"Ich habe eigentlich echt lange darauf gewartet", sagt Benjamin Böckle (22) über seine erste Nominierung für das ÖFB-U21-Nationalteam.
Beim 5:0-Sieg über Schottland gab er im Juni sein Debüt, der Linksverteidiger stand 60 Minuten am Platz. "Ich war schon froh, dass es das erste Mal wieder geklappt hat", so Böckle, der davor für alle Nationalteams ab der U15 auflief. Es sei eben immer wieder cool, für Österreich zu spielen. Ohne Spielzeit gehe das halt nicht. Und: "Es bestätigt, dass es richtig ist, was ich mache."
Für den September-Lehrgang mit dem EM-Quali-Spiel in Bosnien und Herzegowina (Freitag, ab 18 Uhr im LIVE-Ticker >>>) sowie einem Testspiel bei U21-Europameister England steht Böckle erneut im Kader von Werner Gregoritsch. Es ist gewissermaßen die Belohnung für ein Jahr, in dem beim 22-Jährigen vieles gut gelaufen ist.
Früher Abschied aus dem Ländle
Böckle ist in Vorarlberg aufgewachsen, er kommt aus Lauterach. Schon mit 13 Jahren verließ er aber das gewohnte Umfeld. Grund dafür: Eine Anfrage von Red Bull, Böckle konnte in die Salzburger Akademie wechseln. Dass es einmal in Richtung Profifußball gehen könne, habe sich damals noch nicht abgezeichnet, meint er heute.
Ihm habe einfach das Fußballspielen Spaß gemacht, er habe immer auf dem höchsten Level spielen wollen. Es habe ihm ohnehin jede Art von Sport getaugt: Skifahren, Handball, Schwimmen – Fußball aber doch etwas mehr. Die Entscheidung sei mit seinen Eltern gut durchdacht worden. "Wir haben dann gesagt, ich habe jetzt die Chance - wenn es nicht klappt, komme ich wieder zurück. Aber in einem Jahr hätte es die Chance vielleicht nicht mehr gegeben."
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Böckle nutzte die Chance, spricht heute von einer Entscheidung, die zwar schwer gewesen sei – aber auch richtig.
Nicht nur fußballerisch habe er von der Zeit profitiert, sondern auch fürs Leben. "Wir haben in der Akademie schon strenge Regeln gehabt. Als wir jünger waren, haben wir zu einer bestimmten Uhrzeit die Handys abgeben müssen, das Bett musste in der Früh gemacht sein. Wäsche haben wir auch schon selbst gewaschen", erzählt er.
Böckle wurde so früh selbstständig. "Das sind schon Sachen, die dich weiterbringen. Oder auch auf mentaler Ebene: Wenn du Schule hast, sechs Trainings, am Wochenende ein Spiel - da musst du lernen, wie du dir alles einteilst."
Mit 18 wechselte Böckle aus der Jugend zum FC Liefering. Und kam erst einmal auf wenig Einsatzzeit. "Da war ich einfach hinten nach", sagt er. Legte dann aber zu und kam im zweiten Jahr auf seine Minuten, führte Liefering sogar als Kapitän aufs Feld.
Wenn Daouda Guindo von den Profis bei Liefering spielte, musste sich Böckle aber wieder hintanstellen, in der Rückrunde verletzte er sich. Liefering sei für junge Spieler eine super Plattform – aber auf der anderen Seite auch nicht ganz so leicht, meint der 22-Jährige.
Wenig Zeit für große Erlebnisse
Im Sommer 2022 wechselte Böckle zu Fortuna Düsseldorf. Großer Name, große Konkurrenz.
"Rein sportlich hätte ich mir das anders vorgestellt", so Böckle. In sechs Einsätzen sammelte er lediglich 36 Minuten für den Klub, spielte vorrangig bei Fortuna Düsseldorf II in der Regionalliga. Missen möchte er den Transfer nicht. "Ich bin trotzdem voll froh, dass ich das gemacht habe. Weil es war eine riesige Erfahrung für mich", sagt Böckle.
"Für mich war das so: 'Boah, das ist jetzt also Erwachsenenfußball.'" Am letzten Spieltag der Saison 2022/23 wurde er beispielsweise auswärts in Kaiserslautern eingewechselt, vor knapp 50.000 Zuschauern. Eine Erfahrung, die sich eingebrannt hat.
Teil der Sensation
Ebenfalls prägend für den Defensivspieler: die vergangene Saison mit Preußen Münster. Der Schritt als Leihspieler zurück in die 3. Liga sei für ihn nicht wirklich ein solcher gewesen. Sondern eher ein Schritt nach vorne: "Für mich war es die richtige Entscheidung, weil ich oft gespielt habe, mich zeigen habe können."
Das tat Böckle in wettbewerbsübergreifend 31 Spielen. Nach seinem Debüt am fünften Spieltag war Preußen Drittletzter. Nach der Hinrunde auf Platz zwölf, 17 Punkte hinter dem damaligen Tabellenführer Regensburg. "Wie es im Endeffekt ausgegangen ist – das war brutal." Als Aufsteiger schaffte Münster vier Punkte vor Regensburg den Direktaufstieg, die Entscheidung fiel im letzten Spiel.
Wie damals vor 60 Jahren: Der Adler fliegt hoch >>>
Die 3. Liga ist bekannt für ihr physisches Spiel. "Mir hat es gefallen. Da waren Spiele dabei, wo du voll über den Körper und den Einsatz gehst. Das liegt mir, weil ich schon ein athletischer Spieler bin", meint Böckle.
Er hätte sich zunächst auch durchaus vorstellen können, in Münster zu bleiben. Dann sei die Anfrage von Rapid gekommen. "Im Endeffekt war Rapid die beste Option und ich wollte das unbedingt machen", erklärt Böckle. Er sagt: "Das war der nächste Schritt."
Noch nicht zufrieden
Für die Hütteldorfer lief Böckle bislang viermal auf, lieferte dabei drei Assists. So viele, wie in Münster in der gesamten Saison. Ob er sich viel vorgenommen habe?
"Klar, so wie jede Saison. Manchmal läuft es ein bisschen besser, manchmal weniger. Ich versuche, es so gut wie möglich zu machen", sagt Böckle. Verbesserungsbedarf sieht er bei sich selbst noch in der Entscheidungsfindung im letzten Drittel. Auch der rechte Fuß oder das Kopfballspiel könnten noch Optimierungen vertragen. "Aber da arbeite ich dran."
Die Saison sei noch jung, bisher aber für ihn ganz gut gelaufen, meint Böckle. Er kündigt aber auch an: "Da ist sicher noch ein Schritt nach oben möglich. Ich freue mich auf das, was kommt."