Adrian Grbic hat jede Menge Erfahrung in Sachen Nationalteam. Über 50 Länderspiele hat der Wiener für den ÖFB-Nachwuchs bereits bestritten, die U21-EM 2019 in Italien und San Marino wird seine vierte Endrunde sein.
Eigentlich wollte der 22-Jährige die EM als Plattform nutzen, um sich für andere Vereine interessant zu machen. Doch nach den Vorkommnissen in Altach war ihm das zu riskant.
„Abgesehen von Klaus Schmidt, hatte ich aber bei keiner Person im Verein das Gefühl, dass sie hinter mir steht und mir den Rücken stärkt“, sagt der Stürmer über seine zwei Jahre im Ländle.
Ab Sommer wird der Angreifer, der im Nachwuchs für Rapid und den VfB Stuttgart gespielt hat, in der zweiten französischen Liga bei Clermont Foot kicken.
Im LAOLA1-Interview erzählt Grbic, was ihn zu diesem Wechsel bewogen hat, warum er im vergangenen Sommer nicht beim SK Rapid gelandet ist und was in Altach alles schieflief.
LAOLA1: Kannst du dich noch erinnern, als du damals als 14-Jähriger erstmals ins Nationalteam einberufen wurdest?
Adrian Grbic: Das war der Lehrgang mit dem Spiel gegen die Slowakei, natürlich erinnere ich mich daran. Es ist unglaublich, über so viele Jahre hinweg dabei sein zu dürfen. Es ist eine große Ehre, für Österreich spielen zu dürfen. Es ist auch eine Bestätigung, dass ich in meiner Karriere viel richtig gemacht habe. Für mich persönlich ist es jetzt die vierte Endrunde, ein geiles Erlebnis und eine super Plattform.
"Das ist kein Nachwuchs-Fußball mehr, das ist Profi-Fußball"
LAOLA1: Hättet ihr euch damals zu träumen gewagt, dass ihr euch für jedes Turnier, das möglich ist, qualifiziert?
Grbic: Nein. Vor allem, wie wir es geschafft haben. Wir haben in der U17-EM-Quali zum Auftakt verloren und dann zwei Mal gewonnen. Bei der U17-EM haben wir zum Start gegen die Slowakei verloren, haben gegen Schweden Unentschieden gespielt und mussten dann die Schweizer schlagen, um zur WM zu fahren. In der U19 haben wir auch zunächst gegen Schottland verloren und dann Kroatien und Italien geschlagen, das war unglaublich. Es war ein gewisses Glück dabei. Aber uns macht stark, dass wir alle zusammenhalten, dass wir nie aufgeben. Das ist eine geschlossene Gemeinschaft, jeder kann mit jedem, es gibt keine Grüppchenbildung.
LAOLA1: Ist es ein Vorteil für euch, dass ihr schon so viel Turniererfahrung gesammelt habt?
Grbic: Ungefähr wissen wir schon, was auf uns zukommt. Aber die U21 ist nicht mit der U17 oder der U19 zu vergleichen. Über 50 Prozent der Spieler bei einer U21-EM spielt in Top-Ligen bei Top-Mannschaften. Das ist kein Nachwuchs-Fußball mehr, das ist Profi-Fußball. Das ist die letzte Etappe vor dem A-Team. Vom Fußballerischen und der Athletik her ist das etwas ganz anderes als in der Jugend.
LAOLA1: Wann klappt es für dich mit dem ersten Turnier-Tor?
Grbic: Hoffentlich dieses Mal. Ich habe bei den bisherigen drei Endrunden leider kein einziges Tor gemacht, das ist mir bewusst. Umso schöner wäre es, wenn es diesmal klappt.
LAOLA1: Du hast insgesamt schon 56 Länderspiele bestritten und dabei 17 Tore erzielt. Das ist jede Menge Erfahrung.
Grbic: Wenn du immer dabei bist, sammeln sich schon einige Länderspiele an. Für mich ist das eine große Ehre.
LAOLA1: Mit welchen Zielen fahrt ihr nach Italien?
Grbic: Wir wollen unsere bestmögliche Leistung rausholen. Wir wissen, dass wir mit dieser Mannschaft wirklich viel erreichen können. Wir sind in der Quali mit dem Rücken zur Wand gestanden und haben noch die Wende geschafft. Wenn jeder mit dem Kopf bei der Sache ist, können wir wirklich viel rausholen. Ich will nicht groß reden, aber ich denke, das Halbfinale oder sogar das Finale ist möglich!
