Wenn das ÖFB-Nationalteam am Donnerstagabend im WM-Playoff-Halbfinale in Cardiff auf Wales (20:45 Uhr im LIVE-Ticker) trifft, heißt es: Siegen oder Fliegen.
Bei einem Erfolg gegen die Waliser stünde Österreich im Playoff-Weg A im Finale und würde im Juni ein Heimspiel gegen Schottland oder die Ukraine um das Ticket für die WM-Endrunde in Katar bestreiten. Bei einer Niederlage ist das Unterfangen Weltmeisterschaft hingegen endgültig beendet und Teamchef Franco Foda wäre seinen Job vermutlich los.
Rein von der Weltranglisten-Position ist die auf Platz 20 liegende Mannschaft rund um Real-Star Gareth Bale gegenüber Österreich (Weltranglisten-30.) zu favorisieren, zudem spricht eine Statistik deutlich gegen das ÖFB-Team.
Unter der Ägide des 55-jährigen Foda konnte Österreich noch kein einziges Spiel gegen eine besser platzierte Mannschaft gewinnen. Ein Umstand, der dem Teamchef allerdings keine Sorgen bereitet: "Dann wird es Zeit, eine besser platzierte Mannschaft zu schlagen!"
Foda: "Man kann Statistiken so auslegen, wie man möchte"
Für den Deutschen gehe es vielmehr darum, was das ÖFB-Team in den vergangenen vier Jahren unter seiner Leitung erreicht habe. "Das ist entscheidend", erklärt Foda auf der Abschluss-Pressekonferenz in Cardiff. Natürlich könne man "Statistiken so auslegen, wie man möchte. Es gibt unterschiedliche Sichtweisen, wir wollen das aber korrigieren."
Generell müsse den Spielern nicht vermittelt werden, wie wichtig das Playoff-Duell in Wales ist. "Jeder weiß, worum es geht. Das merkt man bei jeder Aussage", sagt Foda. "Wir wollen das Spiel einfach gewinnen. Wir können jetzt wieder etwas Besonderes, sogar Historisches erreichen. Es ist ein großer Traum, uns für die WM zu qualifizieren."
Alaba: "Natürlich fehlt auch mir das WM-Erlebnis"
Ein Traum, den auch ÖFB-Kapitän David Alaba hegt: "Natürlich fehlt auch mir das WM-Erlebnis. Es ist ein Turnier, wo man dabei sein möchte. Bei einer Weltmeisterschaft spielen zu dürfen, ist für jeden Fußballer ein Traum. Wir wollen alles dafür tun, uns zu qualifzieren bzw. einen Schritt weiterzukommen."
Das Spiel habe einen "hohen Stellenwert, wir wissen alle, worum es geht. Dementsprechend wollen wir morgen auch auftreten", so der gebürtige Wiener. Auch der Teamchef weiß, dass es am Donnerstag "um alles geht."
"Kleinigkeiten werden entscheiden, wir sind aber sehr positiv gestimmt", gibt der Mainzer zu Protokoll. Es sei zwar nur eine kurze Vorbereitungsphase gewesen, "wir haben inhaltlich aber alles vermittelt und gehen davon aus, dass wir gut vorbereitet sind."
Wales seit November 2018 zuhause ungeschlagen - Foda sieht Parallelen zu Slowenien 2019
Im Abschlusstraining, welches noch am Mittwochabend im Cardiff City Stadium über die Bühne gehen wird, "werden wir uns noch einmal ansehen, wie wir mit und gegen den Ball agieren. Die Mannschaft arbeitet sehr konzentriert und fokussiert", grinst der langjährige Teamchef über die Arbeitsmoral seiner Spieler.
Diese ist auch bitter nötig, denn die Aufgabe in Cardiff ist ungeachtet der Weltranglisten-Positionen eine alles andere als einfache. Auf der britischen Insel werden 33.000 Fans als zwölfter Mann hinter den "Dragons" stehen, zudem ist Wales seit 16 Heimspielen ungeschlagen. Im November 2018 setzte es in der UEFA Nations League gegen Dänemark die letzte Niederlage.
