ÖFB-Sportdirektor Peter Schöttel steht vor einer Entscheidung, die Fußball-Österreich für die kommenden Jahre entscheidend prägen wird.
Nach der 1:2-Niederlage der österreichischen Nationalmannschaft in Wales und dem damit verbundenen Aus in der WM-Qualifikation ist Teamchef Franco Foda schwer angezählt. Kaum jemand rechnet noch mit einem Verbleib des ehemaligen Sturm-Coaches im höchsten Traineramt des Landes.
"Das Zeitfenster ist relativ klar: Aus meiner Sicht muss Ende April der Teamchef da sein, dann ist eh nur mehr ein Monat bis zum nächsten Lehrgang", sagt Schöttel am Freitag bei einer Pressekonferenz.
In den nächsten Tagen sollen die ersten Gespräche diesbezüglich beginnen, auch mit Franco Foda.
Pfiffe gegen Foda würden wehtun
Der 55-Jährige, der die Geschicke des ÖFB-Teams in den letzten viereinhalb Jahren leitete, könnte schon im Freundschaftsspiel gegen Schottland am kommenden Dienstag seine Abschiedsvorstellung geben.
Eine feindselige Stimmung dem noch-Teamchef gegenüber würde Schöttel wehtun. "Es können ja gegen andere Personen auch Unmutsäußerungen sein. Das wäre nicht schön", hält der ÖFB-Sportdirektor fest, der davon ausgeht, dass Innenverteidiger Aleksandar Dragovic im Ernst-Happel-Stadion seinen 100. Länderspiel-Einsatz absolviert.
Im Hinblick auf den Start in die Nations League im Sommer genießt die Teamchef-Frage höchste Priorität im Verband.
"Dass wir einen aktuellen Teamchef haben, wo der Vertrag jetzt ausläuft, ist bekannt. Es gibt einen ganz klaren Präsidiumsbeschluss, dass mit Franco gesprochen wird, wenn der Vertrag ausläuft. Diese Gespräche wird es definitiv geben", so Schöttel, der ein Profil für einen möglichen Nachfolger im Kopf hat.
"Ich weiß natürlich speziell, weil ich in den letzten Jahren sehr nah bei der Mannschaft war, was gefragt ist", sagt der Sportdirektor, der einmal mehr die spielerisch scheinbar unvereinbaren Unterschiede zwischen der "Red Bull Fraktion" und dem "Wiener Eck" anspricht (Mehr dazu >>>).
Diese unter einen Hut zu bringen, sein auch durch die mangelnde Vorbereitungszeit mit der Mannschaft schwierig, beteuert Schöttel.
"Hier hast du sehr wenig Zeit. Hier hast du kaum mehr Zeit zum Trainieren. Wenn ich an meine Zeit denke, da gab es noch Trainingslager, da gab es noch Freundschaftsspiele. Hier gibt es im Abstand von drei Tagen Bewerbsspiele. Hier muss alle sehr rasch funktionieren", sagt der ÖFB-Sportdirektor.
"Egal, ob der Teamchef Franco Foda bleibt, oder wer neuer kommt, mit der Situation muss er umgehen, dass wir eine sehr vehement kommende Red-Bull-Thematik haben."
Viele Kompetenzen notwendig
Doch zurück zu den Anforderungen, die der Teamchef erfüllen muss. Schöttel nennt explizit Aspekte, denen entsprochen werden muss.
"Der Teamchef - und ich nehme immer Franco dazu, der ja einer dieser Leute sein wird, mit denen ich reden werde - braucht Fachkompetenz, er braucht ein Standing. Er braucht soziale Kompetenz, Methodenkompetenz, muss rasch vermitteln können. Er braucht Selbstkompetenz, wie geht er mit Kritik um?", so Schöttel, der abermals die kurze Vorbereitungszeit mit der Mannschaft in den Blickpunkt stellt.
"Wie geht er damit um, dass er kaum trainieren kann? Da geht es nicht nur um Stimmung machen, da geht es um Entscheidungen die rasch zu treffen sind. Es geht darum, das Beste für die nächsten Jahre zu finden. Im Juni beginnen wir mit Spielen gegen den Weltmeister, den Vize-Weltmeister und den Angstgegner der letzten WM-Qualifikation".
"Ich weiß, was die nächsten Schritte sind"
Erstmals in der Ära Foda seien die so wichtigen Resultate ausgeblieben, stellt Schöttel klar: "Ergebnisse gab es mit der EURO, der Quali, mit der Nations League und jetzt haben wir den ersten Bewerb nicht bestanden. Das ist leider Gottes kein Einzelfall. Es ist in den letzten zwei Jahrzehnten permanent passiert, dass wir nicht bei der WM waren. Es ist immer noch so, dass es uns wahnsinnig ärgert, aber wir werden seriös an die Sache herangehen".
So habe es auch noch keine Gespräche mit möglichen Nachfolgern des 55-Jährigen gegeben, beteuert Schöttel. Auch nicht im Herbst, als die Situation um das Nationalteam nach einer herben Klatsche in Israel äußerst düster erschien.
"So wie das letzte Jahr verlaufen ist, war ich im Herbst schon vorbereitet, auf ein mögliches Szenario. Der letzte Lehrgang hat dann so geendet wie er enden hat müssen, mit den zwei Heimsiegen", erklärt Schöttel die Beweggründe für das Festhalten an Foda. Auch dem Umstand geschuldet, dass die Qualifikation für das WM-Playoff unter dem Deutschen erreicht wurde, wurde berücksichtigt.
Zwar habe es noch keine Gespräche mit möglichen Kandidaten gegeben, doch Schöttel zeigt sich für seine kommenden Aufgaben fokussiert.
"Ich hab Infos, ich weiß, was die nächsten Schritte sind. Ich bin natürlich auch im engen Kontakt mit Leuten denen ich sehr vertraue und die mich da definitiv unterstützen", so der ÖFB-Sportdirektor, der die Identitäten seiner Vertrauten noch nicht preisgeben möchte. Es seinen jedenfalls Personen, die selbst schon Trainer ausgesucht hätten und zu denen Schöttel sehr großes Vertrauen hätte.
Überschaubare Anzahl an Kandidaten
Zu ausufernd soll die Liste an möglichen Foda-Nachfolgern jedenfalls nicht sein.
Schon 2017 war Schöttel federführend in die Bestellung eines neuen Teamchefs eingebunden, die Wahl des Präsidiums fiel seinerzeit auf Franco Foda. Die damals gemachten Erfahrungen sollen auch diesmal mit einfließen.
"Das war schon im Herbst 2017 meine erste Aufgabe. Damals habe ich, glaube ich mit 15 Trainern aus dem In- und Ausland gesprochen. Ich denke, dass es auch diesmal eine ähnliche Anzahl sein wird", sagt der Sportdirektor, der seine Liste mit der Zeit eingrenzen wird.
Ob der 54-Jährige rückblickend etwas ändern würde? Diese Frage verneint Schöttel. Möge der ÖFB-Sportdirektor in ein paar Jahren auch die nächste Teamchef-Bestellung ohne Reue Revue passieren lassen können.