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ÖFB-Team: Wo Kritik, wo aber auch Lob angebracht ist

Belgien zeigt gegen Österreich den einen oder anderen Unterschied auf. Trotz Niederlage gibt es aber auch positive Erkenntnisse.

ÖFB-Team: Wo Kritik, wo aber auch Lob angebracht ist Foto: © GEPA

Genau wie es nach einem Sieg erlaubt sein sollte, etwaige Mängel kritisch zu beleuchten, heißt eine Niederlage logischerweise nicht automatisch, dass alles schlecht war.

Nach dem 2:3 im Showdown gegen Belgien lassen sich auch diverse erfreuliche Punkte benennen.

"Wir können auch sehr viel Positives rausziehen, aber im Endeffekt zählt das Ergebnis und wir haben leider um ein Tor verloren", erinnert Xaver Schlager.

Trotzdem findet auch der Leipzig-Legionär: "Es war ein Tag, an dem wir gesehen haben, dass wir zu sehr vielem in der Lage sind."

Einige kritische und einige hoffnungsvolle Gedanken zu dieser Niederlage im Gruppen-"Finale":

Diese Gegentore...

Der Hauptkritikpunkt, über den man sich nach dem Schlusspfiff unterhalten muss, sind natürlich die Gegentore und ihr Zustandekommen.

Dies führt natürlich nahtlos zum Thema individuelle Qualität. Und hier lässt sich gerade perspektivisch ein Unterschied aufzeigen. Aber der Reihe nach.

"Wir haben bei allen drei Gegentoren nicht gut ausgesehen", moniert Teamchef Ralf Rangnick und erläutert den jeweiligen Fehler.

Aus Spielersicht ist es natürlich ärgerlich, dass die ÖFB-Elf zwar spielerisch überlegen war, während sich Belgien - anders als im Hinspiel - an diesem Abend äußerst effizient präsentiert hat.

Dann hat Belgien Danke gesagt

"Wir hatten mehr Chancen, waren besser. Sie waren eiskalt. Das war der Unterschied", meint Schlager und führt aus:

"Sie haben gefühlt aus der ersten Chance ein Tor gemacht, dann aus einer Halbchance das 2:0, aus einem Top-Konter das 3:0, dann haben sie Danke gesagt. Recht viel war das nicht, aber man muss ihnen Respekt aussprechen, dass sie das so eiskalt genutzt haben."

"Da braucht man nicht mehr von schlecht verteidigt reden, sondern kann man auch mal sagen, dass der eine nicht umsonst beim Champions-League-Sieger spielt und der andere im Champions-League-Finale war."

Xaver Schlager

Besonders das zweite Gegentor ärgert viele ÖFB-Kicker. Erstens aufgrund des Zeitpunkts in Minute 55, als man selbst gerade gut im Spiel war, und zweitens wegen des Zustandekommens aus einem Freistoß.

"Das hätten wir besser verteidigen können, aber der Schuss war doppelt abgefälscht. Das sind halt so Sachen - an solchen Tagen kommt alles zusammen", findet Xaver Schlager.

Individuelle Qualität auch mal anerkennen

Was in diesem Zusammenhang kein ÖFB-Vertreter vergessen hat, ist der Hinweis auf die immense individuelle Qualität in der belgischen Offensive.

Vor allem Jeremy Doku, der das dritte Gegentor durch Romelu Lukaku mit einem unwiderstehlichen Dribbling vorbereitet hat, holte sich geradezu originelle Lobeshymnen ab.

"Ich glaube, wir sind zu viert um ihn herum, er bricht ab, macht den Haken und spielt den Ball perfekt in den Lauf. Das ist wirklich pure individuelle Klasse. Ich denke, da braucht man nicht mehr von schlecht verteidigt reden, sondern kann man auch mal sagen, dass der eine nicht umsonst beim Champions-League-Sieger spielt und der andere im Champions-League-Finale war."

@laola1 Bei Österreichs 2:3-Niederlage gegen Belgien ist ein Spieler besonders herausgestochen. 🤯🔥 Die Rede ist von Belgiens Manchester City Legionär Jérémy Doku, der die 🇦🇹-Defensive mit seiner Geschwindigkeit und Technik vor einige Problem gestellt hat. 😵‍💫⚽️ Ist der Belgier ab sofort ein Muss für jedes Ultimate Team in EA Sports FC 24? 😜 #laola1 #l1 #wirlebensport #öfb #österreich #belgien #emqualifikation #euro2024 #fussball #autbel #jeremydoku #fifa24 ♬ Originalton - Laola1.at das Sportportal

Gut möglich, dass das ÖFB-Team in Bestbesetzung mit David Alaba und Co. gegen diese Stars besser ausgesehen hätte, aber dies lässt sich keineswegs beweisen.

Die Talente-Pipeline

Bevor wir lobend erwähnen können, dass gerade der eine oder andere Ergänzungsspieler diese Partie zu Eigenwerbung genutzt hat, lohnt sich jedoch durchaus ein perspektivischer Gedanke.

Das belgische Nationalteam befindet sich gerade im "Soft-Relaunch". Einige Vertreter der "Goldenen Generation" sind nicht mehr mit dabei, in Wien fehlten zudem die Superstars Kevin De Bruyne und Thibaut Courtois.

