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Scherbs Jahrgang 2007: Mit Serien-Mottos zur U17-EM

Ein diverses Team mit den Söhnen bekannter Väter hat es zur Endrunde geschafft. Teamchef Martin Scherb spricht über seine Talente und den Mut der Bundesliga.

Scherbs Jahrgang 2007: Mit Serien-Mottos zur U17-EM Foto: © GEPA

Die ÖFB-U17 fährt zur EM 2024! Von 20. Mai bis 5. Juni findet die Endrunde der 16 besten Nationen auf Zypern statt. Mittendrin ist das Team von Trainer Martin Scherb.

Der Jahrgang 2007 hat sich in einer Quali-Gruppe mit Spanien, Norwegen und Slowenien als Gruppensieger durchgesetzt. Und das mit einem Sieg gegen Spanien im finalen Gruppenspiel.

"Die Entwicklungsschritte der Mannschaft in diesen zehn Tagen waren sensationell", freut sich der Teamchef im LAOLA1-Interview. Für ihn ist es nach der U19-EM 2022 die zweite Endrunde als Nachwuchs-Coach des ÖFB.

Der 54-Jährige spricht über Lehrgänge mit Serien-Mottos, Söhne berühmter Väter, Goalgetter Oghenetejiri Adejenughure und die wenigen ganz jungen Spieler in der Bundesliga.

LAOLA1: Österreichs U17 qualifiziert sich in einer Gruppe mit Spanien, Norwegen und Slowenien als ungeschlagener Gruppensieger für die EM. Kann man von einer Sensation sprechen?

Martin Scherb: Jein. Uns war klar, dass unsere Hauptgegner um den zweiten Platz Norwegen und Slowenien sein werden. Wir wollten beide Spiele gewinnen, hätten das auch verdient. Gegen die Spanier haben wir davor schon mal gespielt, das waren mit Abstand die besten Gegner in den drei Jahren. Trotzdem haben wir nach der Enttäuschung gegen Norwegen gesagt, wir spielen nicht auf einen Punkt, sondern wollen gewinnen, greifen voll an.

LAOLA1: Wie ist das dann gelungen?

Scherb: Wir haben drei Muster im Spiel der Spanier festgestellt: Die Doppelbesetzung auf Außen, der Tiefenlauf der Achter und der freie Raum, der dadurch entsteht. Das haben unser Spielanalyst Bodgan Frisu und Assistenztrainer Christoph Wurm top vorbereitet. Wir hatten zwar nicht mehr Ballbesitz, aber mehr Chancen und haben gar nicht unverdient 3:1 gewonnen. Die Entwicklungsschritte der Mannschaft in diesen zehn Tagen waren sensationell.

LAOLA1: Die Auslosung ist am 3. April. Gibt es einen Wunschgegner?

Scherb: Nein, wir nehmen es so, wie es ist. Wir haben das Selbstvertrauen, zu sagen, dass wir gegen jeden bestehen können.

LAOLA1: Wie sieht der Fahrplan bis zur EM aus? 

"Wir haben uns vom Frauen-A-Team abgeschaut, unsere Lehrgänge unter Serien-Mottos zu stellen."

Scherb: Wir wollen im April ein Kurztrainingslager machen. Ab 14./15. Mai startet die Vorbereitungsphase, die direkt in die Endrunde mündet.

LAOLA1: Was zeichnet den Jahrgang 2007 aus?

Scherb: Es ist eine sehr diverse Gruppe von den Skills, die die Spieler haben, aber auch in ihren Persönlichkeitsmerkmalen. Es ist toll, zu sehen, wie viel Spaß die Burschen haben, wenn sie miteinander Karten, Tischtennis oder Basketball spielen. Und es ist toll zu sehen, wie sich jeder einbringt. Nicht nur die 13, 14 Startelf-Spieler, sondern auch unsere Power-Bank, wie wir sie nennen. Das ist sehr besonders in diesem Jahrgang.

LAOLA1: Sie sind bekannt dafür, ein Motto mit Ihren Teams zu erarbeiten.

Scherb: Das Übermotto diesmal ist "all in". Das haben die Spieler im September 2022 selbst erarbeitet. Außerdem haben wir uns vom Frauen-A-Team abgeschaut, unsere Lehrgänge unter Serien-Mottos zu stellen. Im Oktober war Staffel 1, die Quali jetzt war Staffel 2 – das Spiel gegen Norwegen hat "Matchball" geheißen, das Duell mit Spanien "Showdown". Wir wollten in dieser Saison unbedingt noch eine dritte Staffel, das ist uns gelungen. Wir hoffen auf viele Folgen in Staffel 3.

Foto: © GEPA

LAOLA1: Es gibt in diesem Team mit Magnus Dalpiaz, Ilia Ivanschitz, Thierry Fidjeu Tazemeta und Philipp Moizi einige Söhne von Ex-Profisportlern bzw. Männern, die dem Profisport beruflich eng verbunden sind. Haben diese Burschen eine andere Herangehensweise?

