Aus der Regionalliga in den Europacup.
Dies ist bekanntlich das große Ziel des FC Pinzgau Saalfelden in den kommenden Jahren. Dass dies gelingen kann, hat Lukas Schubert schon einmal miterlebt.
Und zwar mit seinem langjährigen Arbeitgeber SV Grödig, dem kommenden Gegner des FCPS in der Regionalliga Salzburg (Dienstag, 18. August, 19 Uhr im LAOLA1-LIVESTREAM).
"Möglich ist das! In Grödig haben am Anfang auch alle gefragt: 'Seid's wahnsinnig?' Die Vision war, dass der Rapid-Bus vorfahren soll, und das hat auch funktioniert. Grödig hat gezeigt, dass es möglich ist, wenn man wirklich hart arbeitet - natürlich gehört auch viel Glück dazu und es muss vieles zusammenpassen. Dennoch: Grödig wurde Dritter in der Bundesliga und hat als Höhepunkt zwei Runden Europacup gespielt", erinnert sich Schubert im Gespräch mit LAOLA1 und hofft:
"Das war eine coole Zeit und es wäre natürlich wunderschön, wenn ich diesen Weg mit dem FC Pinzgau nachzeichnen könnte."
(Text wird unter dem Video fortgesetzt)
Ein Pub ist anders als ein Wirtshaus
Eine Herzmuskelentzündung stoppte einst Schuberts persönliches Bundesliga-Märchen bereits nach fünf Einsätzen. Nach seiner Genesung ermöglichte ihm der Fußball jedoch eine persönliche Horizonterweiterung.
Im Sommer 2016 schloss er sich Derry City an und schaffte es mit den Iren immerhin in die Qualifikation zur Europa League. Im Frühjahr 2018 kickte der Rechtsaußen dann in den USA beim Napa Valley FC.
"Derry City war eineinhalb Saisonen lang ein sehr spannendes Kapitel, die Menschen in Irland leben den Fußball anders als bei uns. Es werden auch andere Dinge wertgeschätzt, ein Tackling oder ein Block auf der Linie werden ebenfalls gefeiert", erzählt Schubert, dem auch die Mentalität abseits des Rasens gefiel:
"In einem Pub wird beispielsweise anders geredet als in einem Wirtshaus. In unserer Kultur in Österreich ist es eher so, dass man Tische hat, an denen gesprochen wird. Dort ist es ein großes Ganzes, jeder redet mit jedem. Ich habe die Atmosphäre und den Lifestyle in Irland sehr genossen."
Amerikaner trifft Pinzgauer
Den US-Aufenthalt könnte man als eine Art unbewusste Vorbereitung für den FC Pinzgau, der sich dank starkem US-Einfluss als Fan Owned Club etabliert, interpretieren.
"Die Amerikaner ticken halt komplett anders als wir. Das ist jetzt auch in Saalfelden das Spannende: Amerikaner trifft auf den Pinzgauer."
"Das Napa Valley ist ein berühmtes Rotwein-Gebiet ungefähr 45 Minuten von San Francisco entfernt. Dort war das fußballerische Niveau nicht so berühmt, aber drei Monate in Kalifornien zu leben, war eine tolle Erfahrung. Das habe ich gerne mitgenommen und dort auch viele Menschen kennengelernt. Die Amerikaner ticken halt komplett anders als wir. Das ist jetzt auch in Saalfelden das Spannende: Amerikaner trifft auf Pinzgauer."
Ist es schwierig, diese beiden Welten auszubalancieren beziehungsweise muss man es überhaupt ausbalancieren?
"Ich finde, es befruchtet sich gut, auch wenn es zwei verschiedene Kulturen sind. Natürlich gibt es immer wieder auch mal Meinungsverschiedenheiten. Einer ist gewohnt, dass es so passiert, der andere denkt sich: Nein, so läuft das bei uns nicht, oder zumindest noch nicht. Das ist teilweise amüsant und lustig. Aber unterm Strich ist es ein ehrgeiziges Projekt, bei dem alle an einem Strang ziehen und jeder verschiedene Aufgaben hat. Meine ist auf dem Feld, und ich hoffe, ich kann dazu beitragen, das Projekt voranzutreiben."
