Die Generalprobe vor der Nations League.
Bald ist es ein Jahr her, dass Franco Foda zum ÖFB-Teamchef gekürt wurde - Pflichtspiel hat er mit dem Nationalteam Österreichs immer noch keines bestreiten dürfen.
Am Dienstag ist es in Bosnien-Herzegowina soweit. Zuvor steht am Donnerstag der letzte Härtetest gegen Schweden (ab 20:45 Uhr im LIVE-Ticker) auf dem Programm. Dies ist die letzte Gelegenheit für Experimente beziehungsweise, um unter dem neuen ÖFB-Coach Gelerntes zu verfestigen.
Was will Foda gegen Schweden sehen? Wie könnten die personellen Überlegungen aussehen? Ist Schweden überhaupt der richtge Gegner, um den "Ernstfall" zu simulieren? Die wichtigsten Fragen vor dem Länderspiel gegen den WM-Viertelfinalisten:
WAS WILL FODA IM SCHWEDEN-SPIEL SEHEN?
Die Vorbereitung auf das Schweden-Spiel war denkbar kurz. Montag regeneratives Training, am Dienstag lag die Konzentration auf das Spiel im Ballbesitz, beim Abschlusstraining am Mittwoch wurde das Spiel gegen den Ball einstudiert. Zwei volle Einheiten - that's it! Das heißt: Diese Partie wird Foda wertvolle Erkenntnisse darüber liefern, wie sehr die Automatismen wirklich bereits sitzen, die er dem Team seit seiner Amtsübernahme vergangenen November eingetrichtert hat.
Der Deutsche selbst ist zuversichtlich: "Wir waren jetzt schon einige Male zusammen. Ich glaube, die Automatismen und Abläufe werden funktionieren. Wir haben eine gute Mannschaft und vor allem haben wir gute Spieler, die in ihren Vereinen gut ausgebildet werden."
Generell will er ähnliche Vorzüge wie in den überwiegend erfolgreichen Länderspielen seiner Amtszeit sehen: "Das Wichtigste ist, dass wir aktiv sind. Wir wollen aktiv sein im Ballbesitz, wir wollen aber auch im Spiel gegen den Ball aktiv sein. Wir wollen immer wieder versuchen, den Gegner in gewissen Momenten früh unter Druck zu setzen, den Ball erobern und - besonders wichtig - dann zügig nach vorne spielen. Das sind die Inhalte unseres Trainings. In den letzten Länderspielen hat es die Mannschaft jeweils sehr gut umgesetzt. Davon gehe ich wieder aus."
WELCHE PERSONELLEN ÜBERLEGUNGEN GIBT ES?
Hier kann man nur mutmaßen, denn bezüglich Startelf lässt sich Foda wie gewohnt nicht in die Karten blicken. Optionen gibt es zu Genüge. Große Aufstellungs-Revolution ist tendenziell keine zu erwarten, dennoch sind einige Varianten denkbar. Einige Gedankengänge:
Schweden ist der letzte Probelauf vor der Nations League, also auch die letzte Gelegenheit für Experimente. Der Teamchef kündigte an, diese Chance nutzen, aber gleichzeitig Erlerntes verfestigen wollen: "Die Balance wird extrem wichtig sein. Ich habe meine Vorstellung, wie wir spielen wollen."
Diese Partie würde beispielsweise die Gelegenheit bieten, den verletzungsbedingt Abwesenden des letzten - sehr langen und intensiven - Lehrgangs, noch einmal genauer auf die Beine zu schauen, konkret sind Marcel Sabitzer, Michael Gregoritsch und Valentino Lazaro gemeint. Für Sabitzer geht es ohnehin darum, so richtig in der Ära Foda anzukommen. Der Leipzig-Legionär verpasste die beiden bisherigen ÖFB-Camps in diesem Kalenderjahr und spielte unter dem Deutschen lediglich bei dessen Debüt gegen Uruguay. Weitere Einsatzminuten unter Foda sind nahezu aufgelegt.
Foda könnte natürlich auch weitestgehend dem Stamm, der sich in den letzten drei Tests herauskristallisiert hat, vertrauen. Andererseits wäre es die Gelegenheit, auch Kadermitgliedern wie Stefan Ilsanker oder Guido Burgstaller, die beim letzten Lehrgang nicht von Anfang an zum Zug gekommen sind, noch einmal die Möglichkeit zu geben, sich zu präsentieren. Ilsanker lieferte gegen Slowenien in der Dreierkette eine gute Leistung ab und spielte seither nicht mehr von Anfang an. Seine Kopfballstärke könnte gegen Schweden für ihn sprechen.
