Es ist alles andere als ein Geheimnis: Das 52. Länderspiel unter der Anleitung von Marcel Koller könnte sein letztes sein.
Gegen Georgien rückt der Schweizer unter die Top-3 in der Geschichte österreichischer Teamchefs auf. Vor ihm rangieren nur Hugo Meisl (129 Spiele) und Josef Hickersberger (56 - allerdings in zwei Amtszeiten). Herbert Prohaska (51) lässt er am Dienstag hinter sich.
"Ich bin nicht so der Statistiker, also hat es für mich aktuell nicht die große Bedeutung, aber es ist natürlich eine Auszeichnung, wenn man so lange dabei sein kann. Österreich spielt ja schon lange Fußball. Ich weiß als Trainer, wie schnell es gehen kann und wie gefährlich dieser Posten ist", erklärt der Schweizer.
Koller über seine Zukunft:
(Text wird unter dem Video fortgesetzt)
"Natürlich gibt es einen Unterschied zwischen Nationalteam und Klubebene, aber es ist auch meine längste Zeit, die ich bei einer Mannschaft bin. Ich freue mich, dass bis jetzt alle so lange ausgehalten haben und mit den Spielern ein gutes Einverständnis herrscht. Wir haben auch gute Ergebnisse erzielt. Dass es aktuell ein bisschen schwieriger ist, ist auch klar, aber das gehört zum Trainergeschäft", so Koller weiter.
Keine Zeit für Zukunftsfrage
Der 52. Auftritt des Eidgenossen auf der rot-weiß-roten Länderspiel-Bühne wird eindeutig von der Frage überschattet, ob - und wenn ja, wann - für ihn der letzte Vorhang fallen wird.
Von Spieler-Seite gibt es die Zurufe, doch bitte zu bleiben, wie das eindringliche Plädoyer von Stefan Ilsanker zeigt. Die ÖFB-Bosse wiederum spielen auf Zeit. Koller selbst wählt eine ähnliche Strategie.
Nachbetrachtung der Niederlage in Wales, Studium des Georgien-Spiels gegen Irland, Video-Analyse mit der Mannschaft, dazu die Trainings - für eine genaue Erörterung der eigenen Zukunft bliebe da vor dem Aufeinandertreffen mit den Osteuropäern nicht genügend Zeit.
Positive und negative Argumente auschreiben
Freilich: Auch Koller wird ein Bauchgefühl haben, ob er als ranghöchster Trainer Österreichs weitermachen möchte, oder ob seine Zeit abgelaufen ist. Aber beim 56-Jährigen hat noch nie alleine der Bauch entschieden, der Kopf spielt eine große Rolle. Auch bei seinen bisherigen Vertragsverlängerungen nahm er sich die notwendige Zeit.
So erinnert er an die Situation im Herbst 2013, als er ein Angebot des Schweizer Verbandes auf dem Tisch liegen hatte, aber sich gegen den Job bei der Nationalmannschaft seines Heimatlandes entschieden hat:
"Derzeit komme ich nicht dazu, mal abzuschalten und mich zu fragen: Ist es möglich, dass man weiter zusammenarbeitet oder sollen wir das beenden? Da bitte ich um Geduld. Ich habe schon gute Erfahrungen gemacht, wenn man alles ein bisschen setzen lässt und sich die positiven und negativen Gedanken aufschreibt. Dann kann man die richtige Entscheidung treffen, und ich glaube, das ist auch richtig. Ich habe das vor längerer Zeit, als die Schweiz aktuell war, auch gemacht und mich für Österreich entschieden. Ich möchte nicht aus dem Blauen heraus entscheiden und dann vielleicht unzufrieden sein oder nicht das bringen können, was notwendig ist, um in diesem Job erfolgreich zu sein."
Auch Koller will im September Klarheit
Fest steht: Koller ist in diesem Poker als erster am Zug. Das weiß er auch: "Ich möchte mir meine Gedanken machen, und wenn die klar sind, wird es die Gespräche mit dem ÖFB geben." Wobei es dann natürlich auch dem Fußballbund freistünde, eine Entscheidung gegen Koller zu treffen.
Spannend wird der Zeitrahmen. ÖFB-Präsident Leo Windtner spricht sich für eine Entscheidung noch im September, also vor den beiden abschließenden WM-Qualifikations-Spielen gegen Serbien und in Moldawien, aus.
Eine Meinung, der sich Koller anschließt: "Ich denke schon, dass es Sinn hat, das vor dem nächsten Lehrgang zu machen." In den ein, zwei Tagen nach dem Georgien-Match soll es jedoch noch nicht so weit sein.
Spannend werden so gesehen die Ergebnisse der Dienstags-Spiele. Denn sollte Österreich bei einem Sieg gegen Georgien und entsprechend günstigen Ergebnissen in den Parallel-Spielen unverhofft doch noch Chancen auf den zweiten Platz haben, würde es auf der Hand liegen, dass der Schweizer für die beiden Oktober-Länderspiele so oder so weiter im Amt bleibt.
Eine Einschätzung, die der Teamchef unterschreibt: "Das ist alles Theorie! Aber wenn es so läuft, ist es ja kein Problem, dass man zum Telefon greift und sagt: 'Okay, wir verschieben das auf das nächste Monat.' Es ist ja nicht in Stein gemeißelt, sondern das ist die aktuelle Situation, die natürlich auch Enttäuschung beinhaltet. Sollte es morgen anders aussehen, kann man das kurzfristig anders besprechen und anders veranlassen."
"Ich weiß, wie ich mich wieder aufbaue"
Sportdirektor Willi Ruttensteiner hat nach dem Wales-Spiel vom Feuer, das in Koller im Hinblick auf die Wales-Partie gelodert hat, erzählt. Dieses ist auch nach der Niederlage in Cardiff nicht erloschen.
Der 56-Jährige betont, dass der Rückschlag seine Arbeit nicht behindert: "Ich bin lange genug Profi. Ich weiß, was ich bringen muss oder sollte, um das Team wieder richtig einzustellen. Da haue ich mich voll rein und alles andere hat hintenanzustehen und interessiert mich eigentlich nicht. Ich weiß auch, wie ich mich persönlich wieder aufbaue oder was ich brauche. Da verbeiße ich mich in den Fußball, weil ich weiß, dass es ein wichtiges Spiel ist. Ob ich Probleme habe oder nicht, ob ich überhaupt hier bleiben möchte, ist jetzt nicht wichtig. Wenn man hochprofessionell ist, muss man das auf die Seite legen."
Dass es von Spielerseite her Zuspruch gibt, freut den ÖFB-Chefcoach aber natürlich: "Es ist schön, dass die Chemie passt und wir korrekt miteinander umgehen."