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ÖFB-Stürmerin Pinther: "Wir haben keinen Druck!"

Die Frankreich-Legionärin spricht im LAOLA1-Interview über die schwierige Lage des ÖFB-Teams und ihre Herausforderungen in Frankreich.

ÖFB-Stürmerin Pinther: Foto: © GEPA

Das ÖFB-Frauen-Nationalteam muss um das Ticket für die Europameisterschaft 2025 bangen.

Nach misslungener Qualifikation in der Gruppe trifft das Team im Halbfinal-Playoff auf das vergleichbar schwere Los Slowenien. Das Hinspiel steigt am Freitag (ab 18:00 Uhr im LIVE-Ticker) auswärts, das Rückspiel folgt am Dienstag in Ried. Steigt Österreich auf, wartet noch das Playoff-Finale.

Mit an Bord ist Stürmerin Viktoria Pinther. Die 26-Jährige hat im Sommer ein neues Abenteuer in der französischen Liga gewagt und es läuft so richtig. Bereits drei Treffer konnte die Teamspielerin verbuchen.

Mit LAOLA1 spricht sie über Sprachprobleme in Frankreich, ihren Traumstart in Dijon, nicht-erfüllte Erwartungen und die Enttäuschung über die verpasste Direktqualifikation mit dem ÖFB-Team.


LAOLA1: Ihr seid in einen wichtigen Lehrgang gestartet. Wie ist die Stimmung im Team?

Viktoria Pinther: Wir haben uns lange nicht gesehen. Das Wiedersehen war eine große Freude für alle. Wir hatten gute Trainings, haben uns gut ins System des Nationalteams eingefügt. Beim Abschlusstraining hatte ich ein sehr gutes Gefühl. Wir sind gut vorbereitet.

LAOLA1: In der EM-Qalifikation konnte der angepeilte Direktplatz für das Turnier nicht erreicht werden. Island hat sich im Duell um Platz zwei durchgesetzt. Wie sehr schmerzt das?

Pinther: Klar waren wir enttäuscht. Die direkte Qualifikation war unser Ziel. Wir wussten, dass wir trotzdem noch die Chance haben. Der Abstand bei den Vereinen hat uns gut getan, dadurch konnten wir damit besser abschließen. Wir befassen uns nicht mehr mit dem was passiert ist und gehen voll fokussiert in die Aufgaben.

"Wir haben keinen Druck. Die Chance ist nach wie vor da. Es liegt an uns. Wir sind davon überzeugt, dass wir die vier Spiele gut bewältigen."

LAOLA1: Mit Slowenien wartet im Halbfinale des Playoffs der laut Teamchefin Irene Fuhrmann schwerste Gegner, den man erwischen konnte.

Pinther: Slowenien ist sehr kämpferisch. Sie haben gute Einzelspielerinnen. Es wird sicher ein kampfbetontes Spiel, es kann alles passieren. Wir müssen von unserer Qualität überzeugt sein, dann sollte es klappen.

LAOLA1: Nach dem Viertelfinale bei der EM 2022 und dem Halbfinale 2017 steigt die Erwartungshaltung. Ein Ausscheiden gegen Slowenien würde den EM-Traum endgültig platzen lassen. Verspürt man Druck?

Pinther: Wir haben keinen Druck. Die Chance ist nach wie vor da. Es liegt an uns. Wir sind davon überzeugt, dass wir die vier Spiele gut bewältigen.

Pinther kommt bei den ÖFB-Frauen oft als Joker zum Zug.
Foto: © getty

LAOLA1: Im Nationalteam kommst du meist als Joker von der Bank. Wie gehst du mit dieser Rolle um?

Pinther: Ich weiß, welche Rolle ich im Team spiele. Auch neben dem Platz. Ich bin froh, eingesetzt zu werden und dem Team so zu helfen. Die Jokerrolle darfst du nicht negativ sehen. Ich bin mir meiner Qualität bewusst. Du kannst viele Spiele in den letzten 20, 30 Minuten entscheiden.

LAOLA1: Seit 2017 bist du im ÖFB-Team dabei. Zuletzt befand sich das Team im Umbruch. Wie beurteilst du das Ganze?

Pinther: Den Umbruch kann man nicht leugnen. Ich empfinde das aber nicht als negativ. Wir haben große Talente, die nachkommen. Das hat man bei der U20-WM gesehen. Wir müssen den Prozess annehmen. Wenn ich auf die Trainings mit den jüngeren Spielerinnen schaue, merke ich nicht, dass die Qualität abgeht. Es kommen andere Impulse hinein. Mehrere Sichtweisen und Spielerinnen mit anderen Qualitäten tun uns gut.

LAOLA1: Die Mischung im Kader stimmt also.

Pinther: Ja. Natürlich funktioniert nicht immer alles sofort, aber wo ist das schon so? Ein Prozess dauert seine Zeit. Wir gehen aber den richtigen Weg.

LAOLA1: Dann möchte ich noch über dein neues Abenteuer auf Vereinsebene sprechen. Du hast dich im Sommer für einen Wechsel vom FC Zürich in Richtung Frankreich zum Erstligisten Dijon entschieden. Wie hast du dich eingelebt?