"Im Training wurde mir dann gezeigt, dass es so nicht mehr geht bei den Profis"
LAOLA1: Deine Position hat sich im Laufe der letzten Jahre verändert.
Grbic: Ich bin als Stürmer nach Stuttgart gewechselt. Thomas Schneider, mein damaliger Coach beim VfB, wollte, dass ich Stürmer spiele. Hermann Stadler, unser damaliger Teamchef, wollte aber, dass ich Außenstürmer spiele. Also habe ich beides gespielt. Ich habe mich im Zentrum aber immer wohler gefühlt. Ich hatte zwar den Gedanken, dass ich als Linksaußen nach innen ziehen und mit rechts schießen kann – mein rechter Fuß war schon damals meine große Waffe. Aber ich habe gemerkt, dass man als linker Flügel viel mehr nach hinten arbeiten muss, einen viel weiteren Weg zum Tor hat. Seit ich bei der U21 bin, spiele ich eigentlich immer Stürmer, auch beim Verein.
LAOLA1: Du hast im Nachwuchs beim VfB Stuttgart alles zerschossen. Hattest du zwischendurch das Gefühl, dass dir dein Torriecher am Sprung zu den Profis verlorengegangen ist?
Grbic: Das habe ich mir manchmal schon gedacht. Meine Zeiten in Stuttgart waren unglaublich. Da konnte kommen, wer will, ich habe meine Tore gemacht. Aber das war Nachwuchsfußball. Ich konnte dann den Schalter nicht so schnell umlegen, als ich in die zweite Mannschaft gekommen bin. Im Training wurde mir dann gezeigt, dass es so nicht mehr geht bei den Profis. Meine Zeit in der zweiten Mannschaft des VfB war nicht gut, also bin ich zurück zum FAC, um Spielpraxis zu sammeln. Dort habe ich dann ein paar Tore geschossen und bin zu Altach. Aber das ist eine eigene Geschichte…
LAOLA1: Erzähl mal!
Grbic: Damir Canadi hat mich geholt. Als ich gekommen bin, ist er aber zu Rapid gegangen. Sportchef Georg Zellhofer ist von Anfang an nicht hinter mir gestanden, er wollte mich eigentlich gar nicht holen. Das erste halbe Jahr habe ich sehr wenig gespielt. Im Winter hat mir Zellhofer gesagt, dass er mich nochmal ein halbes Jahr in die zweite Liga verleihen will. Ich wollte das aber nicht, wollte mich in Altach durchsetzen. Ab der 18. Runde habe ich dann sechs Tore erzielt, der Trainer hat auf mich gesetzt. Im Sommer ist Zellhofer dann gekommen und hat gesagt: „Ich wusste es doch, dass es gut ist, wenn du in Altach bleibst.“
LAOLA1: Wie ging es dann weiter?
Grbic: Im Sommer wollte mich dann Rapid, aber Altach hat zu viel Geld verlangt, deshalb ist es mit dem Transfer nichts geworden. Mir wurde damals versichert, dass ich richtig viel spielen werde, wenn ich in Altach bleibe. Aber es war genauso wie in der Saison davor. Ich habe insgesamt ein bisschen mehr als 600 Spielminuten gemacht, das ist nichts. Im Winter wollte der Verein dann den Vertrag verlängern, aber ich wollte das nicht. Da wurde mir schon mitgeteilt, dass ich vermutlich kaum spielen werde, wenn ich keinen neuen Vertrag unterschreibe. Für mich war es in Altach extrem schwer. Klaus Schmidt, hat mir als Trainer immer gesagt hat, was ich besser machen kann. Aber für ihn war es riskant, auf einen jungen Spieler zu setzen, weil er Punkte benötigt hat und mit Hannes Aigner eine Tormaschine im Kader hatte. Abgesehen von ihm, hatte ich aber bei keiner Person im Verein das Gefühl, dass sie hinter mir steht und mir den Rücken stärkt.
"Ich konnte nicht bis nach der EM warten, war mir nicht einmal sicher, dass ich dabei sein werde"
LAOLA1: Wir ist es dir psychisch in dieser Zeit gegangen?
