Barbara Dunst erlebte einen Herbst nach Wunsch. Im Frauen-Nationalteam ist die Frankfurt-Legionärin gesetzt.
Mit dem Team schaffte sie den Klassenerhalt in der höchsten Nations-League-Gruppe. Am Ende des Jahres wurde Dunst zu Österreichs Fußballerin des Jahres gewählt.
Das Länderspieljahr 2024 startete hingegen mit einer herben 2:7-Klatsche gegen England. Dunst spricht mit LAOLA1 über die Aufarbeitung der England-Pleite, den Umbruch im Nationalteam und den Einstieg großer Vereine in der heimischen Frauenfußball-Szene.
LAOLA1: Im ersten Länderspiel des Jahres setzte es im spanischen Marbella eine 2:7-Pleite gegen England. Was ist da passiert?
Barbara Dunst: Wir haben uns natürlich ein anderes Ergebnis vorgestellt. Das ist nicht unser Anspruch. Wir wollten ein paar Dinge ausprobieren. Wir wollten das Testspiel nützen, um von der Taktik etwas zu ändern. Das haben wir jetzt aufgearbeitet und analysiert.
LAOLA1: Inwiefern?
Dunst: Wir haben das Spiel im Detail analysiert. Die Arbeit in den letzten Jahren ist in diesem Bereich hochprofessionell. Mit unserer Sportpsychologin wurde im mentalen Bereich gearbeitet. Das machen wir immer, egal wie das Spiel läuft.
LAOLA1: Am Mittwoch habt ihr gegen Dänemark die Chance auf Wiedergutmachung. Was erwartet ihr euch davon? Müssen Dinge geändert werden?
Dunst: Nein, wir versuchen Inhalte aus dem England-Spiel zu festigen. Wir werden nach wie vor versuchen, ihnen unsere Spielphilosophie aufzudrängen. Dänemark ist ein guter Gegner. Sie haben Spielerinnen, die auf internationaler Ebene groß performt haben. Sie sind physisch robust. Es wird schwierig, aber genau das wollen wir.
LAOLA1: Dass ihr gegen Top-Nationen bestehen könnt, habt ihr im Herbst bewiesen. In der Nations-League-Gruppe A2 habt ihr Portugal und Norwegen hinter euch gelassen. Auch Frankreich wurde im Hinspiel (0:1) ordentlich gefordert.
Dunst: Das war schon besonders. Die verpasste WM-Quali war schon ein herber Rückschlag für den ganzen Frauenfußball in Österreich. Für mich ist ein Riesentraum geplatzt. Wir haben jetzt im Herbst gezeigt, dass wir die Großen ärgern können. Die Gegner hatten Spielerinnen mit großer Klasse. Als Kollektiv haben wir super Leistungen auf hohem Niveau gezeigt.
"Ich definiere mich niemals über solche Titel. Da stecken ganz viel Arbeit und viele Menschen dahinter, die mich über die Jahre unterstützt haben. Du darfst nicht vergessen, auch wenn es nach außen heißt 'Friede, Freude, Eierkuchen', so läuft es nicht."
LAOLA1: Du hast selbst mit einem Treffer gegen Portugal und einem Assist gegen Norwegen deinen Beitrag zum Erfolg geleistet. Wie zufrieden bist du mit dir selbst?
Dunst: Ich bin ein Spielertyp, der selten über irgendwas zufrieden ist. Das letzte halbe Jahr habe ich an gewissen Stellschrauben gearbeitet. Es passt, in paar Dingen gibt es aber noch viel Luft nach oben.
LAOLA1: Das sagt Österreichs Fußballerin des Jahres. Was bedeutet dir der Titel?
Dunst: Darüber habe ich mich sehr gefreut. Ich definiere mich niemals über solche Titel. Da stecken ganz viel Arbeit und viele Menschen dahinter, die mich über die Jahre unterstützt haben. Du darfst nicht vergessen, auch wenn es nach außen heißt "Friede, Freude, Eierkuchen", so läuft es nicht. Ich habe ganz früh meine Familie verlassen. Ich habe des Öfteren die Schule gewechselt. Familie, Freunde und Umfeld sind sehr wichtig, um durchzuhalten. Ich habe auf meine Gesundheit geachtet. Man kann nicht jedes Wochenende feiern gehen. Es ist eine Auszeichnung von ganz vielen Faktoren.
LAOLA1: Das Nationalteam hat auch eine Euphorie entfacht. In Wien waren gegen Frankreich über 10.000 Fans im Stadion, ein neuer Rekord.
