger Lehrgang mit einigen Ausfällen, sehr kurzfristigen von Stammspielern, wo wir wirklich bis zum Matchtag nicht wussten, wie wir damit umgehen. Und zum Glück haben wir ein tolles Medical Team, das die Jungs hingebracht hat - mit Ausnahme von Marko, wo es einfach nicht gegangen ist. Wir waren die letzten Tage viel zusammen, es hat viele Diskussionen gegeben – und er hat wirklich gute, kluge Entscheidungen getroffen", lobt Schöttel.
Auch Präsident Windtner stellt Foda gerne ein gutes Zeugnis aus, vor allem nach den anfänglichen Schwierigkeiten nach zwei Startniederlagen. "Alles richtig gemacht, wäre genauso übertrieben wie viel falsch gemacht. Aber eines kann man sagen: Franco Foda steht für Stabilität, Kontinuität und vor allem sind die Spieler wirklich unwahrscheinlich heiß aufs Team – und das ist das Schönste, was man sich wünschen kann."
Mit seiner unaufgeregten Art hat Foda an den richtigen Stellschrauben drehen können. Vor allem aufgrund seiner Sachlichkeit und deutscher Einstellung, nicht wie die Österreicher meist himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt zu sein.
Windtner erwartet rot-weiß-rote Karawane durch Europa
Das Mittelmaß zwischen Euphorie und Bodenständigkeit ist mit Sicherheit eines der Erfolgsrezepte Fodas, wie er den Karren mit zuletzt sechs erfolgreich gestalteten Spielen aus dem Dreck gezogen hat.
"Es gibt immer schwierige Phasen und da muss man halt einen klaren Kopf bewahren – das haben wir getan. Also nicht nur das Trainerteam, sondern auch der Präsident, das Management, alle die beim ÖFB tätig sind. Das Wichtigste war einfach, die Spiele normal zu analysieren und die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen. Wir sind ruhig geblieben, haben aber auch immer betont, dass man am Ende vorne stehen muss, nicht am Anfang. Gott sei Dank hat sich das dann bewahrheitet", antwortet Foda.
Erreicht er auf rein sportlichem Weg die EM-Endrunde 2020, hat er schlussendlich alles richtig gemacht. Windtner hofft nicht nur dank möglicher Fan-Aktionen auf ein ausverkauftes Stadion gegen Nordmazedonien, sondern denkt schon an eine rot-weiß-rote Karawane durch Europa, sollte der letzte Schritt Richtung EURO gesetzt werden.
"Ich bin davon überzeugt, dass wieder unwahrscheinlich viele Fans mitziehen werden, ganz egal, wo wir in Europa spielen. Denn wir haben auch jetzt gesehen, dass die Fan-Gemeinde in Laibach großartig war, wie Rot-Weiß-Rot dort aufgetreten ist."
Dank EM-Ticket mit Rückenwind in Nationalstadion-Frage?
Die zweite EM-Teilnahme in Folge würde jenen Weg bestätigen, den man vor Jahren eingeschlagen hat - mit dem Ziel sich konstant für Großereignisse zu qualifizieren. Welchen Stellenwert also die EM 2020 nach der Teilnahme 2016 für den ÖFB hätte?
"Für den ÖFB ist das unwahrscheinlich wichtig, ein Rückenwind in mehrerlei Hinsicht. Auf der einen Seite ist damit natürlich an der Basis der Zulauf zum Fußball doch wieder verstärkt gesichert. Auf der anderen Seite ist es jetzt natürlich bei unseren Kernthemen Nationalstadion und vor allem Trainingszentrum für das Nationalteam sowie Headquarter für den ÖFB eine zusätzliche starke Position."