Schon klar, die Marktwerte der Kollegen bei "transfermarkt" sind eine fiktive Angelegenheit. Trotzdem sind sie ein guter Indikator für das Standing eines Spielers.
Oder im konkreten Fall von rot-weiß-roten Vertretern einer speziellen Position im internationalen Geschäft.
Denn man muss eine Zeit lang suchen, bis man den ersten österreichischen Torhüter findet, wenn man alle Goalies dieser Welt nach ihrem Marktwert reiht.
Konkret findet sich Watford-Legionär Daniel Bachmann mit 2,5 Millionen Euro auf dem geteilten 170. Platz wieder.
Seine ÖFB-Konkurrenten Niklas Hedl (1,8 Mio.), Patrick Pentz (1,5 Mio.) und Alexander Schlager (1 Mio.) werden niedriger bepreist. Heinz Lindner (800.000) bewies vor seiner Erkrankung jedoch, dass es keinen allzu hohen Marktwert braucht, um gute Nationalteam-Leistungen bringen zu können.
Gegen Belgien wird mit Schlager "nur" die Nummer drei dieser Reihenfolge den Vorzug bekommen>>>.
Die Herausforderung Courtois
Trotzdem, und das sind bekanntlich wahrlich keine Breaking News: Am internationalen Markt sind ÖFB-Torhüter bei weitem nicht so gefragt, wie dies wünschenswert wäre.
Zum Vergleich die aktuell "teuersten" Schlussmänner: Gianluigi Donnarumma (PSG, 50 Mio.) führt vor Alisson (FC Liverpool), Diogo Costa (FC Porto), Ederson und einem gewissen Thibaut Courtois (Real Madrid), die jeweils mit 45 Millionen Euro eingestuft werden.
Am Samstag wird auf Österreichs Offensive die Herausforderung, den belgischen Superstar-Goalie Courtois zu bezwingen, warten. Gut möglich, dass sein Marktwert höher wäre, wäre er jünger - der inzwischen 31-Jährige wurde Anfang 2021 noch auf 75 Millionen Euro geschätzt.
101 Länderspiele hat Courtois inzwischen für Belgien bestritten, und man kann nicht behaupten, dass die Konkurrenz gering war. So hält etwa ein Könner wie Wolfsburg-Goalie Koen Casteels, der inzwischen auch schon 30 ist, bei gerade einmal fünf Länderspielen.
Ein Gerangel wie in der Schweiz
"Natürlich ist es eine Zielsetzung für die nächsten Jahre, dass wir eine Nation werden, in der es eine klare Nummer eins über eine lange Zeit gibt. Oder zwei, drei Kandidaten, die sich so wie in der Schweiz konkurrieren. Das ist hilfreich", erklärt mit Michael Gspurning der neue Tormanntrainer des ÖFB-A-Teams.
Dank Yann Sommer (FC Bayern München) und Gregor Kobel (Borussia Dortmund) war diese Saison frühzeitig klar, dass ein Schweizer Goalie deutscher Meister wird.
Mit Jonas Omlin (Borussia Mönchengladbach), Yvon Mvogo (Lorient) oder Philipp Köhn (FC Red Bull Salzburg) stehen weitere gute Kandidaten parat. Letzterer etwa spielte bei den "Bullen" eine herausragende Saison, zu einem Länderspiel-Einsatz hat es noch nicht gereicht.
Mehrere Klasse-Keeper, die auch international gefragt waren, standen Österreich letztmals in den 90ern zur Verfügung, als Michael Konsel, Franz Wohlfahrt und Otto Konrad um den Platz im ÖFB-Tor ritterten und es jeweils auch in eine Top-5-Liga geschafft haben.
Das nötige Problembewusstsein
Wieder eine Tormann-Nation zu werden, geht nicht von heute auf morgen. Das nötige Problembewusstsein ist im ÖFB vorhanden.
Während Gspurning, im Hauptberuf Tormanntrainer beim deutschen Bundesligisten Union Berlin, für die unmittelbare Vorbereitung der jeweiligen Nationalteam-Torhüter auf Länderspiele zuständig ist, obliegt die strategische Aufbereitung dieses Themas im ÖFB anderen.
Konkret Günter Kreissl als Head of Goalkeeping und Roland Goriupp, der die Ausbildung der Tormanntrainer verantwortet.
"Ich will, dass die österreichischen Torhüter besser werden, und damit meine ich nicht nur die, die für das A-Team in Frage kommen."
Logischerweise ist es jedoch auch in Gspurnings Interesse, dass in diesem Bereich möglichst viel weitergeht.
Eine Task Force in Sachen Torhüter
"Die Zielsetzung, dass wir in der Ausbildung und Entwicklung etwas machen, muss schon da sein", unterstreicht der Steirer.
Konkret soll eine Task Force gebildet werden. "Es wird international geschaut, was wir verbessern und wie wir es besser machen können. Günter Kreissl ist an mich herangetreten und ich bin natürlich sehr gerne dabei", berichtet Gspurning und meint weiter:
"Denn es ist natürlich auch in meinem Interesse. Ich will, dass die österreichischen Torhüter besser werden, und damit meine ich nicht nur die, die für das A-Team in Frage kommen."
Kommende Woche wird Gspurning einem Termin bei der Trainerausbildung beiwohnen. Dort wird mit Patrick Foletti auch jener Trainer zu Gast sein, der maßgeblich für die Entwicklung am Schweizer Torwart-Sektor verantwortlich ist.
Der österreichische Weg
LAOLA1 unterhielt sich vor einigen Wochen in Sachen Köhn mit Foletti, in diesem Text erklärte er unter anderem auch, an welchen Stellschrauben er anfangs drehen musste:
"In erster Linie ging es darum, eine einheitliche Philosophie auf die Beine zu stellen. Die Schweiz ist klein, wir haben aber drei Kulturen, drei Sprachen und so hatten wir drei Arten, das Torwarttraining zu sehen."
Gspurning legt Wert darauf, dass man sich genau solche Inputs holen müsse, am Ende jedoch selbst festlegen müsse, was in Österreich die beste Lösung ist.
"Der Austausch ist wichtig, man kann sich Aspekte holen. Ich glaube aber nicht, dass wir nur kopieren sollten. Wir müssen schauen: Was sind gute Punkte, die woanders gemacht werden? Und dann suchen wir uns den österreichischen Weg."
Wichtig ist, dass diesem Thema eine erhöhte Priorität beigemessen wird. Die Messbarkeit des Erfolgs der Maßnahmen sollte im Vergleich zum Status quo nicht allzu schwierig sein - und wenn es in einigen Jahren die Marktwerte sind, auf die es ÖFB-Goalies bringen...