Dunst: Wir haben uns diese Bühne wirklich verdient, haben tolle Erfolge gefeiert. Wir wachsen ständig in unserer Entwicklung. Für uns Spielerinnen ist es besonders, in großen Stadien zu spielen. In Deutschland gibt es eine unglaubliche Entwicklung. Mich haben die 10.000 Fans in Wien gar nicht so umgehaut, weil wir in Deutschland teilweise vor 30.000 Leuten gespielt haben.
LAOLA1: Du bist im Nationalteam gesetzt. Welche Rolle nimmst du als Typ auch ein?
Dunst: Für mich ist es wichtig, dass ich meine Fähigkeiten in die Mannschaft bringen kann. Ich habe diese Generation Vicky Schnaderbeck, Carina Wenninger, Lisa Makas und Co. miterlebt. Sie haben mir damals unglaublich viel mitgegeben. Für mich ist es wichtig, dass ich mich wohlfühle. Wir wollen als Team unsere Werte weitertragen. Jede Spielerin soll sich entfalten. Ich würde mir gar nicht eine Rolle zuschieben. Das Team steht immer vor dem Ich.
"Lieber spiele ich in der Mitte. Wenn ich so ins System hineinpasse, ist das zu akzeptieren. Mein Ich stelle ich total unter dem Wir."
LAOLA1: Eine neue Generation an Talenten wächst heran. Wie siehst du den Umbruch im Nationalteam?
Dunst: Der Fußball in Österreich ist sehr stabil. Das gilt für Männer und Frauen. Wir konnten uns für Endrunden qualifizieren. Die U19 fährt sogar zur WM. Es kommen junge Spielerinnen für die Breite nach. Die Talente sind physisch und technisch sehr gut ausgebildet. Wenn ich Eileen Campbell und Lilli Purtscheller hernehme, sie zeigen super Leistungen bei ihren Vereinen.
LAOLA1: In Frankfurt spielst du im Zentrum, im Nationalteam musst du auf den Flügel. Wo spielst du am liebsten?
Dunst: Ich sehe mich als Spielertyp, der die Bälle verteilt und in Dribblings geht. In Frankfurt darf ich das Spiel gestalten. Ich kann mich sehr frei bewegen. Im Nationalteam bin ich der Breitengeber am Flügel. Das passt auch. Im offensiven Bereich bin ich auch frei. Lieber spiele ich in der Mitte. Wenn ich so ins System hineinpasse, ist das zu akzeptieren. Mein Ich stelle ich total unter dem Wir.
"Ich verstehe aber auch, wenn sie sagen: 'Es ist ein Minus-Geschäft.' Es ist wichtig eine Balance zwischen Verband und Vereinen zu finden, um hier etwas zu schaffen, etwas voranzutreiben."
LAOLA1: Du hast den Sprung über den SKN ins Ausland geschafft. Was sagst du zum heimischen Fußball?
Dunst: Dadurch, dass viele Spielerinnen Österrreich in jungen Jahren verlassen, verliert die Liga an Qualität. Viele Faktoren spielen eine Rolle, beispielsweise Gehalt oder Infrastruktur. In Deutschland sind ebenso viele Vereine nicht so dahinter, wie bei uns in Frankfurt. Man hat jetzt in Österreich schon die richtigen Persönlichkeiten. Carina Wenninger und Jasmin Eder sind beim ÖFB, Lisa Makas kümmert sich um die Austria. Stephanie Enzinger arbeitet für eine Spielergewerkschaft. Die Vereine müssen offen dafür sein.
LAOLA1: Die Vereine müssen aber auch dahinterstehen, oder?
Dunst: Das stimmt. Ich verstehe aber auch, wenn sie sagen: "Es ist ein Minus-Geschäft." Es ist wichtig eine Balance zwischen Verband und Vereinen zu finden, um hier etwas zu schaffen, etwas voranzutreiben. Ohne viel Geld ist es schwierig. Vielleicht investiert man durch die Erfolge der Männer in den Frauenfußball. Wir haben auch vom Europa-League-Sieg der Eintracht profitiert. Es spielt eine Rolle, wie offen man ist.
LAOLA1: Immer mehr große Vereine engagieren sich jetzt. Wie wichtig ist das?
Dunst: In der Zukunft wird es nicht mehr anders funktionieren. Man braucht sehr viel Infrastruktur. In England hat man viele Männervereine hinter sich. Manchester City hat für Frauen und Männer einen Social-Media-Kanal, weil man sagt, wir sind ein Verein. In Österreich engagiert sich Altach enorm, sie haben sogar Spielerinnen aus dem Ausland geholt. Da müssen wir hinkommen. So ein Verein wie Salzburg, der europäisch einen Top-Namen hat, ist schon wichtig. Das ist ein Schlüssel.