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Hannes Wolf: "Das würde ich nie wieder tun"

Sein tränenreicher Abschied aus Salzburg, nervöse Fans und die Vorfreude auf Nagelsmann.

Hannes Wolf: Foto: © GEPA

Läppische zwölf Nachwuchs-Länderspiele hat Hannes Wolf erst auf seinem Konto. Das hat mehrere Gründe, wie der 20-Jährige im LAOLA1-Interview verrät – einen davon kann er so gar nicht nachvollziehen.

Jedenfalls ist der Offensivspieler einer der Hoffnungsträger der ÖFB-U21 bei der EM 2019 in Italien und San Marino. Nach dem Turnier wird der Steirer zum ÖFB-Legionär.

Bereits seit dem Winter steht fest, dass er RB Salzburg (89 Pflichtspiele, 23 Tore/21 Assists) nach fünf Jahren in Richtung Leipzig verlässt. Damals rechtfertigte er sich in einem Video (Hier ansehen >>>) für seinen Wechsel. „Ich habe mich in diesem Video erklärt, quasi entschuldigt – aber für was eigentlich?“, sagt Wolf heute.

Der Youngster spricht über seinen tränenreichen Abschied aus der Mozartstadt, Foto-Anfragen von nervösen Fans und die Vorfreude auf Julian Nagelsmann.

LAOLA1: Ich bin ein wenig überrascht, dass du kaum Nachwuchs-Länderspiele bestritten hast. Was war da los?

Hannes Wolf: Einerseits habe ich, als das mit den Nationalteams begonnen hat, noch nicht in einer Akademie, sondern im Jugendausbildungszentrum Graz gespielt. Dann war ich einmal dabei, aber irgendwas hat dem Trainer (Andreas Heraf, Anm.) nicht gepasst, er hat gemeint, ich hätte mich schlecht benommen. Ich kann von meiner Seite nur sagen: Ich wüsste nicht, wo ich mich falsch benommen hätte, ich war damals eigentlich nur nervös. Danach war ich lange nicht mehr dabei. Und die EM mit dem Jahrgang 1998 musste ich aus schulischen Gründen absagen.

LAOLA1: Jetzt bist du aber dabei und die U21-EM steht am Programm. Mit welchen Gefühlen blickst du dem Turnier entgegen?

Wolf: Es ist eine spannende Geschichte, so etwas erlebt nicht jeder. Wir haben damals mit Salzburg die Youth League gewonnen, ich weiß also, was auch als Team aus Österreich möglich ist. Wir dürfen nicht sagen: „Wir schauen mal…“ Wir müssen so antreten, dass wir etwas reißen wollen. Ich habe aber keine große Sorge, dass nicht alle so denken würden.

"Es wäre der falsche Ansatz, wenn wir sagen würden, wir schauen mal, was geht, wir haben eine so starke Gruppe – das machen Verlierer"

LAOLA1: Was ist euer großes Ziel?

Wolf: Wir brauchen uns nicht zu verstecken. Es wäre der falsche Ansatz, wenn wir sagen würden, wir schauen mal, was geht, wir haben eine so starke Gruppe – das machen Verlierer. An guten Tagen ist für uns etwas drinnen.

LAOLA1: Wie ist das mit deiner Abstellung gelaufen? Bei Konrad Laimer und dir hat RB Leipzig ja zum ÖFB gesagt: „Entweder A-Team oder U21.“ Warst du dann der, der gesagt hat, er will U21 spielen?

Wolf: Nein, das hat alles der ÖFB entschieden. Für mich wäre beides gut gewesen. Für mich passt das so.

LAOLA1: Hast du in Leipzig eigentlich schon alles geklärt?

Wolf: Ich habe im März schon eine Wohnung gefunden, es ist schon alles eingerichtet. Diverse Dinge mit Versicherungen und so muss ich noch klären, aber es wird.

Foto: © GEPA

LAOLA1: Wie groß ist da schon das Kribbeln?

Wolf: Sehr groß! Normalerweise habe ich im Sommer immer das Gefühl, dass ich nach einer langen Saison Urlaub brauche. Diesmal denke ich mir: „Es kann gerne gleich nach der U21-EM in Leipzig losgehen.“ Es ist eine neue Aufgabe, ein neuer Lebensabschnitt. Die Vorfreude ist riesig.

LAOLA1: Du warst fünf Jahre in Salzburg, hast dort eigentlich alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt. Wie fällt dein Fazit aus, wenn du auf diese Zeit zurückblickst?

