Sportwissenschafter Gerhard Zallinger möchte die ÖFB-Spieler rechtzeitig vor dem Beginn der EM in eine körperliche Topform bringen.
Dabei balanciert der Oberösterreicher mit den Kickern an der Belastungsgrenze und muss in den Einheiten bis zum ersten Spiel gegen Nordmazedonien in Bukarest (13. Juni, 18:00 Uhr) die Balance zwischen Belastung und Regeneration finden.
Beim Training kommen dafür spezielle Westen, die mit GPS-Trackern ausgestattet sind, zum Einsatz. Die Sensoren zeichnen auf, welche Anstrengungen auf die Spieler einwirken und wer wie viele Kilometer in welchen Intensitätsbereichen zurücklegt. "Anhand der Daten versuchen wir, den Zielbereich genau zu treffen, dass niemand unterfordert, aber auch nicht überfordert ist", erklärt Zallinger.
Spezielle Situation
Die Vorbereitung auf die EM ist laut dem Sportwissenschafter nicht mit der Vorbereitung eines Klubs auf eine neue Saison zu vergleichen, weil die Spieler derzeit voll im Saft stehen. "Und bis zum ersten Gruppenspiel haben wir ohnehin nur 16 oder 17 Trainingstage. Da ist die Zeit zu kurz, um Kondition zu tanken", sagt Zallinger.
In dieser Phase ist vor allem Fingerspitzengefühl gefragt. "Wir werden versuchen, den Grenzgang zwischen Erholung nach einer langen Saison und Aufbau auf einen Höhepunkt zu schaffen. Eine chronische Ermüdung kann man nicht wegtrainieren, auf der anderen Seite kann man den Formaufbau durch gezielte Reize hintimen", erklärt Zallinger.
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Zallinger schon 2016 dabei
Der 50-Jährige steht in dieser Angelegenheit in engem Austausch mit Teamchef Franco Foda, der sich bei der Trainingssteuerung aber auch auf seinen Instinkt verlässt. Zallingers Arbeit sei ein "wichtiger Input, der uns in unserer Arbeit unterstützt. Aber entscheidend ist immer noch das, was man als Trainer sieht", sagt der Deutsche.
Im Gegensatz zu Foda war Zallinger bereits bei der EURO vor fünf Jahren in Frankreich Mitglied des ÖFB-Betreuerstabs und musste miterleben, wie sich die Auswahl schon nach der Gruppenphase verabschiedete. "Aber 2016 wurde im Nachhinein zu viel hineininterpretiert und spekuliert. Es war weder schlechte Stimmung im Team, noch haben wir irgendwelche Dinge falsch gemacht. Wir haben es einfach im Entscheidungsspiel gegen Island nicht geschafft, das zweite Tor zu schießen", erinnert sich Zallinger.
Es bringe nichts, allzu intensiv auf die Geschehnisse von 2016 zurückzublicken. "Das ist jetzt ein anderer Kader, die meisten waren vor fünf Jahren nicht dabei. Insofern ist es ein neues Spiel und ein neues Glück", betont Zallinger.
Vegeto-Training nicht nur für Fußballer
Der Sportwissenschaftler bringt die ÖFB-Auswahl nicht nur auf dem Platz in Schuss, sondern bietet den Spielern in Abstimmung mit der medizinischen Abteilung auch sogenanntes Vegeto-Training an, eine Trainingsergänzung vor allem im Regenerationsbereich. Dabei wird eine Kombination aus Atmung und begleitenden Bewegungen herangezogen, um dem Organismus einen Impuls zu geben, über das vegetative Nervensystem eine neue Balance zu schaffen.
Mit dieser Methode fand Zallinger unter anderem bei ÖSV-Adler Stefan Kraft Gefallen. Der damals von massiven Rückenschmerzen geplagte Salzburger absolvierte im vergangenen Dezember in Zallingers Praxis in Pucking bei Linz zwei jeweils rund einstündige Vegeto-Einheiten und trat danach bei der Vierschanzentournee an. Es folgten drei weitere Einheiten im Jänner, im März wurde Kraft Weltmeister.