Womit wir bei der Frage sind, wie Foda den Ausfall von Kapitän Julian Baumgartliner im zentralen Mittelfeld kompeniseren wird. Kandidaten gibt es für den 52-Jährige zu Genüge: "Gerade auf dieser Position können Ilsanker, Grillitsch, Schöpf, Zulj oder Schlager spielen, auch Alaba könnte auf dieser Position spielen."
Eine Rückkehr des Bayern-Stars auf seine Lieblings-Position wäre jedoch zumindest eine kleine Überraschung. Mit der Rolle auf der linken Seite hat er sich längst angefreundet: "Ich darf die Position relativ offensiv ausführen. Das liegt mir sehr, ich kann mein Spiel ganz gut einbringen."
BESTEHT DIE GEFAHR, SICH FÜR BOSNIEN ZU SCHONEN?
Ein Test vor einem Pflichtspiel bringt stets die Gefahr mit sich, dass man das "wichtigere" Spiel bereits zu sehr im Hinterkopf hat. Foda zieht seine Linie, dass jedes Spiel wichtig ist und somit auch in jedem Spiel der Sieg die oberste Prämisse ist, konsequent durch.
Da das Schweden-Spiel am Donnerstag stattfindet und es erst am Dienstag gegen Bosnien geht, lässt der Teamchef auch keine Ausreden im Hinblick auf den Nations-League-Auftakt zu: "Wir haben nach dem Spiel genügend Zeit. Wir brauchen uns gegen Schweden nicht zu schonen, im Gegenteil. Wir wollen 90 Minuten mit viel Tempo, mit viel Power, mit viel Begeisterung und mit viel Leidenschaft Fußball spielen. Danach haben wir vier Tage Zeit, um uns zu regenerieren und auf das nächste Spiel vorzubereiten. Insofern sehe ich kein Problem, nicht alles abzurufen und das Spiel zu gewinnen."
Der frühere Sturm-Coach hat jedoch angekündigt, auf jeden Fall das Kontingent von sechs Wechseln ausschöpfen zu wollen. Somit kann er einerseits mehreren Spielern Spielzeit verschaffen, den einen oder anderen aber auch zielgerichtet weniger belasten.
WIE IST SCHWEDEN EINZUORDNEN?
Österreich und Schweden duellierten sich bekanntlich in den Qualifikationen für die WM 2014 und die EURO 2016. Der 4:1-Triumph in Stockholm, mit dem Rot-Weiß-Rot das EM-Ticket löste, ist unvergessen. Danach entwickelten sich die beiden Mannschaften zumindest ergebnistechnisch jedoch in unterschiedliche Richtungen. Schweden avancierte zum WM-Viertelfinalisten, Österreich verpasste die Reise nach Russland, nachdem man auch bei der EURO gescheitert war.
"Schweden war bei der WM im Viertelfinale - und wir wollen in Zukunft auch zu einer Weltmeisterschaft. Das haben sie uns voraus", nimmt sich Foda den Kontrahenten in Sachen Turnier-Teilnahmen zum Vorbild.
Wie die Skandinavier Fußball spielen, ist kein großes Geheimnis. Foda: "Schweden ist eine Mannschaft, die sehr kompakt spielt, in der Defensive gut steht, die Räume sehr eng macht. Im Ballbesitz versuchen sie oft mit langen Bällen schnell ins letzte Drittel zu kommen. Darauf sind wir vorbereitet, es wird sehr viel um zweite Bälle gehen."
KANN MAN DEN "ERNSTFALL" GEGEN BOSNIEN SIMULIEREN?
Nicht wirklich. Schließlich pflegen Schweden und Bosnien-Herzegowina eine recht unterschiedliche Herangehensweise, wie der ÖFB-Coach verdeutlicht: "Simulieren kann man den Ernstfall nie. In diesem Fall sind es einfach zwei unterschiedliche Gegner mit unterschiedlichen Spielanlagen. Bosnien ist eine Mannschaft, die versucht mit kontinuierlichem Spielaufbau von der Abwehrzone ins letzte Drittel zu kommen. Schweden operiert wie gesagt mit vielen langen Bällen, insofern kann man das nicht vergleichen."
