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Purtscheller: Vom Kreuzbandriss zum ÖFB-Shootingstar

Aus dem ÖFB-Team ist die 21-jährige Lilli Purtscheller kaum wegzudenken. Dabei ging es in ihrer Karriere nicht immer bergauf. LAOLA1 erzählt ihre Geschichte.

Purtscheller: Vom Kreuzbandriss zum ÖFB-Shootingstar Foto: © ÖFB/Paul Gruber

Sie war oft der Lichtblick der weniger erfolgreichen EM-Qualifikation der ÖFB-Frauen. Die erst im August 21 Jahre alt gewordene Lilli Purtscheller zeigte im österreichischen Nationalteam im Frühjahr groß auf.

Mit jugendlicher Frische gibt sie der rot-weiß-roten Auswahl am Flügel eine ganz eigene Note, zeigte in teils schwachen Spielen des Teams immer wieder ihre Qualität. Zurecht stellte Teamchefin Irene Fuhrmann die junge Tirolerin in allen Partien auf.

Nach verkorkster Qualifikation müssen die Österreicherinnen jetzt ins Playoff (Rückspiel: Dienstag, ab 18 Uhr im LIVE-Ticker). Die erneute Starterin Purtscheller wusste mit dem Treffer zum 3:0-Endstand im Halbfinal-Hinspiel in Slowenien erneut zu überzeugen. "Natürlich macht mich das sehr stolz. Ich will das entgegengebrachte Vertrauen mit Leistungen zurückzahlen. Ich freue mich jedes Mal auf das Nationalteam, bin mir aber bewusst, dass ich meine Leistung abrufen muss. Auch wenn ich noch jung bin, ist das wichtig", erzählt die Tirolerin gegenüber LAOLA1.

Dabei hatte es die heutige Essen-Legionärin nicht immer leicht, riss sich mit 18 Jahren das Kreuzband. LAOLA1 erzählt die Geschichte des ÖFB-Shootingstars. Von Kindergartenfreunden, wöchentlichen Pendelreisen aus St. Pölten nach Tirol, dem Umgang mit dem Kreuzbandriss, der deutschen Bundesliga und dem Druck zur EM fahren zu müssen.

Über den Kindergarten zum Fußball

Die Geschichte der ÖFB-Spielerin startete im Kindergarten. Purtscheller wurde im Gegensatz zu anderen Kickerinnen nicht von den älteren Geschwistern auf den Fußballplatz gezerrt.

"Meine zwei besten Freunde im Kindergarten sind immer zum Fußball gegangen. Dann habe ich meine Mama mal gefragt, ob ich mitgehen kann", erklärt die 21-Jährige.

Heftige Pendelreisen

Mit Talent zeigt Purtscheller auf, schafft in jungen Jahren den Sprung in die Frauen-Akademie in St. Pölten. Das Problem: Die heutige ÖFB-Teamspielerin kickt weiterhin in Tirol, muss für die Matches am Wochenende mit dem Zug stundenlang pendeln.

In der ÖFB-Frauenakademie mit der heutigen Teamchefin Irene Fuhrmann
Foto: © GEPA

"Im Nachhinein betrachtet ist das extrem. In jungen Jahren denkt man noch nicht so darüber nach. Unter der Woche bist du im Internat, hast Schule und Fußballtraining. Am Freitag bin ich dann nach Tirol heimgefahren, hatte dann oft noch Abschlusstraining. Am Wochenende stand das Spiel an und am Sonntag ging es zurück nach St. Pölten. Es war schon sehr heftig", gibt die Flügelflitzerin Einblicke in eine stressige Zeit.

Die harte Arbeit sollte sich lohnen. Kurz nach ihrem 15. Geburtstag debütiert Purtscheller im August 2018 für Wacker Innsbruck in der Frauen-Bundesliga. 