Grbic: In der ersten Saison ging es, da bin ich aus der zweiten Liga gekommen, dachte mir, dass ich mich erst herantasten müsse, weil ich ja Spieler wie Hannes Aigner vor mir hatte. In der zweiten Saison wollte ich unbedingt spielen, um meinen Marktwert zu steigern und das Interesse anderer Vereine zu wecken, immerhin hatte ich einen auslaufenden Vertrag. Aber dann erinnere ich mich zum Beispiel wieder an Mitte Oktober zurück.
LAOLA1: Was war da?
Grbic: Ich habe im U21-Nationalteam gegen Russland ein Tor und ein Assist gemacht. Als ich zurück nach Altach gekommen bin, wurde mir gesagt, dass ich nicht im Kader bin. Auf die Frage nach dem Warum, wurde mir gesagt: „Du warst nicht bei der Mannschaft, konntest dich nicht beweisen und die U21 ist Kinderfußball.“ Die Woche drauf war ich wieder nicht im Kader. So ist es dann dahingegangen.
LAOLA1: Hast du dich auch deswegen so früh entschieden, wo du in der kommenden Saison spielen wirst? Du hast schon Anfang Mai beim französischen Zweitligisten Clermont Foot unterschrieben.
Grbic: Eigentlich war es mein Plan, die U21-EM abzuwarten. Hätte ich in der Rückrunde bei Altach gespielt, hätte ich ein besseres Gefühl für die EM gehabt. Aber ich habe in fünf Monaten 90 Minuten bei den Altach-Profis gespielt. Sasa Kalajdzic, Marko Kvasina und Pippo Schmidt, meine Stürmer-Kollegen aus der U21, haben währenddessen regelmäßig gespielt und auch getroffen. Ich konnte nicht bis nach der EM warten, war mir nicht einmal sicher, dass ich dabei sein werde. Ich hatte Angst, dass ich rausrutsche.
LAOLA1: Wie ist der Wechsel zu Clermont zustande gekommen?
Grbic: Ende März haben sie erstmals Kontakt aufgebaut. Sie hatten Videos von mir gesehen und ich auch in Altach beobachtet. Mir war das zu früh, ich habe ihnen eigentlich zwei, drei Mal abgesagt. Aber sie haben nicht locker gelassen. Der Trainer, der Präsident und der Sportdirektor haben mich immer wieder angerufen. Mir hat es getaugt, wie sie mir gezeigt haben, dass sie mich unbedingt haben wollen. So etwas habe ich selten erlebt. Sie haben mir ein Gefühl der Wertschätzung gegeben. Deswegen habe ich mich dazu entschlossen, diesen Schritt zu machen, für drei Jahre zu unterschreiben. Außerdem ist die Ligue 2 keine schlechte Liga, das ist das Land des Weltmeisters!
LAOLA1: Was waren die Eindrücke, die du vor Ort gesammelt hast?
Grbic: Für Frankreich ist es eine eher kleinere Stadt mit rund 150.000 Einwohnern. Die Altstadt ist wirklich schön. Das Stadion ist fein, sie wollen eine zusätzliche Tribüne errichten, damit künftig rund 20.000 Fans reinpassen. Auch die Infrastruktur ist ausgezeichnet.
LAOLA1: Was erwartet dich fußballerisch dort?
Grbic: Ich habe mir schon ein bisschen was angeschaut. Die Verteidiger sind alle echte Henker, da ist jeder 1,90 Meter groß und einen Meter breit, das sind Maschinen. Außerdem glaube ich, dass der Fußball dort viel schneller ist als in Österreich.
LAOLA1: Mit welchem Ziel geht der Verein in die neue Saison?
Grbic: In der vergangenen Saison hätte es Clermont Foot fast in die Playoffs geschafft. Das Ziel ist es, aufzusteigen.
LAOLA1: Hast du deinen Umzug schon geregelt?
Grbic: Der Verein übernimmt das. Sie haben mir schon zehn Wohnungen geschickt, ich muss mir nur noch eine aussuchen.
LAOLA1: Wie wird es für dich, nach Frankreich zu übersiedeln? Du hast zwar schon als Teenager den Schritt nach Stuttgart gemacht, diesmal ist es aber ein Land, dessen Sprache du nur von der Schule her ein bisschen kannst.
Grbic: Ich bin mit 15 Jahren nach Stuttgart gegangen, das war schon schlimm. Diesmal mache ich mir da keine großen Gedanken, ich denke, ich werde gut damit umgehen können.