Vizemeister hinter Klassen-Primus FC Bayern München, dadurch für die UEFA Champions League qualifiziert und persönlich nach langwierigen Verletzungsproblemen wieder relativ regelmäßig Teil der Startelf.
Alessandro Schöpf kann eine zufriedene Bilanz der abgelaufenen Saison mit dem FC Schalke 04 ziehen. Eigentlich. In seinem Fall ist es jedoch eher ein klassisches "Ja, aber..."
Denn der ÖFB-Teamspieler stellt vor allem an seine eigene Person höhere Ansprüche: "Am Anfang war ich relativ lange verletzt. In der Rückrunde habe ich eh wieder relativ viel gespielt, das war in Ordnung, wobei ich nicht so gut gespielt habe wie vor meiner Verletzung. Ich glaube, das ist normal, aber ich möchte einfach wieder zu meiner alten Stärke finden."
Schöpf will mehr Scorer-Punkte
Dafür sei derzeit jeder Einsatz und jede Trainingseinheit wichtig. Aber vor allem in den Einsätzen müsse in der kommenden Spielzeit wieder mehr rausschauen, womit Schöpf konkret die Scorer-Wertung meint:
"Wenn ich spiele, möchte ich Tore erzielen und vorlegen. Das ist mir in den letzten Spielen nie gelungen. Das nehme ich mir zu Herzen und möchte mir im Training wieder erarbeiten, dass ich Tore mache und Assists liefere, und das dann auch wieder im Spiel umsetzen. Damit möchte ich der Mannschaft helfen. Klar gebe ich am Spielfeld immer alles, aber nach vorne hin hat ein bisschen die Durchschlagskraft gefehlt."
Konkret hat der 24-Jährige in der abgelaufenen Saison in 15 Liga-Spielen einen "Nuller" geschrieben, weder ein Tor erzielt, noch eine Vorlage gegeben. In der Spielzeit davor waren es vor seiner Kreuzbandverletzung in 28 Einsätzen noch sechs Tore und zwei Assists.
Hauptsache vor Dortmund
Ansonsten gibt es in Gelsenkirchen derzeit jedoch wenig Grund zum Klagen. "Für uns war es natürlich ein sensationelles Jahr. Die Euphorie bei uns im Verein ist momentan sehr groß, die Vizemeisterschaft ist überragend für uns - vor allem, weil uns vor einem Jahr niemand zugetraut hätte, dass wir wirklich so eine gute Saison spielen. Vom Kader her haben wohl die wenigsten erwartet, dass wir da oben stehen werden. Aber wir haben von Spiel zu Spiel alles abgerufen, alles reingeworfen und wirklich eine überragende Mentalität in der Mannschaft. Jetzt freuen wir uns natürlich, dass wir den Fixplatz in der Champions League haben", jubelt Schöpf.
"Ich glaube, bei uns feiern die Fans das mehr als die Vizemeisterschaft. Im Ruhrpott ist es sehr wichtig, vor dem Rivalen zu stehen. Es bedeutet den Schalke-Fans sehr viel, dass wir vor den gelben Dortmundern waren."
Weh tut dem Tiroler lediglich die Niederlage im Halbfinale des DFB-Pokals gegen den späteren Endspiel-Sieger Eintracht Frankfurt. Großen Anteil hat für den ÖFB-Legionär der erst 32-jährige Trainer Domenico Tedesco, der sich auf Anhieb auf Schalke etabliert hat:
"Ich glaube, dass er auch wirklich sehr gut zu uns passt, extrem ehrgeizig ist. Er will immer 100 Prozent von uns haben, verlangt uns in jeder Trainingseinheit alles ab. Nur so kann man erfolgreich sein, wenn man auch im Training immer an die Grenzen geht. Er lebt das vor und wir Spieler machen das so, wie er das haben möchte."