Wolf: Es ist sehr schnell vergangen, gefühlt war es viel kürzer als fünf Jahre. Gerade die letzten zwei Jahre bei den Profis, die Menschen im Umfeld, der Trainer, der Zusammenhalt innerhalb des Teams – so etwas ist sicher nicht normal. Wir hatten immer Erfolg, nie eine Krise. Selbst als wir die CL-Quali verpatzt haben, haben wir drei Wochen später gegen Leipzig gewonnen und es war wieder alles okay. Es waren fünf Wahnsinns-Jahre! Irgendwann war es aber an der Zeit, etwas Neues, den nächsten Schritt zu machen.

LAOLA1: Bist du eigentlich schon aus der Whatsapp-Gruppe rausgeflogen?

Wolf: Nein, ich bin noch drinnen. Ich habe auch noch das Dienstauto. Mein Vertrag läuft ja noch bis 30. Juni. An dem Tag ist dann wohl Schluss.

"Ich habe schon vor dem Spiel geweint, weil der Trainer so rührend gesprochen hat. Ich dachte mir noch: 'Wie soll ich überhaupt spielen!?'"

LAOLA1: Wie oft sind bei dir eigentlich Abschiedstränen geflossen? Zum ersten Mal ja bereits beim Aus gegen Napoli.

Wolf: Damals wusste ich, dass so ein Spiel in diesem Stadion für mich nicht noch einmal kommt – jeder weiß, dass die Bundesliga-Spiele in Salzburg nicht dasselbe sind. Am vorletzten Tag war ein bisschen Wehmut da, als Christoph Leitgeb verabschiedet wurde. Er ist in der Kabine in Tränen ausgebrochen. Das ist ein Typ, den sieht man eigentlich nicht weinen. Mir tut dann immer jeder gleich so leid und es gibt ja auch dieser Grazer Connection.

LAOLA1: Und das letzte Spiel?

Wolf: Da habe ich schon vor dem Spiel geweint, weil der Trainer so rührend gesprochen hat. Ich dachte mir noch: „Wie soll ich überhaupt spielen!?“ Dann bin ich vor dem Spiel verabschiedet worden, ebenso das Trainerteam, Alex Zickler ist weinend über den ganzen Platz gegangen. Das war so unglaublich emotional. Dann wurde Leitgeb ausgewechselt und ich war wieder kurz vorm Weinen. Und dann natürlich noch die Meisterfeier. Ich bin um 6 Uhr in der Früh aus Wien los in den Urlaub geflogen, musste also um 1 Uhr von der Meisterfeier weg, da habe ich mich von allen verabschiedet und es sind wieder die Tränen geflossen, ich konnte gar nicht mehr reden. (lacht)

LAOLA1: Das beweist ja, dass das Mannschaftsgefüge schon ganz speziell war.

Wolf: Es gibt so viele Jungs, bei denen ich mir denke: „Mit denen hab ich eigentlich viel zu wenig gemacht.“ Das waren so chillige Typen. Und dann auch noch der Trainer… Das waren einfach meine Leute!

Foto: © GEPA

LAOLA1: War es im Nachhinein betrachtet richtig, dass du dich schon im Winter für Leipzig entschieden hast?

Wolf: Ja. Grundsätzlich wollte ich den Transfer ja schon im Winter machen, das hat aber nicht geklappt. Ich hätte es ja auch nicht gleich erzählen müssen, die Vereine haben mir das offen gelassen. Aber ich wollte in den Interviews nicht sagen, dass ich nicht weiß, wie es weitergeht, obwohl ich es schon sehr wohl weiß. Und ich wollte Klarheit über meine Zukunft haben. Zu diesem Zeitpunkt ist es ideal für mich gelaufen, das Angebot hat gut gepasst, das war genau das, was ich machen wollte und man weiß ja nicht, ob das wieder kommt, wenn man es ausschlägt.

LAOLA1: Hat es eine Rolle für dich gespielt, dass Leipzig auch ein Red-Bull-Klub ist, dass du schon weißt, was da auf dich zukommt?

Wolf: Sicher! Erstens ist es die deutsche Bundesliga, Leipzig ist Dritter, war im DFB-Pokalfinale. Der Verein hat für die Zukunft so viele Pläne, ist so gut strukturiert. Ich kenne das aus Salzburg und weiß auch, was bei anderen Vereinen manchmal abgeht.

LAOLA1: Wie groß ist deine Vorfreude auf Julian Nagelsmann?

Wolf: Sehr groß! Man hört nur Gutes über ihn. Wir haben damals im Winter ja auch telefoniert und ein bisschen miteinander geschrieben. Ich hoffe, er bringt mir etwas Neues bei.

"Alle sagen, ich wäre wegen des Geldes gegangen, und so weiter. Dabei wissen diese Leute ja über nichts Bescheid."

LAOLA1: Du kennst Christoph Baumgartner und Stefan Posch von den Nationalteams, die haben dir sicher schon einiges von ihm erzählt. Was erwartet dich da?

