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ÖFB-Torfrau Zinsberger: "Ich habe viel mehr zu bieten"

Manuela Zinsberger spielt ihre fünfte Saison bei Arsenal London. Im Interview erläutert sie, wie sie sich schon auf ihr Leben nach dem Fußball vorbereitet.

ÖFB-Torfrau Zinsberger: Foto: © getty

Manuela Zinsberger ist ein sicherer Rückhalt. Sie ist die Nummer eins im Tor der Nationalmannschaft und bei Arsenal London.

Lange Zeit hat sich ihr Leben nur um den Fußball gedreht, mittlerweile ist die 28-Jährige reflektierter. 

"Es ist nur Fußball. Das denkst du dir, wenn du durch private Schicksalsschläge auf den Boden der Tatsachen gebracht wirst. Du denkst dir dann: Ich fange ja nur Bälle. Dennoch liebe ich es, habe aber verstanden, dass sich Prioritäten ab und an verändern können", sagt Zinsberger. 

Im Interview mit LAOLA1 spricht die Torhüterin unter anderem über ihre Saison mit Arsenal und dem ÖFB-Team, warum sie nach ihrer Karriere nicht ausgesorgt hat und ihre vielfältigen Interessen neben dem Fußball.

LAOLA1: Du spielst mit Arsenal London bisher eine starke Saison, ihr liegt derzeit auf Rang zwei. Wie bewertest du die bisherige Leistung deiner Mannschaft?

Manuela Zinsberger: Der Start mit Arsenal war ein bisschen holprig, wir haben gleich im ersten Spiel eine Niederlage gegen Liverpool kassiert. Diese haben wir relativ schnell abgehakt und ein Unentschieden gegen Manchester United in der Woche darauf geholt. Der Spielverlauf hat gezeigt, dass wir mit dem Resultat zufrieden sein können. Mittlerweile haben wir die Fahrt aufgenommen, die wir schon von Beginn an aufnehmen hätten sollen. Zuletzt konnten wir aus allen sechs Spielen Siege einfahren. Oben drauf haben wir es auch geschafft, endlich zu Null zu spielen, was nicht nur mich als Torfrau, sondern auch das gesamte Team gefreut hat.

Die 28-Jährige darf auf einen gelungenen Saisonstart bei Arsenal blicken.
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LAOLA1: Im Nationalteam finden sich zahlreiche Legionärinnen, die in England, Deutschland oder Italien spielen. Wie siehst du die Women’s Super League im internationalen Vergleich?

Zinsberger: Aus meiner Sicht ist die englische Liga aktuell die beste und vor allem die sich am schnellsten entwickelnde Liga. Nicht nur auf dem Platz sondern auch neben dem Platz. Große Stadien werden ausgefüllt, Rekorde gebrochen und der Frauenfußball auf das nächste Level gehoben. Du darfst dir gegen keinen Gegner nur ansatzweise einen Leistungsabfall erlauben und das zeigt, wie stark die Liga im Gesamten ist. Der Frauenfußball in England wird extrem gefördert. Man will jetzt eine positive Veränderung und nicht erst in drei bis fünf Jahren. Das sieht man anhand vieler Beispiele: Zuschauer-Rekorde werden gebrochen, es gibt mehr Spiele in großen Stadien, Sky Sports/BBC-Übertragungen usw. Es passiert alles Schritt für Schritt, aber es passiert etwas.

LAOLA1: Du bist in deiner bisherigen Karriere von gröberen Verletzungen verschont geblieben, was ist das Geheimnis deiner Fitness?

Zinsberger: Ich will mich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, natürlich hoffe ich, verletzungsfrei zu bleiben. Ich versuche auf viele Dinge zu achten. Viele Faktoren kommen zusammen, wie zum Beispiel, auf ausreichend Schlaf zu achten, die Ernährung, Athletiktraining, zum Physiotherapeuten zu gehen, Regeneration und vieles mehr. Unabhängig davon achte ich auch darauf, dass ich außerhalb des Sports auch Zeit habe, abzuschalten und die Zeit für mich zu nutzen.

LAOLA1: Baust du dir neben dem Profifußball ein zweites Standbein auf?