Die Talente-Pipeline, über die Belgien verfügt, scheint jedoch nicht zu versiegen. Hier ist nicht erst seit seiner Gala-Vorstellung Doku das beste Beispiel, aber nicht das einzige.

Mit dem eingewechselten Arthur Vermeeren feierte ein 18-jähriges Supertalent sein Nationalteam-Debüt. Der Marktwert des Mittelfeldspielers von Royal Antwerpen beträgt bereits 17 Millionen Euro.

Deutlicher Unterschied zwischen Belgien und Österreich

Die Marktwerte bei "transfermarkt" mögen keine harte Währung sein, sie sind aber ein guter Indikator. Und hier offenbart sich ein deutlicher Unterschied zwischen Belgien und Österreich.

Während Österreich im Alterssegment 20 oder jünger vier Spieler mit einem siebenstelligen Marktwert hat (Yusuf Demir, Dijon Kameri, Leopold Querfeld, Samson Baidoo), durchbrechen bei Belgien gleich deren 21 Talente die Millionen-Marke.

Belgiens teuerstem Hoffnungsträger Romeo Lavia vom FC Chelsea wird mit 50 Millionen Euro ein höherer Marktwert zugeschrieben als dem teuersten rot-weiß-roten Fußballer - dies ist David Alaba mit 40 Millionen Euro, der ÖFB-Kapitän fällt jedoch schon längst in die Kategorie Routinier.

Diese ÖFB-Teamspieler debütierten bisher unter Rangnick


Darüber, wie sehr Österreichs Akademien abseits von Salzburg derzeit in Richtung internationale Klasse ausbilden, lässt sich streiten. Dass Weltklasse jedoch den Unterschied machen kann, ist kein Geheimnis. Vielleicht dient die Performance von Doku und Co. so gesehen ja als Inspiration.

Ergänzungsspieler zeigen auf

Das ÖFB-Team hat Belgien jedoch auch enorm ersatzgeschwächt Paroli geboten, und daraus lässt sich natürlich auch Selbstvertrauen ziehen.

"Das zeigt, wie viel Qualität wir in der Breite haben. Natürlich merkst du, wenn der eine oder andere Topspieler fehlt. Uns haben ein paar der besten Spieler dieser Quali gefehlt", so Christoph Baumgartner.

Schon die Startelf mit Debütant Manprit Sarkaria hat es bis auf den Abschluss gut gemacht. Wenn die Chance kommt, sind es genau solche Darbietungen wie von den Jokern Alexander Prass, Muhammed Cham und Samson Baidoo, die aus Ergänzungsspielern Kandidaten für höhere Aufgaben machen.

Das Trio wurde nicht umsonst von Rangnick lobend erwähnt ("Alle, die reingekommen sind, haben ihre Sache gut gemacht und Schwung reingebracht"). Dass Sasa Kalajdzic nach seiner langen Verletzungspause wieder für Österreich auflaufen konnte, ist sowieso denkbar erfreulich.

Schlager: "So etwas wollten wir immer haben in Österreich"

Xaver Schlager ist nicht verwundert, dass sich die Nachrücker nahtlos eingefügt haben: "Wir trainieren ja schon über einen gewissen Zeitraum zusammen und versuchen die Abläufe zu verinnerlichen. Auch jene, die vielleicht weniger spielen, schauen ja im Training nicht zu oder tun nichts. Sie versuchen genau für den Punkt bereit zu sein, wenn sie reinkommen. Das haben sie super gemacht."

"Die Leute sehen einfach, welche Energie wir aufbringen, wie wir dafür brennen, für die Nationalmannschaft zu spielen."

Christoph Baumgartner

Die Moral zu loben, ist immer so eine Sache, denn in der Theorie sollte eine gute Moral selbstverständlich sein. In der Praxis ist es aber bekanntlich nicht so leicht, bei einem 0:3-Rückstand den Kopf oben zu halten.

Dass sich das ÖFB-Team fast noch ein 3:3-Remis erkämpft hätte, ist aus diesem Blickwinkel schon einiges wert.

"Diese Mannschaft hat Moral und gibt nicht auf, selbst wenn sie am Boden liegt. Das ist ein sehr gutes Zeichen", findet Schlager, "die Mannschaft glaubt immer an sich. Das ist bei solchen Nackenschlägen oft schwierig. Deswegen ist das einfach sehr positiv. Ich denke, so etwas wollten wir immer haben in Österreich."

Das Publikum registriert, wie die Spieler für das Nationalteam brennen

"Nach einem 0:3 zurückzukommen, ist nicht selbstverständlich. Da kann es auch mal eine richtige 'Schleif'n' geben", weiß Baumgartner.

Auch Konrad Laimer lobt: "Egal welche Widerstände gekommen sind im Spiel, wir haben immer weiter gemacht. Das zeichnet die Mannschaft gerade aus."

Dies hat auch das Publikum registriert. "Die Leute sehen einfach, welche Energie wir aufbringen, wie wir dafür brennen, für die Nationalmannschaft zu spielen. Das war augenscheinlich", meint Baumgartner, der sich sicher ist:

"Wir brauchen uns nicht zu schämen für diese Leistung. Gerade auf dieser Energie müssen wir aufbauen und in Baku die gleiche an den Tag legen. Dann bin ich mir sicher, dass wir Österreich stolz machen und uns qualifizieren."


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