Erst gefordert, dann geliefert - und das eindrucksvoll!
Am Samstag stellte sich Florian Grillitsch einem ORF-Interview, in dem er offen seine Unzufriedenheit darüber zum Ausdruck brachte, dass er in den ersten beiden EURO-Matches nicht der ÖFB-Startelf angehörte.
Beim 1:0 gegen die Ukraine stand der Hoffenheim-Legionär von Anfang an auf dem Feld und verließ selbiges als "Man of the Match" der UEFA samt eindrucksvoller Statistiken.
Ob es in solch wichtigen Spielen genau diese Mentalität benötigen würde, wenn jemand nach großen Worten auch große Taten folgen lässt?
"Ich lese ja seit 14 Tagen keine Zeitung mehr. Hätte ich gewusst, dass er das gefordert hat, hätte ich ihn nicht spielen lassen", lacht ÖFB-Teamchef Franco Foda.
Dies war natürlich ein Scherz des Deutschen. Ob er "Grillos" Forderung wirklich nicht mitbekommen hatte, bleibt Fodas Geheimnis. Der Plan, den zentralen Mittelfeldspieler diesmal zu nominieren, ging indes auf.
Und vielleicht war es jenes Ausrufezeichen, das der Nationalteam-Karriere von Grillitsch bislang gefehlt hat.
Schlager: "Uns super in Szene gesetzt"
Pünktlich in seinem 25. Länderspiel holte dies Grillitsch umso eindrucksvoller nach.
"'Grillo' ist ein Spieler, der extrem viel Ruhe reinbringt", lobt sein Nebenmann Xaver Schlager, "zudem hat uns in die Karten gespielt, dass die Ukrainer ihn teilweise auch in Ruhe gelassen haben. Dann hat er einfach super sein Spiel aufgezogen, super die Bälle verteilt und uns andere Spieler super in Szene gesetzt."
Wirklich super lief es für den Niederösterreicher im ÖFB-Trikot zuletzt 2018, als er unter anderem beim 2:1-Testspiel-Sieg gegen Deutschland eine starke Leistung ablieferte.
In der Folge schien er jedoch ein wenig seinen Nationalteam-Rhythmus zu verlieren, musste immer wieder verletzungsbedingt absagen oder sich auf einer umkämpften Position hinten anstellen. Mit Xaver Schlager und Konrad Laimer rückte schließlich ambitionierte Konkurrenz nach.
Foda: "Flo war immer schon ganz nah dran"
In der erfolgreichen EM-Qualifikation stand Grillitsch letztlich nur bei der Auftakt-Niederlage gegen Polen und bei der Abschluss-Blamage in Lettland von Beginn an auf dem Feld. Ansonsten reichte es nur zu neun Minuten Einsatzzeit im Heimspiel gegen Lettland.
Dass der zentrale Mittelfeldspieler von seinem Potenzial her andere Ansprüche haben muss, wusste man jedoch.
"Flo war ja immer schon ganz nah dran an der Mannschaft", stellt Foda nach dem Ukraine-Match klar, "ich habe mit ihm auch ein Gespräch geführt, dass er für uns im Nationalteam ein ganz wichtiger Spieler ist. Wir hatten halt in den ersten beiden Gruppen-Spielen eine andere Idee."
Prädestiniert für das Ukraine-Spiel
Gegen die Ukraine rückte der 25-Jährige jedoch in einem geänderten System anstelle von Linksverteidiger Andreas Ulmer in die Startelf, dessen Job links hinten David Alaba übernahm.
"Wenn er das so gesagt hat, dann hat er bewiesen, dass er in die Mannschaft gehört."
"Für dieses Spiel war meine Meinung, dass er prädestiniert ist", meint Foda über Grillitsch, "und er hat auch eine tolle Leistung gebracht, sowohl im Spiel mit als auch gegen den Ball."
Was den Teamchef wiederum zurück zu eingangs erwähnter Forderung bringt: "Wenn er das so gesagt hat, dann hat er bewiesen, dass er in die Mannschaft gehört."
Eher schüchterner Kommentar zur Forderung
Grillitsch, der als Man of the Match nach dem Spielende neben Foda bei der Pressekonferenz saß, äußerte sich in Gegenwart des Teamchefs etwas schüchterner zu seinem Wunsch nach einer Beförderung in die Startelf.
"Es werden ja generell von euch Journalisten viele Fragen zum Spiel gestellt, was man erwarten kann. Wichtig ist, dass man es dann am Platz bringt", erklärt der Niederösterreicher und gerät in der Folge lieber über die Mannschaftsleistung ins Schwärmen:
"Wir haben das als Team sehr gut gemacht. Wir haben immer gesagt, wir haben sehr viel Potenzial in der Mannschaft. Heute hat man gesehen, dass der Teamgeist zu 100 Prozent da war, wie fokussiert wir waren, dass wir den Sieg unbedingt wollten und nicht auf ein Unentschieden gespielt haben. Deshalb sind wir auch verdient als Sieger vom Platz gegangen."
Das eine oder andere Getränk im Mannschaftskreis
Nach dem Schlusspfiff fühlte sich Grillitsch "hinig", für die ganz großen Gefühle war dennoch genug Energie vorhanden:
"Die Emotionen sind unglaublich. Wir haben Geschichte geschrieben für ganz Östereich. Ich denke, heute ist ein Tag zum Feiern. Ich konnte allerdings nur kurz mit den Fans feiern, weil ich zu den Interviews musste. Das ist bitter."
Dafür durfte man durchaus mit einer kleinen Party im Mannschaftskreis spekulieren: "Im Flieger wird es noch ruhig sein, aber wenn wir im Hotel sind, denke ich, dass wir uns schon das eine oder anderen Getränk gönnen. Aber natürlich in Maßen."
Augenzwinkernder Nachsatz: "Neben dem Trainer darf ich nicht zu viel sagen."
Wobei Foda ja auch die sportliche Kampfansage nicht mitbekommen haben will...