Wolf: Ein extrem anspruchsvolles Training. Er legt sehr viel Wert aufs Gewinnen, aber das kenne ich ja von Marco Rose. Den Rest lasse ich auf mich zukommen. Er ist in den Trainings extrem mit dabei, wird auch mal laut, ist einfach besessen von dem, was er macht. Solche Trainer bringen dich weiter, da lässt du nie locker.

LAOLA1: Du spielst mit Leipzig fix in der Gruppenphase der Champions League. Soll’s ein Duell mit Salzburg werden?

Wolf: Nein, das brauchen wir nicht. (lacht) In der Europa League war es für uns Salzburger damals echt gut, dass wir gegen Leipzig gespielt haben. Nach dem CL-Aus hat sich durch dieses Los alles verändert, weil sich die Leute gleich auf die Gruppenphase in der Europa League gefreut haben. Aber nachdem ich gegangen bin – versöhnlich war es ja nicht, es war okay, aber es geht sicher auch besser – muss es nicht sein.

LAOLA1: Du hast deinen Abgang angesprochen. Hast du nach deiner Entscheidung Kontakt zu den Fans gesucht, oder umgekehrt?

Wolf: Ich habe damals ja ein Abschiedsvideo gemacht, der Verein hat das gepostet. Ich würde das heute so nicht mehr machen. Ich habe mich in diesem Video erklärt, quasi entschuldigt – aber für was eigentlich? Leider habe ich das zu diesem Zeitpunkt gemacht, ich würde das nie wieder tun. Das ist bei den Leuten auch nicht gut angekommen. Alle sagen, ich wäre wegen des Geldes gegangen, und so weiter. Dabei wissen diese Leute ja über nichts Bescheid. Viele Leute haben sich dann auch bei mir entschuldigt, haben gesagt, dass es ihnen leid tut, dass ich ausgepfiffen wurde. Andererseits: Was kann man erwarten? Das sind ja Fans eines bestimmten Vereins, dass die es nicht gutheißen, dass ich gehe, ist normal. Ich kann das schon einschätzen, habe das nie so ernst genommen.

Foto: © GEPA

LAOLA1: Besser so, als die Fans freuen sich, dass du weg bist.

Wolf: Es ist ja auch ein Zeichen dafür, dass du den Leuten wichtig warst, dass sie dich schon gemocht haben.

LAOLA1: Bist du in Salzburg eigentlich oft auf der Straße von fremden Menschen angesprochen worden?

Wolf: Salzburg ist ein bisschen ein Dorf. Öfter sind die Leute in Graz gekommen. Das war aber nie unangenehm, es ist ja nicht schlimm, wenn man erkannt wird. Es war aber nie so schlimm, dass ich keine Ruhe hatte.

LAOLA1: Ist dieses Berühmtsein für dich halt einfach eine Begleiterscheinung deines Daseins als Profi-Fußballer oder genießt du das schon auch?

Wolf: Mal so, mal so. Wenn du in Salzburg wohin gehst, wissen wahrscheinlich die meisten, wer du bist. In Österreich ist das Ausmaß angenehm. Es hat ja auch seine Vorzüge: Du bekommst in Restaurants Tische ohne Reservierung.

"Ich verstehe das nie, wenn man um einen Typen wie mich so ein G’riss macht, ein Foto will"

LAOLA1: Wie wird das in Deutschland sein?

Wolf: Es wird mehr werden, aber ich denke, dass das in Leipzig okay ist. Ich kann es noch nicht unbedingt einschätzen. In Österreich und Deutschland sind die Menschen von den Manieren her so, dass sie dich eher mal in Ruhe lassen. Ich verstehe das nie, wenn man um einen Typen wie mich so ein G’riss macht, ein Foto will. Ich würde mit fast niemandem ein Foto machen, außer vielleicht mit Cristiano Ronaldo. Die Leute glauben immer, man ist unnahbar. Da gibt es viele, die unglaublich nervös sind. Ich denke mir dann immer: „Bleib doch locker!“

LAOLA1: Das Wunschlos in der Champions League ist also Juventus?

Wolf: Das wäre natürlich etwas. Ronaldo war als Kind immer mein Idol, mein Zimmer war voll mit Postern von ihm. Real Madrid oder Barca wären auch geil.

LAOLA1: Auf welches Stadion, abgesehen von jenem in Leipzig natürlich, freust du dich in Deutschland am meisten?

Wolf: Dortmund, als wir damals mit Salzburg beim BVB gespielt haben, war ich ja leider 90 Minuten auf der Bank. Natürlich auch auf die Bayern und Schalke. Und Gladbach gegen Marco Rose. Ich glaube aber, dass in der deutschen Bundesliga generell jedes Spiel etwas für sich haben wird. In Österreich ist das Niveau nicht so viel schlechter, aber es wirkt halt einfach so schlecht, schaut alles langsamer aus, wenn du in Stadien spielst, wo keine Stimmung ist.

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