Kreuzbandriss machte Purtscheller stärker

2021 folgt der Wechsel zum SK Sturm Graz. Im Trikot der "Schwoazn" erleidet die Flügelspielerin ihren ersten großen Rückschlag ihrer Karriere. Im Frühjahr 2022 reißt sie sich mit 18 Jahren das Kreuzband. "Bis dahin war ich von Verletzungen verschont geblieben. Ich hatte nie irgendetwas, auch keine Kleinigkeiten. Du hörst viel von großen Verletzungen, ich dachte mir aber, dass es mich wahrscheinlich eh nicht so trifft. Am Anfang war es ein Schock", gesteht Purtscheller. 

Die Tirolerin nahm die Situation aber an: "Ich bin ein sehr positiver Mensch und blicke immer positiv in die Zukunft. Aus dieser Zeit habe ich in jeglicher Hinsicht gelernt. Das betrifft sowohl den Körper als auch das Mentale. Du schätzt es viel mehr, am Platz zu stehen. Ich wünsche es niemandem, aber so etwas macht einen noch stärker."

Das zeigt die Tirolerin 2022/23, liefert starke Leistungen und wird mit Sturm Vizemeister. Zudem erreicht sie bei der Wahl zur Spielerin der Saison Platz drei.

Im Frühjahr 2023 scheint Purtscheller erstmals im A-Teamkader auf, gibt gegen Tschechien im April ihr Debüt.

Gemeinsam ins Ausland

Im Sommer 2023 gelingt der Sprung in die Deutsche Bundesliga. SGS Essen verpflichtet Purtscheller kurz nach Sturm-Kollegin Valentina Kröll. Mit Kröll verbindet Purtscheller viel, die beiden Tirolerinnen spielten jahrelang zusammen.

Das erste Auslandsabenteuer gemeinsam zu bestreiten, ist durchaus hilfreich. "Am Anfang gleich eine Bezugsperson zu haben, ist von Vorteil. Du hast eine Person, die du jahrelang kennst, da gibt es Vertrauen", so Purtscheller.

Ein starkes erstes Essen-Jahr

Die Tirolerin integriert sich in Essen aber schnell und gehört von Beginn an zum Stammpersonal. Auch für das Team läuft es. Essen überrascht die Liga, wird in der abgelaufenen Saison Vierter. 

"Im Nachhinein bin ich über die erste Saison relativ zufrieden. Als Mannschaft war es sehr gut. Als Essen hast du das Ziel Klassenerhalt. Der vierte Platz war sehr, sehr cool", so Purtscheller.

"In Österreich habe ich bei Sturm vor 50 Zuschauern gespielt. Wenn 100 da waren, hast du dich gefreut. In Essen ist es besonders, wir spielen im Stadion an der Hafenstraße. Es kommen immer mindestens 2000 Zuschauer, bei Topspielen gegen Bayern sind schon einmal 3000 bis 3500 Fans im Stadion."

Lilli Purtscheller

Entsprechend hoch sind auch die Erwartungen für die neue Saison. "In den Medien wurde geschrieben: Essen war Vierter, wollen sie jetzt Dritter werden? Das ist auf jeden Fall nicht der Fall. Wir sind ein junges Team und schauen von Spiel zu Spiel, haben Spaß am Zocken", verrät Purtscheller. Ziel sei es, "den Klassenerhalt so früh wie möglich zu schaffen".

Aktuell ist der Klub Neunter, hat auf das punktlose Schlusslicht Turbine Potsdam sieben Punkte Guthaben.

Von ein paar Zuschauern zu vielen Fans

An Deutschland und Essen begeistert die Tirolerin der Zuschauerandrang, aus Österreich ist sie anderes gewohnt. "In Österreich habe ich bei Sturm vor 50 Zuschauern gespielt. Wenn 100 da waren, hast du dich gefreut. In Essen ist es besonders, wir spielen im Stadion an der Hafenstraße. Es kommen immer mindestens 2.000 Zuschauer, bei Topspielen gegen Bayern sind schon einmal 3.000 bis 3.500 Fans im Stadion. Natürlich ist das im Gegensatz zu den Männern wenig, für uns ist es aber sehr cool, Fans zu sehen, die einen unterstützen", erzählt die 21-Jährige.

