Was macht eigentlich Goran Djuricin?
Nach einigen Rückschlägen steht der ehemalige Rapid-Trainer plötzlich wieder ganz an der Spitze. Mit Aufstiegs-Favorit SV Stripfing wird der 48-jährige Wiener den Erwartungen gerecht und dominiert die Regionalliga Ost nach Belieben. Vor der Winterpause geht es am Freitag noch einmal auswärts beim Wiener Sport-Club um wichtige Punkte.
Nach dem verpassten Gang in die 2. Liga unter Hans Kleer, aufgrund der Vienna-Performance im Vorjahr, steigt der Druck auf Djuricin, den Meilenstein heuer endlich zu erreichen. Für den finanziellen Background sorgt Erich Kirisits, auch wenn infrastrukturell viel Aufholbedarf herrscht und wohl nur in einem anderen Stadion 2. Liga-Luft geschnuppert werden kann.
Namhafte "Stars" wie Marco Sahanek oder Darijo Pecirep wurden für das Projekt engagiert. Im LAOLA1-Interview spricht Djuricin über den Herbstmeistertitel, die Erwartungshaltung in Stripfing, Genugtuung in seiner Trainer-Karriere und Salzburg-Coach Matthias Jaissle.
LAOLA1: Gratulation zum Herbstmeistertitel! Erst die halbe Miete oder für dich doch ein wichtiger Erfolg?
Goran Djuricin: Nein, für mich zählt der nicht, weil Stripfing voriges Jahr auch Herbstmeister war und am Ende ist die Vienna aufgestiegen. Deshalb interessiert mich das überhaupt nicht.
LAOLA1: Wie viel Spaß macht dir das Projekt Stripfing bisher?
Djuricin: Es ist sehr herausfordernd, weil wir nicht die benötigte Infrastruktur haben, die man in der Liga haben sollte. Aber es macht viel Spaß, weil die Mannschaft und der Trainer-Staff sehr gut sind. Aber es ist viel Arbeit.
LAOLA1: Worauf spielst du bei der fehlenden Infrastruktur insbesondere an?
Djuricin: Die Platzverhältnisse, Kabine, Kantine – alles zusammen. Es ist alles nicht so, wie es ein Top-Regionalliga-Verein, der in die 2. Liga will, haben sollte. Es ist für mich nicht störend, aber es ist viel herausfordernder als normal.
LAOLA1: 15 Spiele, nur eine einzige Niederlage, ein Unentschieden, 40 Punkte – das ist schon eine klare Ansage, oder?
Djuricin: Ja, und selbst da hätten wir alles gewinnen können, müssen, sollen. Man kann nicht alles gewinnen, aber es ist schon unser Plan. Die Anforderung ist sehr groß bei uns, wir haben einen sehr guten Kader, aber das heißt nicht, dass es von selbst rennt. Deshalb sind wir froh, dass es nach Plan läuft. Am Freitag haben wir jetzt das letzte, schwierige Spiel beim Wiener Sport-Club. Wenn wir das gewinnen, können wir sehr zufrieden sein mit der Saison bisher.
LAOLA1: Die einzige Niederlage setzte es ausgerechnet gegen TWL Elektra, das Überraschungsteam, das "nur" 4 Punkte zurückliegt, was so nicht zu erwarten war. Kann euch dieser Rivale wirklich gefährlich werden?
Djuricin: Ich habe zu Saisonbeginn gesagt, dass es ein Überraschungsteam geben wird, das ist fast immer so. Dieses Mal ist es TWL Elektra. Dass sie unter den Top 5 sein werden, haben wir schon gewusst, aber nicht, dass sie uns so auf den Fersen kleben werden. Dazu muss man Herbert Gager und seinem Team gratulieren, weil das ist eine Top-Leistung. Das Spiel war auf einer schiefen Ebene, wir hätten 4:1 oder 5:1 gewinnen müssen, zwei Elfer wurden nicht gegeben, wir waren viermal alleine vor dem Tormann. Aber das ist das Spiel. Ich habe aber gewusst, dass es eine Mannschaft geben wird, die uns jagen wird.
"Die Erwartungshaltung ist irrsinnig hoch, aber auch für mich, egal, was ich mache. Ich habe lange überlegt, aber dieses Projekt hat mich interessiert. Dann muss man damit leben, in der Kritik zu stehen, wenn eine Kleinigkeit nicht passt. Druck bin ich von Rapid gewöhnt."
