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Kindheit in England: Als Rugby Kevin Danso lockte

Der ÖFB-Legionär erzählt von seiner Kindheit in der Stadt der Kreisverkehre.

Kindheit in England: Als Rugby Kevin Danso lockte

Ein eher gleichgültiges Achselzucken – so hat wohl ein Großteil von Österreichs U21-Teamspielern die Nachricht aufgenommen, dass das Auswärtsspiel in der EM-Qualifikation gegen England (Di., 20:45 Uhr im LIVE-Ticker) in Milton Keynes ausgetragen wird.

Keine Frage, es gibt weitaus glanzvollere Orte im Mutterland des Fußballs. Die Stadt hat eigentlich keine Geschichte, ist in erster Linie wegen ihrer vielen Kreisverkehre bekannt – rund 130 sind es.

1967 wurde Milton Keynes als Planstadt angelegt, um die Überbevölkerung in London ein wenig einzudämmen. Die Stadt, wie ein Schachbrett entworfen, liegt auf halber Strecke zwischen der Hauptstadt und Birmingham, Leicester, Oxford und Cambridge sind ungefähr gleich weit entfernt.

Kevin Dansos Heimspiel

Das klingt zwar kurios, ist vor Ort aber wenig spannend. Kevin Danso wird da anderer Meinung sein. Milton Keynes ist nämlich die Heimatstadt des U21-Teamspielers. Im Alter von sechs Jahren übersiedelte der gebürtige Steirer mit seiner Familie nach England.

„Für mich ist das ein Heimspiel. Ich bin dort aufgewachsen, meine Eltern leben dort, alle meine Kumpels leben noch dort. Immer, wenn ich frei habe, bin ich in Milton Keynes“, berichtet der 21-Jährige.

"Für einen Abend sind sie alle Österreicher!"

150 Eintrittskarten hat der Defensivspieler selbst gekauft, um sie an Freunde und Familie zu verteilen. Der Support ist ihm sicher, wie er grinsend erzählt: „Jeder freut sich schon darauf, mich live im Österreich-Trikot zu sehen. Für einen Abend sind sie alle Österreicher!“

Milton Keynes ist auch der Ort, an dem Danso seine Liebe zum Fußball entdeckt hat. Dank seiner beiden Brüder, die vier und elf Jahre älter sind als er. „Als ich noch in Österreich gelebt habe, habe ich mich gar nicht für Fußball interessiert. In England war es anfangs so lala, ungefähr mit acht Jahren habe ich dann angefangen und nach ein paar Monaten konnte ich ohne Fußball nicht mehr leben, ich musste immer am Platz stehen, brauchte immer einen Ball“, erinnert er sich.

Doch wie war es eigentlich, gegen so viel ältere Brüder zu kicken? „Ich war immer schon ziemlich groß, sie sind eher kleiner. Körperlich war es kein Problem, taktisch vielleicht schon. Es hat mir jedenfalls extrem geholfen, dass ich immer mit Älteren gespielt habe“, sagt der sechsfache A-Teamspieler.

43 Tore in der ersten Saison

Foto: © getty

In der U8 schloss sich Danso dann einem kleineren Verein an. Und die Ergebnisse werden ihren Anteil daran gehabt haben, dass sich der junge Mann sofort in den Fußball verliebt hat: „Wir waren mit der U8 die ganze Saison ungeschlagen. Ich habe in dieser einen Saison 43 Tore geschossen! Ich war damals ja noch Stürmer. Ich habe immer noch mit einigen dieser Jungs Kontakt.“

Ein Jahr später schloss sich das Talent Reading an, ein Verein, der rund 100 Kilometer entfernt ist. Noch während der Saison wurde Danso und seiner Familie klar, dass das keine so gute Idee war.

„Es war eine ziemlich weite Fahrt. Ich musste damals immer früher aus der Schule gehen. Aber die Schule ist damals im Vordergrund gestanden, da wäre es nicht gut gewesen, wenn ich alle zwei Tage ein paar Stunden verpasst hätte. Meine Familie und ich haben uns entschieden, dass ich in Reading aufhöre und zu den Milton Keynes Dons gehe, damit ich immer in der Schule sein kann“, sagt er.

Der Einfluss von Dan Micciche

Bei den MK Dons besuchte der Kicker, der damals noch als Angreifer fungierte, dann die Akademie. Und lernte Dan Micciche kennen. Der Sohn italienischer Einwanderer gilt als echter Fußball-Experte und auch Wegbereiter der Karriere von Tottenham-Star Dele Alli. Nach seiner Zeit bei den MK Dons vertraute der englische Verband auf die Expertise Micciches, der für die Entwicklung der Nachwuchsspieler zwischen zwölf und 16 Jahren zuständig war.

