Halbfinale 2017, Viertelfinale 2022. Bei den letzten Europameisterschaften zog das ÖFB-Frauen-Nationalteam Fußballösterreich regelrecht in den Bann.
Ein Boom brachte viele Mädchen zum Fußball, schaffte Vorbilder. 2023 pulverisierte das Team im Nations-League-Spiel gegen Frankreich mit über 10.000 Zuschauern im Wiener Viola Park den Fanrekord für ein Frauenteam in Österreich.
Enttäuschende Kulisse in Wien
Die positive Entwicklung erleidet jetzt aber einen gewaltigen Knicks. 2024 scheitern die ÖFB-Frauen bereits in der EM-Qualifikationsgruppe an Deutschland und Island im Kampf um ein EM-Ticket. Im Playoff ist dann im Finale auch Polen eine Nummer zu groß. Nach einem 0:1 in Gdansk erleidet man im Rückspiel wieder eine 0:1-Pleite. Das Team verpasst die EM 2025 in der Schweiz (Der geplatzte EM-Traum der ÖFB-Frauen: "Schon sehr schlimm" >>>).
"Polska, Polska", schallt es nach der Partie am Dienstag durch den Viola Park. Die Auswärtsfans zeigten sich in der tristen Kulisse von 3.200 Fans gewaltig gut in Stimmung, konnten auch ihre erste EM-Teilnahme feiern. Im Mai waren in der 12.000-Einwohner-Stadt Ried am Innkreis noch 3.500 Zuschauer im vergleichsweise bedeutungslosen Qualispiel gegen Island zugegen.
In der Millionenstadt scheint das Produkt Frauenfußball zumindest an diesem Abend nicht so zu ziehen. Bereits vorab zeigte sich die Teamchefin über den stockenden Kartenverkauf enttäuscht (hier nachlesen >>>).
Fuhrmann kritisiert Promotion
"Ich habe kritisiert, dass man vielleicht auch mehr hätte machen können, um zu promoten", meint Fuhrmann im Nachgang.
"Dann hörst du wieder: Warum spielen wir in Wien? Warum spielen wir dort? Warum spielen wir um die Uhrzeit? Ganz ehrlich: Wenn du den Adler auf der Brust mit Stolz vertrittst, ist es scheißegal wo du spielst."
Manuela Zinsberger zeigt sich von der Kulisse ebenso wenig begeistert. Die Torfrau macht klar: "Das mit den Zuschauern tut verdammt weh. Man hat über die Jahre gemerkt, was die Mädels auf und neben dem Platz liefern. Was der Staff liefert. Was wir alles machen. Natürlich liegt es vielleicht auch an der Promotion, aber schlussendlich muss man immer ein Stückchen mehr Euphorie entfachen, bis man wirklich Fans ins Stadion kriegt."
Zinsberger versteht Ausreden nicht ganz
Gründe das Stadion zu meiden, versteht die Arsenal-Legionärin eher weniger. "Dann hörst du wieder: Warum spielen wir in Wien? Warum spielen wir dort? Warum spielen wir um die Uhrzeit? Ganz ehrlich: Wenn du den Adler auf der Brust mit Stolz vertrittst, ist es scheißegal wo du spielst", wird die Torfrau deutlich.
Denen, die gekommen sind, zeigt sie sich dankbar. "Ich bin dankbar, ihnen ein bisschen was zurückzugeben, wenn auch nicht den Sieg und die EURO", so Zinsberger.
Fuhrmann kämpft für mehr Strukturen
Der lange Kampf für die Entwicklung des Frauenfußballs geht weiter. Irene Fuhrmann, die direkt nach dem Spiel von einem Rücktritt noch nichts wissen wollte, spricht von fehlenden Strukturen.
In ihrem Staff ist sie die Einzige, die ihrem Job hauptberuflich nachgehen kann. "Wir haben noch keine professionellen Strukturen im Frauennationalteam zwischen den Lehrgängen. Es braucht mehr Manpower."
"Frauenfußball entwickelt sich extrem. Da müssen wir ganz klar Gas geben. Es ist nur möglich mit voller Manpower den Anschluss zu halten."
Weiters merkt die Teamchefin an, "dass Österreich einer der letzten Nationen ist, die nur zwei Nachwuchsnationalteams stellt".
Für die vorhandenen Ressourcen habe Österreich der Teamchefin zufolge in den letzten Jahren punktuell sehr viele Erfolge feiern können. Schließlich schlafen die anderen Nationen nicht. "Frauenfußball entwickelt sich extrem. Da müssen wir ganz klar Gas geben. Es ist nur mit voller Manpower möglich, den Anschluss zu halten", lautet die Parole der Teamchefin.
Geplatzte EM kann Entwicklung zurückwerfen
Der geplatzte EM-Traum ist dabei aber nicht unbedingt hilfreich. "Dass uns das ein Stück weit zurückwirft, kann sein", meint Torfrau Zinsberger.
Die EM wäre der ideale Schauplatz gewesen, um das Produkt zu bewerben. "Natürlich ist eine EURO ein Großereignis, wo weltweit zugeschaut wird. Es tut weh", weiß Kapitänin Sarah Puntigam.
Zinsberger will weiterfighten: "Wir kämpfen für das, was wir aufgebaut haben im österreichischen Frauenfußball. Sei es außerhalb vom Platz, sei es mit der österreichischen Nationalmannschaft. Wir haben uns hart Dinge erarbeitet, wir haben uns hart Dinge erkämpft und manches ist halt ein Prozess."
In der Nations League warten Topgegner
Den Schritt zurück hätte man lieber vermieden. Verena Hanshaw merkt aber an: "Wir wissen alle, dass es nicht immer nur bergauf gehen kann."
Zumindest warten in der Nations League in Gruppe A mit Deutschland, Niederland und Schottland attraktive Gegner. "Dort können wir immer noch Werbung machen für den Frauenfußball", meint Puntigam.
Auch Zinsberger blickt positiv in die Zukunft: "Es kommen wieder Turniere und Qualifikationen, da kommen wir stärker hervor als je zuvor."