Und das Allerwichtigste für viele Anhänger von Königsblau - Tedesco hat Schalke vor Erzrivalen Borussia Dortmund mit dem österreichischen Trainer Peter Stöger platziert, wie Schöpf schmunzelt: "Ich glaube, bei uns feiern die Fans das mehr als die Vizemeisterschaft. Im Ruhrpott ist es sehr wichtig, vor dem Rivalen zu stehen. Es bedeutet den Schalke-Fans sehr viel, dass wir vor den gelben Dortmundern waren."
Foda überrascht auch Schöpf
Wenn der 15-fache Teamspieler mit dem ÖFB-Team im Rahmen dieses Lehrgangs auf Deutschland trifft, geht es naturgemäß gegen viele aus der deutschen Bundesliga bekannte Gesichter - allen voran gegen Schalke-Mitspieler Leon Goretzka, der im Sommer zum FC Bayern wechselt:
"Mit ihm haben wir auf Schalke schon ein bisschen gescherzt, dass er die Schienbeinschoner nicht vergessen sollte. Wir wissen natürlich, dass Deutschland eine überragende Mannschaft hat und wieder ein Mitfavorit auf den WM-Titel ist. Umso schöner wäre es, wenn wir sie zu Hause in Österreich schlagen könnten."
Dank seiner Vielseitigkeit stellt Schöpf für Teamchef Franco Foda ein wertvolles Puzzle-Teil dar. Auf Schalke spielte er zuletzt meist auf der rechten oder linken Seite, im ÖFB-Dress durfte er gegen Slowenien überraschend im Zentrum ran.
"Im Training habe ich ein paar Andeutungen gesehen, deswegen habe ich mir schon gedacht, dass es sein kann, dass ich vielleicht im zentralen Mittelfeld spiele, aber darüber gesprochen hat der Trainer vorher mit mir nicht darüber", ließ sich der Allrounder selbst ebenfalls von dieser Maßnahme überraschen.
Großer Konkurrenzkampf
Von einem persönlichen Ausrufezeichen möchte er nach seiner guten Leistung in dieser Begegnung jedoch nicht sprechen. Egal, wo er zum Einsatz komme, er wolle immer das Bestmögliche abrufen. Im Endeffekt gehe es darum, wie die Mannschaft funktioniert:
"Und ich glaube, in den letzten Spielen haben wir als Mannschaft gut funktioniert - auch gegen Luxemburg, wo ich nicht gespielt habe. Das zeigt, dass unser Kader sehr gut und breit aufgestellt ist. Jeder kann von Beginn an spielen. Es ist sehr gut, dass wir solch einen großen Konkurrenzkampf haben, so entwickelt man sich schneller weiter."
Selbiges würde für Kräftemessen mit Fußball-Nationen wie Russland, Deutschland und Brasilien gelten: "Für uns ist das super, weil wir gegen drei Weltmannschaften spielen. Dann werden wir sehen, wie weit wir als Mannschaft schon sind."
Plötzlich Tirolerisch
Einen ersten Erkenntnisgewinn liefert diesbezüglich das Duell mit Russland - für Schöpf noch mehr Heimspiel als für seine ÖFB-Kollegen. "Von der Familie werden einige da sein, ich habe einige Kartenanfragen", lächelt der Ötztaler, der sich auf seine Rückkehr ins Tivoli-Stadion freut:
"Ich habe dort schon einmal mit dem Nationalteam gegen Finnland gespielt. Für mich ist es immer etwas Schönes, daheim im eigenen Stadion spielen zu dürfen, mit der Nationalmannschaft ist es umso schöner. Ich hoffe natürlich auf ein volles Stadion und dass uns die Leute tatkräftig unterstützen werden."
Auffällig übrigens, dass Schöpf - für gewöhnlich um Hochdeutsch bemüht - bei der letzten Antwort wie auf Knopfdruck in breitestes Tirolerisch geswitcht ist, was er selbst auf den Tiroler Fragesteller zurückführt: "Das mache ich gerne. Ich passe mich immer meinem Gegenüber an, dann kann ich mit jedem gleich reden."