"Wir wollen jedes Spiel so angehen, dass wir es gewinnen können. So werden wir die Mannschaft auch ins letzte Spiel schicken", kündigt Teamchef Ralf Rangnick an.
Der 63-jährige Deutsche strotzt am Tag vor dem abschließenden Nations-League-Spiel im Juni-Lehrgang auswärts in Dänemark (Mo., ab 20:45 Uhr im LIVE-Ticker) noch immer vor Motivation und will noch einmal die letzten Prozent aus den Spielern herauskitzeln.
Zumindest aus jenen, die noch zur Verfügung stehen (Alaba, Wöber, Posch fallen aus) und am Tag X die nötige Frische an den Tag legen, um in Kopenhagen etwas Zählbares mitnehmen zu können.
"Gegentore haten schon mit unserem Verhalten zu tun"
Lernfähigkeit wird bei Rangnick dabei ganz groß geschrieben. Denn bei der knappen 1:2-Niederlage in Wien habe sich Österreich selbst um die Früchte der guten Arbeit gebracht und sich bei beiden Gegentreffern nicht gut angestellt.
Obwohl sich die Gegner nach den jüngsten Aufeinandertreffen in- und auswendig kennen, gelte es vor allem, das eigene Profil zu schärfen und Fehler zu vermeiden.
"Wir haben den einen oder anderen Fehler zu viel gemacht, beide Gegentore hatten schon mit unserem Verhalten zu tun", ist Rangnick die Art und Weise der Heimniederlage gegen das Team von Kasper Hjulmand noch in schlechter Erinnerung.
"Klar, man kann immer sagen, dass Tore durch Fehler fallen, aber wir hätten damals das zweite Gegentor nicht so kassieren dürfen. Ich gehe davon aus, dass wir aus den Fehlern lernen und sie nicht ein zweites Mal machen."
Trimmel: "Sind absolut in der Lage, Dänemark zu schlagen"
Im Vorfeld des Rückspiels wurde noch intensiv und im Detail über die Gegentore gesprochen und welchen Anteil Österreich selber daran hatte. Dabei ging es nicht darum, dass der Schuss des Ex-Austrianers Jens Stryger Larsen sehenswert war.
"Aber wir hätten die Aktion schon vorher zwei, drei Mal unterbinden können, dass der Ball dort gar nicht hinkommt", ärgert sich Rangnick noch immer, da das Spiel zumindest "1:1 ausgehen hätte müssen".
Ähnlich sieht es Rechtsverteidiger Christopher Trimmel: "Wenn man gegen so eine Mannschaft einen Fehler zu viel macht, dann verliert man. Wir werden diesmal versuchen, weniger Fehler zu machen und unsere Chance zu nützen."
Dabei spitzt der Kapitän von Union Berlin durchaus auf die Begleichung einer offenen Rechnung: "Schon beim ersten Spiel in Wien hat man gesehen, dass wir absolut in der Lage sind, Dänemark zu schlagen. Es lag an Kleinigkeiten, auch an uns selbst. Wir hatten viele gute Torchancen und in Summe wenig zugelassen."
Am Ende war es jedoch ein entscheidender Fehler zu viel.
Dänemark weiterhin eine Wundertüte
Nach bereits drei Duellen seit Oktober des Vorjahres ist Dänemark für Österreich wie ein offenes Buch, so aber auch umgekehrt.
"Beide Trainer wissen, wie der Gegner spielen will, aber nicht, wer auf dem Platz stehen wird", erklärt Rangnick. Das kann der Teamchef deshalb behaupten, weil er nicht einmal noch die eigene Startelf im Kopf hat und bis zum letztmöglichen Zeitpunkt am Montagvormittag warten will, wer schlussendlich wirklich bereit und fit ist.
Ähnlich wie im ÖFB-Team ist aber auch bei den Dänen nicht entscheidend, wer den Matchplan ausführt, sondern das alle Spieler ihre Rollen im einstudierten System erfüllen.
Deshalb warnt Rangnick weiterhin vor den Stärken der Heimmannschaft, noch dazu vor dem frenetischen Publikum im Parken-Stadion von Kopenhagen. "Dänemark spielt technisch sehr variabel und flexibel. Man weiß nie genau, ob sie jetzt mit drei oder vier Spielern aufbauen, spielen sie mit ein, zwei oder drei Stürmern. Wir müssen uns auf alles vorbereiten und auch auf alles vorbereitet sein."
