Das Trainingslager des Nationalteams in Spanien endet am Sonntag. An Tag fünf des Trips nach Marbella zieht Franco Foda eine erste Zwischenbilanz über seine erste Dienstreise als ÖFB-Teamchef.
Zwei Dinge standen für den Deutschen bislang im Mittelpunkt.
Erstens logischerweise die Arbeit auf dem Platz. Zweitens das gegenseitige Kennenlernen, wobei sein Fokus auf dem Ausräumen etwaiger Vorurteile lag.
"Die Spieler sollen auch mich kennenlernen. Wie tickt der Trainer Foda? Ich glaube, dass man sich jetzt schon näher gekommen ist, die Mannschaft auch schon gelöster wirkt. Am Anfang ist immer klar: Es kommt ein neuer Traner, was man nicht schon alles über ihn von außen gehört hat - aber das sind dann ja meistens auch nur Halbwahrheiten. Die Spieler haben sich jetzt selbst einen Überblick verschafft, wie der Trainer funktioniert", erläutert Foda.
Foda: "Kann mit Kritik gut leben"
Die Nachfrage, welche Halbwahrheiten über seine Person er am liebsten ausräumen möchte, hat ein längeres Zögern zufolge.
"Sie haben ja einen Kollegen, also wissen Sie das selbst", antwortet der 51-Jährige und beteuert: "aber wissen Sie, es ist ja auch egal, was über mich geschrieben wird. Ich bin ein Mensch, der so ist, wie er ist, und der auch mit Kritik gut leben kann. Für mich ist das überhaupt kein Problem. Wichtig ist immer, dass dies respektvoll funktioniert und es nicht persönlich wird. Alles andere ist überhaupt kein Problem."
Um das Rätsel zu lösen: Gemeint hat Foda den früheren LAOLA1-Kolumnisten Jürgen Pucher, der nun für unseren Partner "90minuten.at" schreibt und den SK Sturm Graz nicht als Haus- und Hofberichterstatter, sondern aus kritischer Distanz begleitet.
Als Beweis für seine mediale Offenheit führt Foda seinen Cafe-Ausflug mit der "Krone" am Mittwoch an: "Ich habe ja jetzt meinen Sager eingelöst und war mit dem Kollegen Cafe trinken. Da konnte er sich auch selbst ein Bild machen, wie ich funktioniere. Ich bin so, wie ich bin."
Private Themen in Einzelgesprächen
Wie Foda in der Öffentlichkeit rüberkommt, ist das eine. Das andere, und definitiv Wichtigere ist, wie er bei den Spielern ankommt. Die Sache mit den Halbwahrheiten ist diesbezüglich aber keine Einbahnstraße.
Auch Foda ist Medienkonsument und kannte diverse Spieler bislang nur auf diesem Wege. "Deshalb war es für mich persönlich wichtig, mir unabhängig von Äußerungen von draußen ein Bild von den Spielern zu machen", verdeutlicht der Teamchef.
Bislang habe er in dieser Woche 15 Einzelgespräche geführt: "Mir war es extrem wichtig, dabei längere Gespräche mit den jeweiligen Spielern zu führen, also nicht nur drei, vier Minuten, sondern schon auch 20 Minuten. Dabei ging es nicht nur um fußballspezifische Dinge. Ich wollte auch ein bisschen Privates über die Spieler erfahren, damit man sich einen Gesamteindruck machen kann."
Bisherige Bild von Spielern bestätigt sich
Auch Spieler haben ihre Images, so mancher steckt in einer Schublade. Ob sich in diesen Gesprächen sein bisheriges Bild von seinen neuen Schützlingen bestätigt hat, oder ob es Überraschungen gab?
"Ich schaue mir viele Interviews an. Ich glaube, in einem Interview kann man schon auch verstehen, wie ein Spieler funktioniert."
