Wenn die Winter-Monate näher rücken, sind Fußball-Fans immer vor die Herausforderung einer Dürre-Periode gestellt. Mit dem Futsal gibt es eine "Ersatzdroge" - in der sich der ÖFB neuerdings auch mit einem Nationalteam engagiert.
Das vor etwas mehr als einem Jahr gegründete ÖFB-Futsal-Team ist in vier bisherigen Länderspielen (zwei Remis gegen Deutschland, ein Sieg und ein Remis gegen die Schweiz) noch ungeschlagen. Am Wochenende stehen zwei Tests gegen Wales an (Fr., 17:30 Uhr und So., 13:00 Uhr - beide Spiele LIVE auf LAOLA1).
Es werden die letzten Testspiele vor dem ersten Ernstfall des jungen Projekts, dem Einstieg in die EM-Qualifikation kommendes Frühjahr.
Erster ÖFB-Futsal-Teamchef ist Patrik Barbic. Der 38-Jährige wechselte selbst als Aktiver zum Futsal und spielte rund acht Jahre bei Stella Rossa, einem der bekanntesten Futsal-Vereine Österreichs.
Mit LAOLA1 spricht Barbic über die ersten Schritte des Futsal-Nationalteams, das Verhältnis des Sports zum Fußball und seinen Wunsch an das zukünftige Verhältnis der beiden Sparten:
LAOLA1: Das Nationalteam ist ein junges Projekt, die ganze Sportart soll auf professionelle Beine gestellt werden. Wie schätzt du das Potenzial des Futsal in Österreich ein?
Patrik Barbic: Man hat abgewartet, bis viele Strukturen entstanden sind. Sei es die Schülerliga oder die Trainer-Ausbildung seitens des ÖFB, und das Nationalteam war dann erst der nächste Schritt. Die Spieler sind fast alles keine Profis, das macht es schwierig, wenn mit dem Arbeitgeber oder dem Fußball-Verein immer eine Zusammenarbeit gefunden werden muss. Aber die bisherigen Ergebnisse haben gezeigt, dass da viel Potenzial drin steckt. Ich glaube schon, dass wir in Europa eine gute Rolle spielen können. Nicht wie die Top-Länder, Portugal, Spanien, etc. - die Futsal schon über 20, 30 Jahre betreiben. Aber schon wie etwa Deutschland oder die Schweiz, in dem Bereich wollen wir auch daheim sein.
LAOLA1: Wo soll das Nationalteam ungefähr hin? Wenn man fünf, vielleicht zehn Jahre in die Zukunft blickt?
Barbic: Es ist sicher unser Ziel, einmal an einer Europameisterschaft teilzunehmen. Kurzfristig, etwa jetzt schon gegen Wales, wollen wir im Futsal-Bereich weiterkommen. Die Futsal-spezifischen Dinge fehlen bei uns noch ein wenig, weil die Jungs immer vom Fußball umsteigen müssen. Wir haben fast keine Futsal-Profis, sie spielen fast alle beides. Dann ist es schwierig, wenn man vom Fußball in die Halle kommt, weil die Abläufe einfach andere sind. Unser Ziel ist, eine Liga zu haben, die über das ganze Jahr ausgetragen wird, damit die Spieler nur Futsal spielen, damit wir uns auch nicht immer - wenn wir mit dem Nationalteam einen Lehrgang haben - mit den Fußball-Vereinen zusammenreden müssen. International ist die Lage für uns noch schwierig, weil wir so jung sind. Aber die ersten Spiele haben gezeigt, dass wir mit den Ländern in der Umgebung gut mithalten können.
>>> Futsal: Österreich - Wales am Freitag, 17:30 Uhr und Sonntag, 13:00 Uhr LIVE auf LAOLA1 <<<
LAOLA1: Was erhofft sich der ÖFB vom Projekt Futsal?
Barbic: Dass viele Kinder und Jugendliche langfristig in diese Sportart kommen. Das Problem war, dass man bisher nur wenige Möglichkeiten bieten konnte. In der Regel verdienen die Spieler mit dem Futsal nichts. Das Nationalteam kann jetzt aber ein Ansporn sein, in einer Sportart für Österreich aufzulaufen. Ich bin selbst Akademie-Trainer, ich sehe, wie viele Spieler in Landesligen landen, die eigentlich eine gute Fußball-Ausbildung haben. Unser Ziel ist es, diesen Spielern eine solche Möglichkeit zu bieten.
"Bei den Menschen war der Gedanke dahinter, dass Hallen-Fußball mit Futsal nicht viel am Hut hat. Dieses Konkurrenzdenken, dass es eine Konkurrenz zum Fußball allgemein ist - davon wollen wir wegkommen. Es ist eine Ergänzung. Es gibt sogar mehr Zusammenhänge zwischen Fußball und Futsal, als es Unterschiede gibt."
LAOLA1: Also soll das Nationalteam auch ein Zugpferd sein, um die Aufmerksamkeit für die ganze Sportart zu erhöhen und irgendwo ein sportliches Ziel vorzugeben.
Barbic: Es soll schon ein Ansporn sein, in diese Sportart zu wechseln. Darum haben wir das Nationalteam gegründet, um für die jungen Spieler eine Möglichkeit anzubieten. Im Fußball ist es, relativ gesehen, schwieriger als bei uns, in das Nationalteam zu kommen.