Der Heimstärke der Waliser ist sich Foda bewusst, er verweist gleichzeitig auch auf ein Spiel in der EM-Qualifikation im Oktober 2019. Damals trat Österreich die schwierige Reise nach Slowenien an, das zuvor über eineinhalb Jahre zuhause nicht besiegt werden konnte. Das ÖFB-Team durchbrach diese Serie mit einem 1:0-Sieg und stieß damit das Tor zur EM sperrangelweit auf.
Nichtsdestotrotz erwartet Alaba einen Gegner, "der sehr aggressiv sein wird. Sie spielen viel mit hohen Bällen, gehen auf die zweiten Bälle. Von dort wollen sie ihr Spiel durchziehen. Wir haben uns ein bisschen etwas angesehen und kennen ihre Stärken. Wir müssen wachsam sein und dagegenhalten, damit wir erfolgreich sind", kennt der ÖFB-Star die Schlüsselpunkte für einen Erfolg.
Wegen "Alles-oder-Nichts-Spiele lieben wir den Fußball"
Solche "Alles-oder-Nichts-Spiele", wie es am Donnerstag der Fall sein wird, mag Alaba. "Dafür spielen wir auf diesem Niveau, dafür lieben wir den Fußball. Es sind solche Spiele, wofür man täglich hart arbeitet. Dementsprechend ist die Freude auf solche Spiele auch sehr groß."
Der Defensiv-Allrounder von Real Madrid wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in der Startelf stehen, die laut Teamchef Foda "im Prinzip auch feststeht." Nur auf einer Position könnte sich noch etwas ändern, "da haben wir eine Überlegung." Dabei soll es sich um Xaver Schlager handeln, der Florian Grillitsch im Mittelfeld ersetzen könnte.
"Wenn man auf den Platz geht, muss man mit Lockerheit aufspielen."
Für den Teamchef wiegt der Ausfall des Hoffenheim-Legionärs, der aufgrund eines positiven Corona-Tests nicht zum Nationalteam anreisen konnte, besonders schwer. "Er war ein fixer Bestandteil der Mannschaft, auch Philipp Lienhart", konstatiert Foda. Man wisse aber, "wie wir spielen wollen. Wir haben eine klare Idee und welche Spieler spielen werden."
Die ÖFB-Akteure wissen auch bereits, wer von Beginn an Gareth Bale und Co. gegenüber stehen wird. Aufgrund der kurzen Vorbereitungszeit, "darfst du im Training nicht zu viele Ideen haben, musst dich schnell positionieren", erklärt der Mainzer.
Für Foda ist es nicht das wichtigste Spiel der Trainerkarriere
Schnell positionieren werden sich wohl auch die Verantwortlichen des österreichischen Fußball-Bundes, falls bereits am Donnerstagabend das endgültige WM-Aus erfolgt. Denn Fodas Vertrag läuft nur noch bis Ende März, Sportchef Peter Schöttel kündigte zumindest schon an, dass der Deutsche auch im Freundschaftsspiel am kommenden Dienstag in Wien auf der Trainerbank Platz nehmen werde.
Alles darüber hinaus, lässt sich derzeit allerdings nur mutmaßen. Ob es daher das wichtigste Spiel in seiner Trainerkarriere werde? Foda verneint deutlich: "Nein. In meiner gesamten Karriere hatte ich schon extrem wichtige Spiele, wo es auch um Meisterschaften ging. Gerade beim Nationalteam sind alle Spiele wichtig, auch jenes morgen ist von großer Bedeutung."
Er erwartet sich von seinen Spielern "eine gewisse Lockerheit, wir wollen mit der notwendigen Leichtigkeit spielen." Anspannung vor dem Spiel sei zwar gut, "aber wenn man auf den Platz geht, muss man mit Lockerheit aufspielen."
Lockerheit, welche das ÖFB-Nationalteam wohl zuletzt bei der Europameisterschaft im Achtelfinale gegen Italien ausstrahlte und seitdem schmerzlichst vermissen ließ.