"Ich möchte nicht auf einzelne Spieler eingehen, aber im Prinzip hat sich das Bild, das ich vorher schon hatte, bestätigt. Einige Spieler habe ich schon gekannt, weil ich mit ihnen zusammengearbeitet habe, zum Beispiel Florian Kainz. Andere kenne ich aus Spielen auf Vereinsebene. Außerdem bin ich jemand, der sich viele Interviews anschaut. Ich glaube, in einem Interview kann man schon auch verstehen, wie ein Spieler funktioniert. Psychologie ist heutzutage wichtig. Man muss erkennen, wie man an Spieler herankommt."
Alles in allem hätten die Spieler in den Einzelgesprächen einen sehr guten Eindruck hinterlssen, alle seien sehr bodenständig: "Und was für mich das Wichtigste ist, dass sie alle gerne beim Nationalteam sind. Sie freuen sich auf das Team, und das ist für mich die wichtigste Grundlage um erfolgreich zu sein. Sie sind alle hungrig. Außerdem hat man gesehen, dass diese Mannschaft eine gute Beziehung zu Marcel Koller hatte, was gut und positiv ist."
"Ich bin der Überzeugung, dass hier etwas am Entstehen ist"
Nicht der erste Hinweis Fodas auf die gute Arbeit seines Vorgängers. "Ich habe eine intakte Mannschaft übernommen", lobt der gebürtige Mainzer, "gute Mentalität, guter Charakter, das haben die Spieler auch in den letzten zwei Spielen unter Marcel Koller gezeigt. Es sind viele junge Spieler dabei, und ich bin der Überzeugung, dass hier etwas am Endstehen ist."
Für den Noch-Sturm-Coach gilt es nun, seine eigenen Ideen zu implementieren. In zwei Sitzungen habe er den Spielern vermittelt, worauf er wert legt. Am Donnerstagnachmittag stand das erste taktische Training auf dem Programm. Der Freitag stand im Zeichen der Regeneration mit Fußball-Tennis am Vormittag und einem Teambuilding-Event am Nachmittag.
"Das ist eine gute Abwechslung, weil wir in den letzten drei Tagen fünf Einheiten hatten und dabei intensiv trainiert haben. Denn ich bin der Meinung, man kann nur mit Tempo spielen, wenn man mit Tempo trainiert. Das habe ich in den letzten Jahren immer so gehandhabt. Die Jungs ziehen gut mir, sind im Training sehr engagiert, was aber nicht außergewöhnlich ist, wenn ein neuer Trainer da ist", erklärt Foda.
Ähnliche Ideen wie Koller
Bezüglich der im Test gegen Uruguay zu erwartenden Spielanlage gibt sich der neue Teamchef noch geheimnisvoll. Dass Aleksandar Dragovic angekündigt hat, dass das ÖFB-Team nicht mehr das arge Pressing wie unter Koller veranstalten, sondern mehr aus einer geordneten Defensive heraus agieren werde, unterschreibt Foda nicht unbedingt.
"Ich habe die Spiele gegen Serbien und Moldawien gesehen und da war eigentlich kein Pressing irgendwo ganz vorne zu erkennen", betont Foda und meint gleichzeitig:
"Ich weiß, dass Marcel und ich ähnliche Ideen haben. Wir wollen beide eigentlich immer den Gegner früh unter Druck setzen, das hat man auch bei Sturm gesehen. Es kommt aber immer auf die Situation an. Man kann als Mannschaft nicht 90 Minuten pausenlos Pressing spielen. Wichtig ist die Balance, dass du den Gegner mal attackierst und zustellst, dich dann aber auch mal bewusst fallen lässt. Wenn du gegen Mannschaften spielst, die defensiv orientiert sind, lässt du diese Mannschaft auch mal bewusst kommen, um dann Räume nach vorne zu bekommen. Da muss man immer wieder unterschiedliche Ideen entwickeln und das werden wir tun."
Zu tun hat Foda dieser Tage jedenfalls genug. Bislang ist das Camp aus seiner Sicht ein Erfolg, einen Wertmutstropfen gibt es jedoch: "Man merkt erst, wie kurz ein Tag mit 24 Stunden ist. Man kann es kaum glauben, aber ich habe bis jetzt noch nicht einmal ferngeschaut, mir kein Spiel angesehen."