Johann Gartner befindet sich derzeit auf seiner letzten Auslands-Dienstreise als Präsident des Österreichischen Fußball-Bundes (ÖFB).
Nach der Rückkehr vom EM-Qualifikationsspiel in Brüssel gegen Belgien wird der Niederösterreicher in seiner Funktion als ÖFB-Chef noch die Hauptversammlungen der Landesverbände von Tirol (23. Juni) und Wien (24. Juni) besuchen, ehe die Übergabe an seinen designierten Nachfolger Klaus Mitterdorfer erfolgt.
Der Wechsel an der Verbandsspitze geht im Rahmen der Außerordentlichen Hauptversammlung am 8. Juli in der Stadt Salzburg über die Bühne. Danach ist Gartner wieder ausschließlich als Präsident des niederösterreichischen Verbandes tätig. Wehmut verspüre er deshalb nicht, sagte der 71-Jährige. "Ich habe das immer als befristete Aufgabe gesehen."
Ziel erreicht
Nach dem Abgang von Gerhard Milletich wegen des Vorwurfs der Inseratenkeilerei wurde Gartner am 3. Februar als Interims-Boss inthronisiert - in einer Zeit, als innerhalb des ÖFB-Präsidiums schwere Zerwürfnisse herrschten. "Mein Ziel war es, dass sich die Lage beruhigt, und das ist mir gelungen", resümierte Gartner.
Tatsächlich war es seither vorbei mit öffentlich ausgetragenen Meinungsverschiedenheiten, ein neuer ÖFB-Präsident wurde bereits am 28. April mit bemerkenswerter Schnelligkeit und Einigkeit gefunden. Nahezu der komplette Wahlausschuss votierte damals für Mitterdorfer, neben der Bundesliga enthielt sich nur Gartner der Stimme.
Auf die Frage, ob er die Bestellung des Kärntners für eine gute Wahl halte, antwortete Gartner: "Ich gehe davon aus, dass er bei der Außerordentlichen Hauptversammlung einstimmig gewählt wird." Die informelle Übergabe ist bereits im Laufen. "Natürlich hat Klaus Mitterdorfer in Absprache bereits diverse Gespräche aufgenommen, um sich auf das Amt vorzubereiten. Jeder hat seine individuelle Art. Wenn Unterstützung benötigt wird, bin ich da", versprach Gartner.
Zuhören ist gefragt
Mit öffentlich geäußerten Tipps für seinen Nachfolger hält sich der Niederösterreicher zurück. "Ich werde keine Ratschläge über die Medien ausrichten. Wir werden alles unter vier Augen besprechen - und es liegt natürlich bei ihm, was er mit meinen Einschätzungen macht."
Eine Empfehlung Gartners an Mitterdorfer lautet, sich intensiv in den Landesverbänden umzuhören - so wie es Gartner in den vergangenen Monaten auf seiner Bundesländer-Tour getan hat. "Da sind mir viele Dinge aufgefallen. Es gibt viele Unterschiede. Der Wiener Verband hat zum Beispiel ganz andere Herausforderungen als der Vorarlberger Verband."
Daher sei Rücksichtnahme gefragt. "Wir müssen in allen Entscheidungen im ÖFB die Unterschiedlichkeiten berücksichtigen. Es genügt nicht, nur Mehrheitsentscheidungen zu treffen. Bei der Aufbereitung von Lösungen muss man sehr auf unterschiedliche Gegebenheiten Rücksicht nehmen."
Ohne tiefer ins Detail zu gehen, nannte Gartner in diesem Zusammenhang die Umstellung auf neue Spielformen im Nachwuchsbereich und die Einführung einer neuen Jugendliga. "Da kann man nicht sagen, wir haben eine Mehrheitsentscheidung, da fährt die Eisenbahn drüber."
Gartner war in den vergangenen Wochen bei beiden Champions-League-Finali sowie den Endspielen in der Europa League und Conference League vor Ort. Dabei saß er in modernen Arenen und wurde wieder einmal damit konfrontiert, wie weit das Happel-Stadion von internationalen Standards entfernt ist. Besserung ist nach wie vor nicht in Sicht, wie Gartner nach Gesprächen mit der Wiener Landespolitik feststellen musste. "Es wird noch lange dauern, bis sich da etwas bewegt. Es ist eben nicht sehr einfach."