Österreichs Fußball-Schiedsrichter sollen ab der Saison 2025/26 die Chance auf eine Semi-Professionalisierung haben und endlich wieder mit einem Referee in der Champions League vertreten sein.
Ali Hofmann, Leiter des Referee Departement im ÖFB, und der für die heimischen Eliteschiedsrichter zuständige Viktor Kassai stellten am Mittwoch in Wien die nächsten Schritte in dem vor einem Jahr eingeleiteten Entwicklungsprozess vor.
Der ehemalige Spitzenschiedsrichter Kassai, der 2011 das Champions-League-Finale geleitet hat, arbeitet seit Juni des vergangenen Jahres als Technischer Direktor in der ÖFB-Schiedsrichterabteilung an der Professionalisierung der heimischen Referees.
Von 27 auf 14: VAR-Fehlentscheidungen um fast die Hälfte reduziert
In seiner ersten Saison wurden ein VAR-Instruktor und ein Coach für die Schiedsrichter-Assistenten installiert, die Bundesländer-Regelung bei der Besetzung aufgehoben und wöchentliche Analysen der Bundesliga-Spiele mittels Video-Clips installiert.
"Ich hatte noch nie ein Wochenende, wo ich 100 Prozent zufrieden war. Auch ein Fehler ist einer zu viel für uns", meinte der Chef von 27 Schiedsrichtern und 38 Assistenten, die fast 500 Spiele in den zwei Bundesligen und dem ÖFB-Cup geleitet haben.
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Zudem wurde zweimal jährlich eine VAR-Schulung eingeführt. Ergebnis davon ist, dass VAR-Fehlentscheidungen von 27 im Herbst auf 14 im Frühjahr fast halbiert worden sind. "VAR hat uns geholfen, ruhiger zu agieren. Aber es gibt immer falsche Wahrnehmungen oder falsche Interpretation", erklärte Kassai.
Der Ungar hob aber die Leistungen der Schiedsrichter hervor, die 14 dieser VAR-Fehler als solche erkannt und overruled haben, wie eine Statistik ergab, die in gesamt 202 Spielen mit VAR-Technologie 82 Eingriffe auswies.
Die durchschnittliche Dauer des Eingriffs in der abgelaufenen Saison betrug 47 Sekunden in der ersten Halbzeit und 57 Sekunden in der zweiten. Mit Schulungen werde daran gearbeitet, "diese Zeiten noch zu reduzieren".
Semi-Professionalisierung: "Wir brauchen Schiedsrichter in der Champions League"
Für die demnächst startende neue Saison will man die Leistungen stabilisieren und die internationale Position stärken, für nächstes Jahr steht der Start der Semi-Professionalisierung auf dem Programm. An Vollzeitverträge denkt Hofmann derzeit nicht, dazu würden die Voraussetzungen in Österreich fehlen.
Auch ein Aufstieg in die europäische Eliteliga steht auf der Wunschliste. Nach vier Gruppenspielen in der Europa League, die österreichische Unparteiische geleitet haben, will man im nächsten Jahr den nächsten Schritt schaffen.
"Europa League ist schön, aber wir brauchen Schiedsrichter in der Champions League", betonte Kassai und sprach die damit einhergehende Vorbildfunktion an. Zudem soll Österreich 2028 auch mit einem Schiedsrichter bei der nächsten EM vertreten sein.
Die Handspiel-Regel und die Frage nach der Interpretation
Aktuell werden die heimischen Referees auf die demnächst beginnende Saison vorbereitet, die mit der Kapitänsregel auch eine Neuerung bringt.
Nur noch die Kapitäne dürfen mit den Schiedsrichtern diskutieren, dadurch wird es "mehr Respekt geben auf dem Spielfeld", ist Kassai überzeugt.Eine Errungenschaft der EM, bei der diese Regel erstmals angewandt worden ist.
Ein bei der EURO offenkundiges Problem bleibt aber bestehen, nämlich die Frage, wann ein Handspiel geahndet wird. "Das größte Problem ist die Frage der Interpretation. Da gibt es viel Raum. Ist die Haltung natürlich oder nicht? Gibt es eine Vergrößerung? Da gibt es keine Schablone, wir können unseren Leuten nur helfen, wie sie die Szene beurteilen", erklärte Kassai, der auf das EM-Feedback der UEFA in diesem Bereich gespannt ist.