Spätestens am Umstand, dass Stefan Posch zum kolportierten Interesse von Jose Mourinho und der AS Roma befragt werden kann, erkennt man, dass die abgelaufene Saison für den Bologna-Legionär nicht so schlecht gelaufen ist.
Dies wiederum ist ein recht gutes Beispiel dafür, dass Karrieren mitunter ganz anders verlaufen können, als man selbst glaubt.
Denn einen Wechsel in die Serie A hatte der 26-Jährige eigentlich selbst nicht so richtig auf der Rechnung.
"Eigentlich war es für mich selbst echt überraschend, dass es Italien geworden ist, denn es war nicht mein primäres Ziel, dorthin zu wechseln. Aber es hat sich dann so ergeben und gut gepasst. Also habe ich mir gedacht: Ich probiere es einmal. Es ist etwas ganz anderes. Bis jetzt hat es sich jedoch ausgezahlt", unterstreicht Posch.
Positiv und ereignisreich
Zur Erinnerung: Der Steirer startete noch als Innenverteidiger der TSG Hoffenheim in die Spielzeit, sah jedoch am ersten Spieltag nach knapp 20 Minuten Gelb-Rot und war fortan seinen Stammplatz los.
Entsprechend forcierte er kurz vor Transferschluss einen leihweisen Last-Minute-Abschied. Ein Jahr später ist er Rechtsverteidiger und nach dem Ziehen der Kauf-Option mit einem Dreijahres-Vertrag in Bologna ausgestattet.
Zudem bejubelte er sechs Saison-Tore, womit er als erster Serie-A-Verteidiger seit über 20 Jahren mehr als fünf Treffer in einer Saison erzielt hat.
"Für mich persönlich war es eine sehr positive und ereignisreiche Saison, weil mit dem Vereins-Wechsel viele neue Dinge und Abläufe auf mich zugekommen sind. Es war eine ganz neue Erfahrung", betont Posch.
Sechs Tore? "Eigentlich ein Wahnsinn"
"Ich glaube, für mich war eine neue Umgebung, eine neue Herausforderung, einfach eine neue Motivation wichtig."
Worauf es zurückzuführen sei, dass Bologna für ihn ein derartiges Erfolgs-Kapitel wurde? "Ich glaube, für mich war eine neue Umgebung, eine neue Herausforderung, einfach eine neue Motivation wichtig. Zudem ist es vielleicht auch ein wenig dem Positionswechsel geschuldet, dass ich als Rechtsverteidiger ein wenig mehr nach vorne komme."
Der letzte Gedanke spielt auf die Torausbeute an. "Eigentlich ein Wahnsinn! Sechs Tore sind schon echt nicht wenig, vor allem für einen Verteidiger", staunt der ÖFB-Teamspieler selbst ein wenig.
Vor allem findet er: "Ich bin ja eigentlich nicht der Außenverteidiger, der nur vorne rumläuft, sondern oftmals der eher defensivere Außenverteidiger. Wir spielen oft mit drei Spielern im Aufbau, das heißt, ich würde sagen, ich bin so ein IV/RV-Mix. Dafür sind sechs Tore nicht schlecht!"
Man kennt es bei Stürmern, dass sie mitunter in einen Lauf kommen - Posch erging es ähnlich: "Natürlich kommt dann das Selbstvertrauen oder der Flow. Wenn es läuft, kriegst du die Bälle. Es gibt auch Phasen, in denen die Bälle nicht kommen."
Der Knoten platzte schon in Hoffenheim
Die Ausbeute dieser Saison ist umso bemerkenswerter, wenn man bedenkt, dass Posch in seinem Karriereverlauf zuvor nicht gerade als personifizierte Torgefahr galt.
Man sollte nicht vergessen, dass es sein Kopfball-Treffer war, der im Oktober 2019 in Slowenien den vorentscheidenden Nationalteam-Sieg am Weg zur EURO 2020 sicherstellte.
Aber sonst gelang ihm auf Profi-Ebene vor dem gegnerischen Gehäuse lange nichts: "In Hoffenheim habe ich lange gebraucht, bis ich mein erstes Tor gemacht habe. Am Ende waren es letzte Saison vor dem Wechsel zwei. Das war der Anfang. Ich denke, dieser Knoten hat erst mal platzen müssen. Jetzt hat es noch besser geklappt."
Abschlüsse, Kopfbälle - Posch widmet dem Thema seit etwa drei Jahren auch nach dem Training noch zusätzliche Zeit, daher steckt auch gezielte Arbeit dahinter: "Daher kam es nicht so überraschend für mich, aber sechs Tore konnte man natürlich nicht erwarten."
Kicken, kicken, kicken vs. Pressing, Pressing, Pressing
Dass sein Arbeitgeber die Kauf-Option auf ihn gezogen hat, war für ihn naheliegend. "Ich wäre ein bisschen überrascht gewesen, wenn sie das nicht gemacht hätten", grinst der Steirer.
Wie lange der ÖFB-Legionär tatsächlich in Bologna bleibt, wird sich weisen. Aus seinen Ambitionen, im internationalen Geschäft aufzulaufen, macht er kein Geheimnis. Der Tapetenwechsel nach sieben Jahren Hoffenheim ließ ihn jedenfalls eine andere Idee des Fußballs kennenlernen.
"Ich spiele auch gerne Innenverteidiger, aber zurzeit sehe ich mich schon mehr rechts, was mir vielleicht auch einen kleinen Vorteil im Nationalteam verschafft, denn in der Mitte haben wir einfach viel mehr Optionen als rechts."
"Ich persönlich finde, dass die deutsche Bundesliga ein wenig intensiver ist, was die Körperlichkeit und die Dynamik betrifft. Dafür ist die Serie A fußballerisch besser. In Deutschland heißt es Pressing, Pressing, Pressing, in Italien kicken, kicken, kicken."
In diesem Umfeld entwickelte sich Posch zum Rechtsverteidiger weiter. Auf dieser Position half er auch schon zuvor bisweilen aus, aktuell sieht er es als seine feste Rolle:
"Ich habe jetzt fast das ganze Jahr rechts gespielt. Ich spiele auch gerne Innenverteidiger, aber zurzeit sehe ich mich schon mehr rechts, was mir vielleicht auch einen kleinen Vorteil im Nationalteam verschafft, denn in der Mitte haben wir einfach viel mehr Optionen als rechts."
Italienisch? Luft nach oben
So gut es sportlich lief, alle Hausaufgaben hat Posch nach rund neun Monaten Italien noch nicht erledigt. In Sachen Italienisch-Kenntnisse gibt es noch Luft nach oben.
"Ich nehme regelmäßig Unterricht. Unser Trainer spricht auch kein Englisch, deswegen ist es natürlich nicht schlecht, wenn ich Italienisch verstehe. Ich verstehe es auch sehr gut, aber sprechen ist noch schwierig. Aber ich kann mich verständigen, die Fußballer-Sprache lernt man eh schnell", schmunzelt Posch.
Da er sich nicht nur mit Marko Arnautovic in seiner Muttersprache unterhalten kann, ist der Italienisch-Leidensdruck allerdings eher gering: "Wir sind sehr international, fünf Spieler sprechen Deutsch. Wenn man viel Deutsch spricht, ist es schwierig mit dem Italienisch."