Dass Österreich momentan nicht mit einer Vielzahl an teamtauglichen Linksverteidigern gesegnet ist, ist hinlänglich bekannt.
Teamchef Ralf Rangnick wagte deshalb in der Vergangenheit schon einige Experimente auf dieser Position. Nur wenige haben ihm aber so gut gefallen wie jenes am Dienstag:
Im Testspiel gegen Serbien (Spielbericht>>>) testete der Deutsche den gelernten Mittelfeldspieler Alexander Prass erstmals über 90 Minuten linkshinten aus. Das Ergebnis?
Prass überzeugte. Der Linksfuß ist für die anstehende EURO auf dieser Position nun eine echte Alternative zu Rechtsfuß Phillipp Mwene und dem wohl in der Innenverteidigung benötigten Max Wöber.
(Text wird unter dem VIDEO fortgesetzt)
Sonderlob vom Teamchef
"Ich habe ihn heute sehr gut gesehen, vor allem als Linksverteidiger", hebt Rangnick Prass auf der Pressekonferenz nach der Partie hervor. "Er hat nicht nur nach vorne gute Aktionen gehabt - die ein oder andere Hereingabe hätte er sicher besser spielen können - aber alleine, wie er verteidigt hat, auch in Eins-gegen-Eins-Situation, war richtig gut. Das war eine der positiven Erkenntnisse des heutigen Spiels."
Die Statistik unterstreicht Rangnicks Wahrnehmung: Prass konnte zehn seiner zwölf Zweikämpfe an diesem Abend für sich entscheiden, zudem gelangen ihm aus sieben Versuchen fünf erfolgreiche Klärungsaktionen. Einzig die Flankenstatistik ist bei null von fünf angekommen Hereingaben ausbaufähig.
Und wie sieht der frischgebackene Doublesieger selbst seinen Auftritt? "Ich denke, er war in Ordnung, es geht aber natürlich immer besser. Die Flanken sind mir heute nicht so gelungen, speziell in der ersten Hälfte."
Dafür lief es defensiv um so besser: "Das meiste habe ich im Verbund mit meinem Mitspielern ganz gut wegverteidigt. Es ist wichtig, dass wir immer zusammenhelfen und keinen ganz alleine lassen. Das haben wir heute richtig gut gemacht."
Keine ganz neue Position für Prass
Eingewöhnung brauchte der dribbelstarke Linksfuß, der sich normalerweise als Spielgestalter im linken zentralen Mittelfeld am wohlsten fühlt, auf der Linksverteidigerposition kaum: "Es ist nicht so weit weg von meiner üblichen Position im Verein. Hier und da habe ich diese Position im Nationalteam auch schon gespielt."
Überhaupt gefällt ihm das Linksverteidiger-Dasein recht gut: "Es ist cool, wenn du von hinten Tempo aufnehmen, wenn du hinterlaufen, wenn du weite Wege machen kannst."
Auch bei seinem Klub, dem SK Sturm, hilft Prass gelegentlich als Linksverteidiger bzw., wenn die Grazer mit Dreierkette agieren, als linker Wingback aus. Erstmals auf dieser Position wurde der Oberösterreicher aber noch zu Salzburger Zeiten ausgetestet.
Der 23-Jährige durchlief ab seinem elften Lebensjahr bekanntlich die Red Bull Akademie. 2021 musste Prass die Mozartstadt allerdings verlassen, da ihm kein Profivertrag angeboten wurde; der SK Sturm schlug zu.
Rangnick verrät Fast-Rückholaktion von Salzburg
Nur ein Jahr darauf dachte man in Salzburg allerdings schon eine Rückholaktion an, wie Rangnick am Dienstagabend verriet:
"Jetzt kann ich ja ein bisschen aus dem Nähkästchen plaudern, weil Christoph Freund nicht mehr in Salzburg ist: Vor zwei Jahren hatte ich ein längeres Gespräch mit Christoph, als Salzburg darüber nachgedacht hat, ihn als Linksverteidiger zu verpflichten. Man war sich nicht so ganz sicher, ob er diese Position spielen kann. Ich glaube, das Spiel heute hat diese Frage endgültig beantwortet."
Bei solchen Worten des Teamchefs darf man durchaus damit spekulieren, die EURO mehr als nur von der Bank aus zu verfolgen, oder Alexander Prass?
"Ich spekuliere mit gar nichts. Ich versuche einfach, gute Leistungen zu bringen, wenn ich die Chance bekomme. Ich nehme jede Rolle, die mir der Teamchef erteilt, an", winkt er ab.
Neutral betrachtet ist Prass spätestens seit Dienstag eine ernsthafte Alternative auf der Linksverteidiger-Position. Seine Leistung gegen Serbien war mehr als EURO-tauglich.