Ob weißer Rauch wie bei einer Papstwahl aufgestiegen sei?
Ein Teilnehmer der ÖFB-Präsidiums-Sitzung, der nicht zu den unter sich mitunter heftig verfeindeten Landespräsidenten zählt, schmunzelte: "Ich bin mir nicht sicher, ob hier kirchliche Vergleiche angebracht sind."
Aber eigentlich sei die Zusammenkunft relativ harmonisch verlaufen.
Dies war generell der Grundtenor. Der Showdown ging mehr freundlich und weniger emotional über die Bühne.
Ob die handelnden Herren angesichts dieser turbulenten ÖFB-Woche, die mit dem Paukenschlag des Rücktritts von ÖFB-Präsident Gerhard Milletich als Folge monatelanger interner Streitereien begann, die Zeichen der Zeit erkannt haben?
Der mediale Gegenwind in den vergangenen Tagen spiegelte jedenfalls den schlimmen Imageschaden, den die ranghöchsten Funktionäre des heimischen Fußballbundes ihrem eigenen Verband zugefügt haben.
Der Frieden von Graz
Am Freitag wurde in Graz die Friedenspfeife geraucht. Oder konkret von manchen Herren, von denen man dies nicht zwingend erwarten musste, per "Friedensglaserl" nach Sitzungsende an der Hotel-Bar miteinander angestoßen.
Interims-Präsident Johann Gartner ist jedenfalls fest entschlossen, für Frieden im zerstrittenen Präsidium zu sorgen.
Die "Streithanseln" selbst zeigen sich Stand jetzt diesen Bemühungen gegenüber durchaus aufgeschlossen - ob aus der tatsächlichen Erkenntnis heraus, dass es so wie zuletzt keinesfalls mehr weitergeht und eigentlich nur der Rücktritt sämtlicher Beteiligter Sinn macht, sei dahingestellt.
Es wird sich weisen, ob der "Frieden von Graz" ein nachhaltiger ist, oder nur der temporären Angst vom Einbüßen von Macht oder gar vom Verlust des Jobs geschuldet war.
Hollerer und Neuhold - die operativen Chefs
Letzterer Gedanken gilt speziell den beiden Hauptdarstellern, die nicht so wie die Landespräsidenten ehrenamtlich für den ÖFB tätig sind, sondern den Betrieb operativ leiten und dafür auch entlohnt werden.
Gemeint sind Thomas Hollerer und Bernhard Neuhold.
Ersterer ist ÖFB-Generalsekretär, Zweiterer Geschäftsführer der ÖFB-Wirtschaftsbetriebe GmbH. Im Tagesgeschäft sind die beiden die Chefs, während dem Präsidium nur eine Aufsichtsratsfunktion zukommen täte - zumindest wenn die Struktur so gelebt werden würde, wie sie gedacht ist.
Dass das Verhältnis zwischen Hollerer und Neuhold als zerrüttet gilt, erleichtert so gesehen das reibungslose Funktionieren des ÖFB nicht gerade.
Hollerer: "Aufeinander zugehen"
Als nun geschäftsführender ÖFB-Präsident möchte sich Gartner in den kommenden Wochen das Wirken seiner beiden operativen Chefs genau anschauen, bisher sei die Distanz dafür zu groß gewesen.
Gartners Grazer Botschaft lautet jedoch auch an die beiden sinngemäß: Vertragts euch!
"Es ist der gleiche Geist wie im Präsidium. Man kann nur gemeinsam erfolgreich sein. Man muss aufeinander zugehen", antwortet Hollerer auf die LAOLA1-Nachfrage, wie es in Zukunft in der Geschäftsführung weitergehen kann.
Neuhold und Hollerer wählten in Graz übrigens einen bemerkenswert unterschiedlichen Zugang, mit der heiklen Situation umzugehen.
Neuhold auf Tauchstation, Hollerer macht das Gegenteil
Neuhold verkniff sich nach Sitzungsende jeglichen Kommentar und suchte bald das Weite. Am selben Tag, an dem ihn die "Krone" als "Maulwurf" in einer internen "Intrige" gegen Milletich enttarnt haben will, ist diese Strategie zum Selbstschutz tendenziell auch verständlich.
Konkret soll Neuhold eine falsche Spesenabrechnung von Milletich in der Höhe von 40 Euro an dessen internen Kontrahenten Gerhard Götschhofer, Präsident des oberösterreichischen Landesverbands, als Beweis weitergereicht haben.
Hollerer wiederum ging nicht auf Tauchstation, ganz im Gegenteil. Er setzte sich proaktiv in die kleine Medienrunde, die Gartner nach seiner Wahl versammelte, und ist Profi genug, dass er damit gerechnet haben muss, auf seine persönlichen Job-Troubles angesprochen zu werden.
Im Vorfeld der Präsidiums-Sitzung kursierte nämlich medial, dass selbige für den Milletich-Vertrauten die Endstation beim ÖFB sein könnte.
Tischtücher - meistens unzerschnitten
Wie zerschnitten denn das Tischtuch zwischen ihm und Neuhold aus seiner Sicht sei?
"Ich sehe das so: Es gibt sehr wenige Tischtücher, die zerschnitten sind. Es gibt vielleicht Tischtücher, in denen irgendwo mal ein Schnitt drinnen ist. Aber das heißt nicht, dass sie zerschnitten sind."
Hollerer präsentiert sich jedenfalls fest entschlossen, nach vorne zu schauen. Und dies sei auch dringend nötig:
"Ich glaube, dass der österreichische Fußball in den letzten Wochen viel an Vertrauen verspielt hat. Wir müssen uns entschuldigen für das Bild, das wir alle miteinander abgegeben haben. Wir können nur gemeinsam erfolgreich sein."
Gartners Gedanke zum Kommunikationsfluss
Zu tun würde es jedenfalls genug geben: "Ob Qualifikationen oder Infrastruktur-Projekte - wir haben riesige Aufgaben vor uns. Das geht nur als Team. Wenn wir das schaffen, werden wir auf einem guten Weg sein."
Strukturen würden immer von Personen gelebt werden, betont Hollerer zudem.
Dass sich Gartner an diese Stelle mit dem Gedanken einschaltet, dass der Kommunikationsfluss von Milletich zu beiden Geschäftsführern nicht gleich verteilt gewesen sei, ist kein unwichtiger Hinweis.
Schließlich machte Milletich nie ein Geheimnis daraus, dass er mit Hollerer besonders eng zusammengearbeitet hat.
Ohne Neustart geht es nicht
Letztlich wird es an Gartner liegen, erstens diese Schieflage zu korrigieren und zweitens zu evaluieren, ob es zwischen Hollerer und Neuhold einen echten Neustart geben kann.
Ohne selbigen wird es nicht gehen. Sowohl bei diesem Duo als auch im Präsidium.