„Ich stehe mit ihm immer noch in Kontakt. Er hat seine Philosophie damals durchgezogen – wir wurden praktisch auf allen Positionen eingesetzt. Wir sollten als komplette Fußballer ausgebildet werden. Das hat mir geholfen. Man bekommt ein gutes Gefühl für seine Kollegen, die auf anderen Positionen spielen“, erzählt Danso.

"Sie haben mir Stipendien angeboten, die beste Ausbildung, wenn ich für sie Rugby spiele"

Irgendwann musste dann auch der gelernte Stürmer, der in Voitsberg zur Welt gekommen war, als Innenverteidiger ran: „Ich glaube, ich kann mich noch an dieses Spiel erinnern. Wir haben zwar hoch verloren, aber ich habe das ordentlich gemacht. Ich habe mich einfach immer gefreut, wenn ich Fußball spielen durfte, also war es mit egal, dass ich Verteidiger gespielt habe.“

Obwohl rasch klar war, dass Danso das Zeug zum Profi haben könnte, war nicht immer so klar, dass er auch tatsächlich beim Kicken bleiben würde.

Die Rugby-Affäre

Denn mit ungefähr zwölf Jahren hatte er eine leidenschaftliche Affäre mit einer anderen Sportart begonnen – dem Rugby. „In der Secondary School muss man verschiedene Sportarten ausprobieren. Mir hat Rugby riesig Spaß gemacht. Davor habe ich es nicht gemocht, ich habe es auch nicht verstanden. Doch dann habe ich die Regeln gecheckt. Ich habe viele ‚Tries‘, das sind praktisch die Tore im Rugby, geschossen. Mit der Schul-Mannschaft waren wir in Milton Keynes ungeschlagen“, erzählt der 1,90-Meter-Hüne.

Es kamen verlockende Angebote: „Im County-Cup, das ist so wie die Bundesland-Meisterschaft, haben mich dann einige Privatschulen angesprochen. Sie haben mir Stipendien angeboten, die beste Ausbildung, wenn ich für sie Rugby spiele.“

Foto: © getty

Letztendlich musste Danso eine Entscheidung fällen. Und sie fiel ihm nicht sonderlich schwer: „Mit 14 oder 15 Jahren hat mein Bruder mich dann gefragt: ‚Was willst du machen – Rugby oder Fußball?‘ Für mich war klar: Fußball!“

Im Alter von 16 Jahren entschied sich der ÖFB-Legionär, England zu verlassen und zum FC Augsburg zu wechseln. Ein ungewöhnlicher Schritt. Aber der richtige Schritt.

„Ich wusste, was ich erreichen will, hatte mein Ziel im Kopf. Ich wusste: Wenn ich das durchziehe und nach Deutschland gehe, dann muss ich Profi werden! Sonst hätte ich ja meine Familie und meine ganzen Freunde umsonst verlassen. Das war der Schlüssel zum Erfolg – ich konnte mich dann komplett auf die Schule und den Fußball konzentrieren“, meint Danso.

Der Rest ist Geschichte. Der Abwehrspieler debütierte 2017 im Alter von 18 Jahren in der deutschen Bundesliga, nicht einmal ein Jahr, nachdem er in der vierten Liga erstmals für die Amateure aufgelaufen war. Ein halbes Jahr nach seinem ersten Profi-Einsatz lief Danso unter Marcel Koller erstmals im ÖFB-Team auf.

Southampton passt einfach

In diesem Sommer endete seine Zeit in Deutschland – zumindest vorübergehend. Der FCA gab den Verteidiger leihweise an den FC Southampton ab. „Das Ziel war immer, irgendwann wieder nach England zurückzukehren“, gibt der U21-Internationale zu.

Als sich die Chance dann ergab, war sofort alles klar: „Ich musste nicht überlegen. Mein Bruder hat in Southampton studiert, ich kannte die Stadt schon. Außerdem hat Southampton viele große Spieler produziert: Virgil van Dijk, Theo Walcott, Gareth Bale, Sadio Mane, … Und dann gibt es auch noch Ralph Hasenhüttl als Trainer, der auch auf junge Spieler steht. Es hat einfach alles gepasst.“

Eine Rückkehr ins A-Team scheint auch nur noch eine Frage der Zeit zu sein. Wobei Danso just in diesem Lehrgang sicher alles andere als traurig darüber ist, mit der U21 nach Milton Keynes zu reisen…

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