Pinther: Gut. Es war natürlich eine Umstellung in ein Land zu ziehen, indem ich die Sprache nicht kann. Ich spreche kein Französisch. Dennoch wurde ich gut aufgenommen. Zum Glück verstehen viele Englisch. Wir haben viele internationale Spieler, das macht es für mich viel einfacher.

"Die Menschen sind nicht unbedingt offen, wenn man nicht Französisch spricht. Man muss bisschen hartnäckiger sein in manchen Sachen."

Pinther über die französische Kultur

LAOLA1: Spricht das Trainerteam dann auch Englisch?

Pinther: Großteils spricht man Französisch. Der Trainer schaut aber, dass er auf Englisch übersetzt. Das ist ab und zu nicht einfach. Sie sind immer offen, du kannst hingehen und fragen, das ist ziemlich einfach. Der Fußball ist überall gleich, deswegen verstehst du oft, was gemeint ist.

LAOLA1: Sportlich scheint es zu laufen. 3 Tore in 5 Spielen sprechen für sich.

Pinther: Es passt alles gut. Ich habe mich nach einer intensiven Vorbereitung ins System eingefügt und war bis jetzt auch ein bisschen erfolgreich (lacht).

LAOLA1: Frankreich ist verglichen mit Schweiz, Deutschland oder Österreich aber auch kulturell anders, oder?

Pinther: Es ist anders. Die Menschen sind nicht unbedingt offen, wenn man nicht Französisch spricht. Man muss bisschen hartnäckiger sein in manchen Sachen. Das gehört für die persönliche Entwicklung dazu, wenn du in so einem Land lebst. Die Stadt ist ganz cool. Du kannst ein bisschen was machen.

LAOLA1: Du warst in deiner Karriere in Österreich, Deutschland und zuletzt der Schweiz aktiv. Was ist dein erster Eindruck der französischen Liga?

Pinther: Die Spiele sind intensiver. Es ist alles vertikaler ausgerichtet. Es wird nicht so auf das Taktische verharrt. Es kommt viel über die Physis und über die Schnelligkeit, geht schnell Hin und Her, wird nicht viel gefackelt. Du versuchst einfach nach vorne zu kommen. Die Liga ist eng, es kann alles passieren. Man kann viele Punkte holen. Lyon ist schon ein Topteam, aber selbst die haben zuletzt Unentschieden gespielt.

"Ich bin ehrlich gesagt ein bisschen enttäuscht. Unsere Fancommunity ist nicht so groß."

Pinther über die französischen Fans

LAOLA1: Du warst bereits in der Deutschen Bundesliga bei Sand und Leverkusen aktiv. Wie ordnest du das französische Niveau verglichen mit Deutschland ein?

Pinther: Der Vergleich ist schwer, weil der Fußball anders ist. In Deutschland ist das Spiel sehr taktisch und auf Ballbesitz ausgerichtet. In Frankreich steht die Physis im Vordergrund. Vom Niveau her ist es ziemlich gleich.

LAOLA1: Wie schaut es in Dijon mit den Trainingsbedingungen aus? Wie professionell seid ihr verglichen mit Deutschland aufgestellt?

Pinther: Leverkusen hatte schon bessere Bedingungen wie Dijon. Dennoch würde ich sagen, dass wir gut aufgestellt sind. Wir haben unseren eigenen Platz, verfügen über eine eigene Abteilung mit Physiotherapeuten und Regenerationsmöglichkeiten. Verglichen mit Zürich ist es ein Schritt mehr, weil wir zum Beispiel auch im Stadion spielen. Die Infrastruktur ist gut.

LAOLA1: Du hast es angesprochen, ihr spielt im 15.000 Zuschauer fassenden Stadion. Was ist dein Eindruck von den Fans der französischen Frauenliga?

Pinther: Ich bin ehrlich gesagt ein bisschen enttäuscht. Unsere Fancommunity ist nicht so groß. Wir hatten noch keine Spiele in Lyon oder Paris, aber bei den kleineren und Mittelfeld-Klubs hält sich der Andrang in Grenzen. Alle Spiele werden von Canal + live übertragen, da ist die Liga gut aufgestellt. Richtige Fankultur gibt es aber leider noch keine.

LAOLA1: Mit 26 Jahren bist du im besten Fußball-Alter. Nach Deutschland und Schweiz machst du mit Frankreich die nächste Auslandserfahrung. Gibt es noch Ziele, wo es hingehen soll?

Pinther: Gute Frage. Ich habe jetzt den Sprung nach Frankreich gewagt, um zu sehen, wo ich in einer besseren Liga stehe. Es wäre cool, in anderen Ligen zu spielen und andere Kulturen und Sprachen mitzunehmen. Ich bin offen. Man muss schauen, wie es fußballerisch läuft. Im Fußball kannst du nie richtig planen.

LAOLA1: Gibt es ein Land, das dich besonders reizen würde?

Pinther: England oder Spanien. Das sind die klassischen Länder, wo der Fußball einen hohen Stellenwert hat. Es ist aber nicht so, dass ich sage, ich will unbedingt in dem Verein spielen oder in das Land kommen. Es liegt eher daran, welche Vereine mich wollen, beziehungsweise wo passe ich gut hinein.

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