Scherb: Das ist viel zu individuell, um das so allgemein zu sagen. Die Burschen kennen das Geschäft natürlich von klein auf. Da lässt sich keine spezifische Aussage treffen.

LAOLA1: Mit Oghenetejiri Adejenughure gibt es einen echten Goalgetter im Kader.

Scherb: Wir nennen ihn nur Kenneth, den Namen hat er auch am Trikot stehen. Er ist aufgrund seiner Athletischen Fähigkeiten ein außergewöhnlicher Stürmer – er ist schnell und stark. Jeder fürchtet sich vor ihm, jede Mannschaft hat Riesenrespekt. Wenn er selbst nicht die Tore macht, schafft er Räume oder holt Elfmeter raus, er wird viel gefoult, bleibt aber ruhig. Er hat zuletzt einen riesigen Sprung gemacht.

LAOLA1: Sehr interessant sind mit Oliver Sorg und Eaden Roka die beiden Außenverteidiger. Österreich ist derzeit ja nicht unbedingt gesegnet mit vielen hochklassigen Außenverteidigern.

Scherb: Als wir vor einem Jahr auf die Spanier getroffen sind, haben sie die beiden schwindelig gespielt. Wir haben dann mit den Akademien und den Talentecoaches gesprochen, was wir glauben, was für ihre Entwicklung wichtig wäre. Beide haben sich extrem weiterentwickelt in ihrem Defensivverhalten, diesmal sind die Spanier im Eins-gegen-Eins kein einziges Mal an ihnen vorbeigekommen. Eaden hat eine irrsinnige Dynamik und Drang nach vorne, ein geradliniger Typ. Oliver ist mehr der technisch feinere Kicker. Beide haben großes Potenzial.

"Im Bereich U23, wo der Österreicher-Topf schlagend wird, wäre es schön, wenn wir uns mehr trauen würden."

LAOLA1: Es gibt einen neuen Trainerzyklus für Nachwuchs-Teamchefs. Franz Ponweiser ist fixer U15-Coach, dann übernimmt ein Trainer für U16 und U17, übergibt dann an einen anderen für U18 und U19. Was sind die Vorteile?

Scherb: Der größte Vorteil ist, dass du als Teamchef nicht mehr gleichzeitig die U15 und U19 machen musst. Das ist anstrengend, kompliziert und du kannst der U15 nicht die Aufmerksamkeit geben, die sie jetzt mit einem eigenen Trainer bekommt. Ob der Rest besser ist, werden wir sehen. Die Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Nachwuchs-Teamchefs muss auf jeden Fall sehr eng sein. Wir lassen jetzt mal einen Zyklus für vier Jahre durchlaufen.

LAOLA1: Ihre Spieler sind jetzt 16 oder 17 Jahre alt, spielten teilweise bei den Amateuren, also Regionalliga oder 2. Liga. Wenn man sich die aktuelle Saison in der höchsten Spielklasse, der Bundesliga, ansieht, sind bisher zwei Spieler unter 18 Jahren eingesetzt worden: Jovan Zivkovic von Rapid und Michael Morgenstern vom WAC. Sie haben insgesamt 48 Spielminuten in den Beinen. Gibt es zu wenig Mut, ganz junge Spieler ins kalte Wasser zu werfen?

Scherb: Grundsätzlich würde ich mir wünschen, dass die Vereine mutiger sind. Andererseits ist die 2. Liga eine ideale Plattform für die jungen Spieler, um erste Schritte im Erwachsenenfußball zu schaffen. Aber man kann nicht sagen, dass so und so viele spielen müssen. Es geht nicht nur um das Spielerische, sondern auch um die Athletik und Physis. Manche Spieler sind mit 17 Jahren schon bereit für die Bundesliga, andere erst mit 21. Im Bereich U23, wo der Österreicher-Topf schlagend wird, wäre es schön, wenn wir uns mehr trauen würden. Aber da spielt das Format sicher eine Rolle, dass du da weniger auf einen Jungen setzt, der ein bisschen eine Wundertüte ist. In Summe glaube ich aber, dass wir als ÖFB und Bundesliga auf einem guten Weg sind.

LAOLA1: Sie haben schon erwähnt, dass das Format in der Bundesliga Experimente mit jungen Spielern erschwert. Aktuell wird über eine mögliche Reduzierung der Teilnehmer-Zahl in der 2. Liga diskutiert. Haben Sie das Gefühl, dass in dieser Diskussion mitbedacht wird, dass das eine Gefahr für die Einsatzzeit junger Spieler bergen kann?

Scherb: Wir sind in diesen Prozess eingebunden und haben als ÖFB unsere Meinung dazu abgegeben. Die 2. Liga ist als Plattform und Entwicklungsschritt für junge Spieler wichtig.


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