Zinsberger: Ich habe das Zertifikat Ernährungstrainer-B-Lizenz absolviert. Das ist eine Grundbasis, wo ich mir überlegt habe, das könnte etwas sein für die Karriere danach. Im Nachhinein hat sich aber herausgestellt, dass ich es mehr für mich selbst mache. Ich versuche die Möglichkeiten, die mein Verein bietet, zu nutzen, in viele Bereiche reinzuschnuppern - sei es im Projektmanagement oder im Bereich Ernährung. Ich nutze jede Möglichkeit, wo ich nur kann. Ich versuche, Erfahrung zu sammeln und gleichzeitig herauszufinden, ob ich mir vorstellen kann, dies nach meiner Karriere zu machen. Mein Leben hat sich lange nur um Fußball gedreht, gar keine Ahnung, was es sonst noch gibt. Daher versuche ich ein Netzwerk aufzubauen und mit Leuten aus unterschiedlichen Branchen Gespräche zu führen. Gleichzeitig gilt es zu filtern, was meine Interessen und meine Stärken sind. Das heißt nicht, dass ich im nächsten Sommer meine Karriere beende, aber es macht Spaß, sich mit sich selbst auf einer anderen Ebene auseinanderzusetzen.

"Ich bin nicht nur Manuela Zinsberger, die auf dem Platz steht, sondern habe viel mehr zu bieten. Dadurch kann ich Leuten zeigen, dass man es von einem Dorf mit 350 Einwohnern auch in die große Welt hinaus schaffen kann."

Die gebürtige Niederösterreicherin möchte Vorbild für andere sein

LAOLA1: Was kannst du dir vorstellen, nach deiner Karriere zu machen?

Zinsberger: Ich möchte als Keynote Speakerin arbeiten, um meine Stimme zu nutzen und auf gewisse Dinge aufmerksam zu machen. Damit will ich nahbarer sein und Einblicke in mein Leben geben, die man so vielleicht von mir bis jetzt nicht wusste. Ich bin nicht nur Manuela Zinsberger, die auf dem Platz steht, sondern habe viel mehr zu bieten. Dadurch kann ich Leuten zeigen, dass man es von einem Dorf mit 350 Einwohnern auch in die große Welt hinaus schaffen kann. Alles ist möglich, jeder und jede kann es schaffen!

LAOLA1: Sind diese Überlegungen deiner Meinung nach, im Frauenfußball wichtiger als bei den Männern in den höchsten Ligen?

Zinsberger: Ich selbst weiß natürlich, dass ich nach meiner Karriere nicht ausgesorgt habe. Vielleicht wird sich diese Ebene im Frauenfußball auch irgendwann ändern, wer weiß. Ich habe auf jeden Fall Bock, danach zu arbeiten, eine andere Leidenschaft zu entfachen, andere Leute kennenzulernen und mein Wissen zu erweitern. Ich bin gespannt, wo mich mein Weg noch hinbringt. Das Schöne ist aber, dass ich meinen aktuellen Job noch ein bisschen ausüben kann.

LAOLA1: Als Torhüterin werden Fehler sofort bestraft und führen zu Gegentoren. Wie gehst du damit und auch allgemein mit Niederlagen um?

Zinsberger: Es ist nur Fußball. Das denkst du dir, wenn du durch private Schicksalsschläge auf den Boden der Tatsachen gebracht wirst. Du denkst dir dann: Ich fange ja nur Bälle. Dennoch liebe ich es, habe aber verstanden, dass sich Prioritäten ab und an verändern können. Wichtig ist für mich, dass ich nach einem Spiel rausgehe und nichts bereue. Ich muss mich reflektieren, um es beim nächsten Mal besser zu machen: Hätte ich besser coachen, meine Positionierung besser treffen können, war mein Abdruck richtig? Als Torhüterin willst du immer eine weiße Weste haben. Erst vor Kurzem gegen Brighton haben wir endlich zu Null gespielt. Wenn die ganze Mannschaft zu dir herkommt und sich freut, ist das ein cooles Gefühl. Mir war klar, als ich meine Position gewählt habe, dass ich entweder der Hero oder der Buhmann bin, es gibt nichts dazwischen.

Zinsberger besticht mit ihrer Präsenz auf dem Platz
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LAOLA1: Gibt es Bereiche in deinem Torwartspiel, die dich besonders auszeichnen, bzw. Dinge, die du noch verbessern möchtest?