LAOLA1: Warum hat es so lange gedauert, bis der Futsal in Österreich Fuß gefasst hat?
Barbic: In Österreich ist der Hallen-Fußball extrem verankert gewesen. Etwa das Stadthallen-Turnier. Die meisten Turniere wurden mit den typischen Banden gespielt. Das hat es schwieriger für den Futsal gemacht.
LAOLA1: Also ist Hallen-Fußball in deinen Augen als Konkurrenz zu Futsal zu sehen gewesen, nicht als Wegbereiter?
Barbic: Eigentlich hätte das ein positiver Faktor sein können. Denn für mich ist es keine Konkurrenz. Ich finde alles, was irgendwie mit Fußball zu tun hat, positiv - von Futsal über Hallen-Fußball zum normalen 11er-Fußball. Aber bei den Menschen war der Gedanke dahinter, dass Hallen-Fußball mit Futsal nicht viel am Hut hat. Dieses Konkurrenzdenken, dass es eine Konkurrenz zum Fußball allgemein ist - davon wollen wir wegkommen. Es ist eine Ergänzung. Es gibt sogar mehr Zusammenhänge zwischen Fußball und Futsal, als es Unterschiede gibt. Alle Kinder und Jugendlichen, die im Fußball groß werden, können viel im Futsal mitnehmen - es bringt viel im technischen und taktischen Bereich. Unser Ziel ist, dass die Menschen in diese Richtung denken.
LAOLA1: Warum Futsal? Warum hast du dich dafür entschieden und warum sollte man diesen Sport betreiben?
Barbic: Sieh dir an, welche Top-Fußballer weltweit mit Futsal begonnen haben! Namen wie Robinho, Andres Iniesta, Lionel Messi, der in der Kindheit viel Futsal gespielt hat... man hat immer Druck in Sachen Gegner, Raum und Zeit. Man muss in kurzer Zeit schnelle Entscheidungen treffen. Das ist im heutigen Fußball vielleicht sogar der wichtigste Faktor. Man ist immer im Spiel, nicht wie im Hallen-Fußball, wo es mehr Spieler gibt, und man immer ein paar Minuten nicht im Spiel ist. Hier wird Vier gegen Vier gespielt. Du bist immer in der Offensive, du bist immer in der Defensive dabei.
"Man ist immer im Spiel, nicht wie im Hallen-Fußball, wo es mehr Spieler gibt, und man immer ein paar Minuten nicht im Spiel ist. Hier wird Vier gegen Vier gespielt. Du bist immer in der Offensive, du bist immer in der Defensive dabei."
LAOLA1: Österreich ist ein Land mit einem langen Winter. Eigentlich sollte eine Co-Existenz möglich sein, die auch einen Mehrwert für Fußball-Vereine bringen kann, weil die Spieler über den Winter in einem Spielbetrieb drin bleiben?
Barbic: Es gibt schon viele Trainer, die das als Möglichkeit sehen, die Zeit über den Winter zu überbrücken. Es gibt auch Trainer, die den Spielern eine Pause gönnen wollen, weil die Belastung zu hoch wird. Ich bin schon der Meinung, dass es da eine gute Zusammenarbeit geben kann. Futsal ist ein gutes Training, bringt auch Dinge bei, die "draußen" benötigt werden.
LAOLA1: Vor welche Herausforderungen auf organisatorischer Seite bist du als Teamchef gestellt? Wie wünscht du dir, dass das in Zukunft ausgestaltet werden kann?
Barbic: Das einfachste wäre, es wie beim A-Team zu gestalten. Wenn eine Einberufung kommt, sollen die Spieler freigestellt werden. Soweit sind wir aber nicht, Futsal und Fußball werden noch als unterschiedliche Sportarten gesehen. Und solange Spieler beide Varianten spielen, werden wir immer diese paar Problemchen haben, dass einige Spieler nicht freibekommen. Aber ich bin einer, der sich mit der Situation auseinandersetzt. Wir haben es in der Vergangenheit ganz gut hinbekommen, das Beste daraus zu machen.
LAOLA1: Ein Appell deinerseits, an die Fans, warum man sich mehr mit Futsal und dem Nationalteam auseinandersetzen sollte - und andererseits für Fußballer, es auch einmal mit dieser Sportart zu probieren?
Barbic: Es ist eine super Möglichkeit, sich für den Fußball weiterzuentwickeln. Es ist extrem viel Spielfreude dabei. Jeder, der es einmal probiert, wird in der Regel dabei bleiben. Von den Fans wünsche ich mir am Wochenende Unterstützung. Die Länderspiele gegen Deutschland waren vom Ambiente her schon besonders, die Halle war beinahe voll. Das erhoffen wir uns auch gegen Wales. Wer die Spiele verfolgt hat: Gegen Deutschland war es Dramatik pur, wir waren vorne, hinten, haben ausgeglichen - es ist hin und her gegangen, es gab viele Torszenen, viele schnelle Spielzüge. Auch in der Schweiz haben wir nach 1:4-Rückstand 6:4 gewonnen. Es wird echt nie langweilig. Es ist einfach ein schöner Sport, auch um zuzusehen.