In Essen bekommt Purtscheller genug Spielpraxis
Foto: © getty

Bei Essen steht im Gegensatz zu den meisten Vereinen im internationalen Fußball kein professioneller Männer-Verein dahinter. Das hat Nachteile. "Wenn es darum geht Spielerinnen zu halten, wird es für Vereine wie Essen Jahr für Jahr schwieriger", so Purtscheller.

Aber auch die Infrastruktur und Professionalität ist nicht derart aufgestellt. "Es ist nicht so wie bei den Topvereinen. Das ist kein Geheimnis. In Essen geht es eher darum, dass man jungen Spielerinnen Spielzeit gibt. Das ist viel wichtiger. Deswegen finde ich, dass es der Verein echt gut macht. Dass wir letztes Jahr ohne Männer-Verein dahinter Vierter geworden sind, darauf kann der Klub echt stolz sein", meint Purtscheller. Genau diese Minuten in der deutschen Erstklassigkeit tun Purtscheller gut. Die Liga ist ein weiterer Schritt der jungen Karriere. 

Endstation soll nicht Essen heißen

"Der Unterschied zu Österreich ist extrem. In Deutschland wirst du jedes Wochenende gefordert. Da geht es in 90 Minuten um alles. In Österreich hattest du zu meiner Zeit noch Vereine, wo du nicht gefordert wirst. In Deutschland ist das Tempo höher. Körperlich ist das Niveau besser. Die Trainingsqualität ist höher. In Deutschland hast du viel mehr gute Vereine, in Österreich sind es nur ein paar", so Purtscheller, die anmerkt, dass es sich auch in Österreich mittlerweile weiterentwickelt hat.

Die Endstation ihrer Karriere soll aber nicht Essen heißen. "Ich schaue von Tag zu Tag. Fußball ist sehr schnelllebig. Es ist kein Geheimnis, dass ich nicht mein Leben lang in Essen spielen will. Den nächsten Schritt habe ich aber noch nicht geplant", meint die 21-Jährige.

Vorerst ist das Nationalteam angesagt. Auch in Ried dürfte Purtscheller am Dienstag zur Startelf gehören (ab 18:00 Uhr im LIVE-Ticker >>>), um das 3:0 aus dem Hinspiel zu verteidigen. "Wir haben aus dem ersten Spiel Erkenntnisse gewonnen, was wir besser machen müssen. Wir gehen aber mit derselben Einstellung heran, wir wollen gewinnen. Natürlich wissen wir von der guten Ausgangslage", meint Purtscheller.

Purtscheller macht sich keinen Druck im ÖFB-Team

Purtscheller beim Rekordspiel in der Generali Arena
Foto: © GEPA

Das Nationalteam muss liefern, scheitert man in den Playoffs, ist der EM-Traum geplatzt. Nach dem Halbfinale 2017 und dem Viertelfinale 2022 erwartet Fußball-Österreich ein Ticket in der Schweiz.

"Für mich ist es keine Drucksituation. Mir ist aber bewusst, dass es für das Land Österreich Pflicht ist, die Aufgaben zu erfüllen. Ich mache mir keinen Druck, in jedem Spiel versuche ich alles zu geben und es zu gewinnen. Wenn wir unsere Leistung auf den Platz bringen, ist es sehr realistisch, dass wir es schaffen", so Purtscheller.

Gelingt ein Weiterkommen, wartet im Playoff-Finale ein besonderes Highlight. Das entscheidende Spiel würde in der Wiener Generali Arena gegen Rumänien oder Polen steigen. Im zehnten Wiener Gemeindebezirk wurde mit über 10.000 Fans gegen Frankreich im September 2023 ein neuer Fanrekord für ein Frauenspiel in Österreich aufgestellt.

"Gegen Frankreich war die Stimmung wirklich mega. Je mehr Fans und desto cooler das Stadion ist, desto lieber spielt man auch. Das nehmen wir gerne mit", würde sich Purtscheller freuen.

Übersteht die 21-Jährige mit dem ÖFB-Team das Playoff, wartet das nächste Highlight einer jungen Karriere. Es winkt die Europameisterschaft 2025 in der Schweiz, Purtschellers erste Teilnahme bei einem großen Turnier.

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