Zoom-Calls mit Fan-Owner
Ein Projekt, auf das sich Schubert voll einlässt, auch wenn es Aufgaben beinhaltet, die man aus anderen Klubs nicht kennt - zum Beispiel die Interaktion mit jenen Fans, die sich Anteile am Verein gesichert haben.
"Wenn wir Spieler eine Frage haben, texten wir ihn kurz auf WhatsApp an, binnen fünf Minuten ist eine Antwort da - egal zu welcher Tageszeit. Also er lebt das wirklich! Man merkt, er will etwas aufbauen. Er liebt auch den Prozess des Aufbauens."
"Das ist in Zoom-Calls organisiert. Als Spieler stellt man sich kurz vor, erzählt etwas über sich und dann können die Fan-Owner jede Frage stellen, die sie wollen. Dass sie aus aller Welt sind, egal ob aus den USA oder Italien, macht es spannend. Es ist eine gute Interaktion. Mir taugt das. Es war auch Teil meiner Entscheidung, hierher zu kommen, weil ich dadurch mein Netzwerk erweitern kann."
Dass mit Geschäftsführer Mark Ciociola einer der US-Initiatoren auch selbst vor Ort in Saalfelden sesshaft geworden ist und das Projekt nicht aus der Ferne lenkt, würde für weitere Glaubwürdigkeit sorgen:
"Er ist sehr präsent, schaut oft beim Trainig zu. Wenn wir Spieler eine Frage haben, texten wir ihn kurz auf WhatsApp an, binnen fünf Minuten ist eine Antwort da - egal zu welcher Tageszeit. Also er lebt das wirklich! Man merkt, er will etwas aufbauen. Er liebt auch den Prozess des Aufbauens. Es ist gut für uns, dass er wirklich hier wohnhaft ist, denn das zeigt, wie ernst es ihm ist."
Wie realistisch sind die Ziele?
Ob man die hochgesteckten Ziele, europäisch zu spielen, tatsächlich erreichen kann, werde sich zeigen: "Das haben schon viele probiert, viele sind auch gescheitert. Aber ich denke, dass das ein Projekt sein kann, das solche Ziele wirklich erreichen kann. Ich war mit Grödig und Derry City auf Europacup-Reisen. Das gehört zu den schönsten Dingen im Fußball. Aber davon sind wir noch sehr, sehr weit weg. Jetzt heißt es einmal in der Regionalliga Salzburg zu überzeugen."
Um das Abenteuer mit dem FC Pinzgau in Angriff zu nehmen, verließ Schubert seinen Herzensverein SV Grödig, für den er in den vergangenen beiden Saisonen nach dem Ende seines Auslandsaufenthalts kickte.
"Ich habe mich sehr geehrt gefühlt, als Christian Ziege angerufen hat. Dass ein Spieler in meinem Alter noch einmal so ein Projekt starten darf, ist für mich sehr aufregend", schwärmt der 31-Jährige.
Youtube-Videos von Christian Ziege
Ziege, seines Zeichens Europameister 1996, habe er bei großen Turnieren spielen gesehen, sich nun aber noch einmal intensiver mit der Spieler-Karriere des Deutschen, die ihn unter anderem zum FC Bayern, AC Milan und FC Liverpool geführt hat, beschäftigt:
"Ich habe mir Youtube-Videos angeschaut beziehungsweise bin ich seine Stationen durchgegangen. All diese prominenten Klubs, das ist ein Wahnsinn. Jetzt bin ich ein 31-jähriger Spieler, aber mit 15 habe ich natürlich auch gehofft, dass es so weit reicht. Ich habe alles reingeworfen, dass es klappt, aber es hat nicht funktioniert. Dass er es erreicht hat, nötigt mir ganz großen Respekt ab."
Dass Ziege in Saalfelden "einfach eine Riesen-Respektsperson" ist, versteht sich so gesehen von selbst.
"Es ist nicht leicht, viele ausländische Spieler, Pinzgauer und Kicker aus Salzburg unter einen Hut zu bringen. Aber es gibt null Konflikte, es wird an einem Ziel gearbeitet. Das ist zu großen Stücken ihm zu verdanken, weil er dieses Projekt eint."