Abgesagtes Abschlusstraining: "Weniger ist mehr"
Entscheidend wird vor allem sein, die richtige Mischung zwischen dem druckvollen Pressing, Offensive, Restverteidigung und Defensive zu finden.
"Wir brauchen dann die bestmögliche Balance aus dem, was wir nach vorne an Torgefahr auf den Platz bringen können, aber auch was wir defensiv brauchen, um möglichst stabil, kompakt zu stehen und möglichst wenig zuzulassen."
Als Drill-Sergeant entpuppte sich Rangnick bei seinem ersten ÖFB-Lehrgang nicht. Aufgrund der Ausnahmesituation mit vier Spielen in elf Tagen wurde nach intensiven Trainingseinheiten schon mal das Nachmittagstraining ausgelassen.
Das Motto lautete "Weniger ist mehr", das galt auch für das abgesagte Abschlusstraining vor dem Abflug nach Kopenhagen. Aus Sicht des erfahrenen Trainers keine Premiere, aber eine notwendige Maßnahme. "Das gab es auch schon, bisher habe ich sogar gute Erfahrungen damit gemacht", bestätigt Rangnick.
Dazu führt er aus: "Wir brauchen alle Kraft für das Spiel. Ich habe schon zu Beginn des Lehrgangs gesagt, dass wir sehr gut dosieren und aufpassen müssen. Ich bin überzeugt, dass jedes Training heute zu viel wäre. Wir brauchen möglichst den Tank voll, das ist eher der Fall, wenn wir den Spielern heute Ruhe gönnen."
Offensiv die Qual der Wahl, defensiv ausgedünnt
Noch immer betont er gebetsmühlenartig, dass es eine derartige Konstellation durch die Nations League noch nie gegeben habe, schon gar nicht nach einer langen, kräfteraubenden Saison. Selbst bei einer EM oder WM hätte man mehr Pause dazwischen als in diesem intensiven Juni.
Umso bemerkenswerter ist die Tatsache, dass Leipzigs Konrad Laimer und Wolfsburgs Xaver Schlager bisher in allen drei Spielen über die volle Distanz auf dem Platz standen. Ob das Trainerteam ihnen auch eine gewichtige Rolle im abschließenden Spiel zutraut, wird noch ausgelotet.
"Es gibt ein paar wenige Spieler, die bisher alle Spiele oder die meiste Zeit gespielt haben. Wir müssen schauen, wie sie sich fühlen. Aber wir haben im Mittelfeld und auch vorne nach wie vor genügend Spieler, die zur Verfügung stehen und die Qual der Wahl", meint Rangnick.
Anders sieht es in der Defensive aus: "Im Abwehrbereich auf den Außenverteidiger-Positionen rechts haben wir das auch, im Zentrum, wenn Friedl zur Verfügung steht, haben wir auch drei für zwei Positionen. Und Friedl kommt theoretisch auch als Linksverteidiger in Frage. Wir sind hinten durch die Ausfälle ein bisschen ausgedünnt, aber im Mittelfeld als auch vorne haben wir noch genug Alternativen."
"Die Spieler haben es sich absolut verdient"
Dabei scheut der neue starke Mann im ÖFB nicht davor zurück, auch Spielern das Vertrauen zu schenken, die noch nicht oft oder zum ersten Mal beim Team sind.
"Die Spieler, die eingeladen wurden, haben es sich absolut verdient", kann Rangnick nur Positives berichten. Der Teamspirit sei außergewöhnlich, schwärmt er. Es seien die Besten gewesen, die sich durch Spielpraxis und gute Leistungen in den letzten Wochen und Monaten eine Nominierung verdienten hatten und nicht von Verdiensten aus vergangenen Jahren zehren.
So will es Rangnick auch zukünftig handhaben. "Die Spieler entscheiden selbst mit, wer von uns eingeladen wird", spielt der Teamchef darauf an, wie wichtig ihm eine aktuelle Top-Form und Spielpraxis sind.
Auswärts in Dänemark bekommen die Spieler noch einmal die Chance, bleibenden Eindruck für den nächsten Lehrgang im September zu hinterlassen. Mit einem Sieg gegen Frankreich wäre die ÖFB-Delegation als Tabellenführer nach Kopenhagen gereist. Nun geht es in Skandinavien bereits darum, nicht in Probleme zu geraten und die Ausgangsposition zu verbessern.
Wichtig wird dabei sein, aus den Fehlern vergangener Spiele zu lernen.