Zinsberger: Ich könnte eine lange Liste von Dingen aufzählen, in denen ich noch nicht gut genug bin. Meine Stärke ist die unglaubliche Ruhe am Ball und meine Präsenz auf dem Platz. Meine Beidbeinigkeit, das Offensivspiel und der Spielaufbau ist etwas, das mir gut liegt. Ich liebe es, aktiv am Spiel teilzunehmen. Ich warte auch, im Eins gegen Eins, was die Stürmerin macht und versuche, sie in einen Fehler zu zwingen. Worin ich auf jeden Fall noch Potenzial habe, ist die aggressive Raumverteidigung, nicht nur im Fünfmeterraum. Da möchte ich präsenter und vor allem konstanter sein.

LAOLA1: Du hast im Verein einen männlichen Cheftrainer und im Nationalteam eine Frau als Teamchefin. Bestehen Unterschiede zwischen der Herangehensweise beider Geschlechter?

Zinsberger: Das Geschlecht spielt auf der Trainerposition für mich keine Rolle. Für mich ist die menschliche Art und Weise wichtig. Es geht darum, wie man mit Spielerinnen umgeht, dass die Person die Stärken jeder Einzelnen, aber auch der Mannschaft herausfiltern kann, um das Bestmögliche abzurufen. Natürlich auch um das fachliche Know-How. Ich arbeite aber sowieso enger mit dem Torwarttrainer zusammen, aktuell sind es sowohl im Verein als auch im Nationalteam Männer. Ich hatte aber auch schon eine weibliche Torwarttrainerin. Wenn jemand das Wissen hat, mir das beibringen kann und das Feingefühl hat, ist mir egal, ob die Person männlich oder weiblich ist.

"Frauen sollen sich trauen, eine Männerdomäne auszugleichen."

LAOLA1: Würdest du dir wünschen, dass mehr Frauen den Weg in den Trainerjob im Fußball nehmen?

Zinsberger: Ich wünsche mir die Einstellung: Ich habe Bock auf den Job und lass mich von nichts und niemandem unterkriegen. Hab' die Authentizität und trau' dich. Ich würde mir wünschen, dass mehr Frauen die Möglichkeit bekommen, diesen Job auszuüben. Zusätzlich sollen sie sich trauen, eine Männerdomäne auszugleichen.

LAOLA1: Du hast fünf Jahre in München gelebt, nun auch schon gute viereinhalb Jahre bei Arsenal in London. Wie nimmst du das Leben in diesen Großstädten wahr?

Zinsberger: Ich habe das "Mia-San Mia" vom FC Bayern nach den fünf Jahren, die ich in München verbracht habe, noch immer in mir. London ist da schon noch einmal eine ganz andere Dimension, wenn du durch die Stadt gehst, dieses Flair, die vielen Menschen, die Kultur und vieles andere sind einfach einzigartig. Ich bin aber froh, nicht direkt in London zu leben, und die Eindrücke nicht Tag für Tag zu haben. Ich liebes es, ein wenig außerhalb zu wohnen, diese Ruhe, Gelassenheit und dennoch innerhalb kürzester Zeit in London sein zu können. Die Mischung macht es aus. Nach den fünf Jahren habe ich das Gefühl, nicht einmal ein Zehntel von London gesehen zu haben.

LAOLA1: Bald stehen die beiden abschließenden Spiele in der Nations League auf dem Programm, ihr liegt auf Gruppenrang zwei. Wie blickst du auf die letzten beiden Länderspiele des Jahres?

Zinsberger: Wir gehen in jedes Spiel, um es zu gewinnen. So denkt jede Sportlerin. Wir haben in den zwei Spielen gegen Portugal eine unglaubliche Leistung abgeliefert. Sie waren schwierig, aber wir haben Mut und Zweikampfhärte bewiesen und den Adler wie immer mit Stolz auf der Brust getragen. Ich bin sehr stolz auf diese Mannschaft. Die Vergangenheit zeigt, wozu sie in der Lage ist, welche unmöglich gedachten Dinge wir möglich gemacht haben. Dieses Team ist speziell und es gibt ein Gefühl von Heimat, wie eine zweite Familie. Wir werden alles daran setzen, um bestmöglich zu performen. Nach dem Norwegen-Spiel werden wir sehen, wo wir stehen.  

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