Die Frage, ob Schweden so gesehen kein optimaler Sparring-Partner sei, kontert der Teamchef: "Jeder Gegner ist optimal." Letztlich geht es vor allem darum, das eigene Spiel durchzubringen, noch einmal personelle Erkenntnisse zu gewinnen und im Idealfall Selbstvertrauen zu tanken. "Ich sage es immer wieder: Für uns gibt es keine Testspiele. Wir werden alles unternehmen, um zu gewinnen", ist Foda voll auf Erfolg programmiert.
KANN SICH DAS ÖFB-TEAM NEU BEWEISEN?
Ein Sieg wäre der sechste im siebten Spiel der Ära Foda. Bislang ging bekanntlich nur das Kräftemessen mit Brasilien verloren. Trotzdem durfte man den letzten Lehrgang dank der Siege gegen Russland und Deutschland als Erfolg verbuchen, der überwiegend positiv besprochen wurde.
"Es gab sehr viel Positives bei den letzten Länderspielen. Aber im Fußball ist es halt so: Man muss sich immer wieder neu beweisen. Es kommt das nächste Spiel", weiß Foda.
Eine Niederlage könnte die Intensiv-Vorbereitung auf den Bosnien-Trip unruhiger gestalten, umso wichtiger ist ein Erfolgserlebnis. Dass es nach dem Schweden-Spiel höchste Zeit ist, dass endlich die Pflichtspiele losgehen, verhehlt jedoch auch Foda nicht: "Das Schönste für Spieler und Fans ist, wenn es um etwas geht. Das bringt noch einmal die letzte Anspannung, dann kommt noch mal der Adrenalinschub."
Den letzten Kick soll das Schweden-Spiel geben. Foda verspricht: "Wir werden eine Mannschaft auf den Platz bringen, die in der Lage ist, gegen Schweden zu gewinnen. Das ist das Wichtigste. Wir wollen, gerade wenn wir zu Hause in Österreich spielen, alles unternehmen, um das Spiel auch für uns zu entscheiden."
MÖGLICHE AUFSTELLUNGEN:
Österreich: Lindner (Grasshoppers Zürich/19 Länderspiele) - Dragovic (Bayer Leverkusen/65/1 Tor), Prödl (Watford/69/4), Hinteregger (FC Augsburg/31/3) - Lazaro (Hertha BSC Berlin/13/0), Grillitsch (1899 Hoffenheim/11/1), Ilsanker (RB Leipzig/29/0), Alaba (Bayern München/63/12) - Sabitzer (RB Leipzig/29/5), Arnautovic (West Ham United/72/19) - Gregoritsch (FC Augsburg/7/1)
Ersatz: Stankovic (Salzburg/0), Strebinger (Rapid Wien/0) - Ulmer (Salzburg/5/0), K. Wimmer (Hannover 96/8/0), Hierländer (Sturm Graz/2/0), F. Kainz (Werder Bremen/10/0), Lainer (Salzburg/7/0), Schaub (1. FC Köln/9/5), X. Schlager (Salzburg/4/0), Schöpf (Schalke 04/18/4), P. Zulj (Sturm Graz/4/0), Burgstaller (Schalke 04/19/1)
Es fehlt: Baumgartlinger (Innenbandriss im Knie)
Schweden: Nordfeldt (Swansea/8) - Krafth (Amiens/15/0), Jansson (Leeds/17/0), Helander (Bologna/4/0), Hult (AEK Athen/4/0) - Sema (Watford/5/0), Svensson (Seattle Sounders/16/0), Hiljemark (Genoa/24/2), Rohden (Crotone/12/1) - Quaison (Mainz/5/2), Guidetti (Alaves/22/1)
Ersatz: Johnsson (Guingamp/5), Olsen (AS Roma/23) - Lustig (Celtic Glasgow/70/6), Lindelöf (Manchester United/25/1), Granqvist (Helsingborg/77/8), Augustinsson (Werder Bremen/20/1), Durmaz (Toulouse/46/3), Sa. Larsson (Feyenoord/3/1), Thelin (Bayer Leverkusen/24/2), Claesson (Krasnodar/27/3), Se. Larsson (AIK Stockholm/104/6), Ekdal (Sampdoria/39/0), Berg (Al Ain/62/18)
Es fehlen: Forsberg (Leistenprobleme), Olsson (Wadenverletzung)