LAOLA1: Stripfing ist als klarer Favorit in diese RLO-Saison gestartet. Wie groß ist der Druck und die Erwartungshaltung, in dieser Saison endlich aufsteigen zu müssen?
Djuricin: Druck muss man immer relativieren. Die Erwartungshaltung ist irrsinnig hoch, aber auch für mich, egal, was ich mache. Ich habe lange überlegt, aber dieses Projekt hat mich interessiert. Dann muss man damit leben, in der Kritik zu stehen, wenn eine Kleinigkeit nicht passt. Druck bin ich von Rapid gewöhnt und andere Spieler in der Mannschaft auch. Deswegen gehen wir jedes Training und jedes Spiel sehr konzentriert und demütig an. Das ist das Geschäft, das gehört dazu.
LAOLA1: Stripfing hat schon mehrere Jahre darauf hingearbeitet. Das klare Ziel ist schon, den Aufstieg zu schaffen.
Djuricin: Auf jeden Fall! Das wurde mir gleich von Anfang an gesagt. Jetzt ist Vienna nicht mehr da und wir haben gehofft, dass uns kein Verein die Stirn bieten kann. Jetzt haben wir aber Elektra, die nicht aufsteigen will. Wir wollen aber trotz allem Erster werden und es sportlich schaffen.
LAOLA1: Letztes Jahr hat es knapp nicht gereicht, da hat sich die Vienna am Ende durchgesetzt, die derzeit eine gute Rolle in der 2. Liga spielt. Hans Kleer ist gegangen, du hast diese Herausforderung angenommen. Warum hat dich das Projekt gereizt?
Djuricin: Wenn du weißt, dass du ganz oben mitspielen wirst, kann es Spaß machen. Ich habe gewusst, welche Spieler kommen und dass die Chance groß ist, Meister zu werden. Von alleine geht es nicht, aber dieser Aufstieg in die 2. Liga war für mich der Ansporn.
LAOLA1: Bei Stripfing sind auch die finanziellen Mittel vorhanden, man will nach oben. Kannst du mal kurz den Background des Vereins erläutern?
Djuricin: Erich Kirisits (Anm.: langjähriger Xerox-Manager, Geschäftsführer der Wienerwald-Restaurants und einer Unternehmensberatung, wollte 2013 Rapid-Präsident werden) ist unser Boss, der für das Finanzielle zuständig ist. Er macht auf mich seit dem ersten Gespräch einen sehr seriösen und sympathischen Eindruck. Wie das im Detail mit Sponsoren und Geldern ausschaut, weiß ich nicht.
LAOLA1: Für die Regionalliga ist aber mit Sicherheit ein verhältnismäßig sehr hohes Budget vorhanden, wenn man sich anschaut, welche Ex-Bundesliga-Spieler anheuern.
Djuricin: Hundertprozentig! Ich nehme an, dass wir das höchste Budget haben. Es gibt eine Statistik der UEFA: Die, die das meiste Geld zahlen, werden auch Meister. Real oder Barcelona in Spanien, Bayern in Deutschland, City oder Liverpool in England – das ist halt leider oder Gott sei Dank – wie man will – so. Aber natürlich gibt es auch Ausreißer wie damals Ebreichsdorf, was mich als Trainer natürlich gefreut hat. Aber man braucht routinierte Spieler, die schon was erlebt haben, wie Pecirep, Gataric oder Gartner. Somit hast du schon eine gewisse Qualität, die aber kostet.
LAOLA1: Die Mannschaft ist für viele ohnehin schon ein "2. Liga-Team". Sahanek, Pecirep, Rakowitz, Gartner, Wessely und Co. bringen alle viel Erfahrung in oberen Ligen mit. Wie stark ist dieser Kader wirklich?
Djuricin: Ich will mich nicht zu weit hinauslehnen, aber ich glaube schon, dass wir ein mittleres 2. Liga-Niveau haben. Man sieht auch in Testspielen, dass wir da mithalten können.
LAOLA1: Wie kann man Spieler einer Qualität von Marco Sahanek oder Darijo Pecirep in der Regionalliga - abseits vom Finanziellen - auch sportlich zufriedenstellen?
Djuricin: Das ist das schwierigste Thema bei Stripfing! Als Trainer muss ich einen taktischen Plan mitgeben, aufgrund der Trainingssteuerung müssen sie topfit sein. Aber du musst sie auch führen und herausfordern können. Ich glaube, deshalb hat mich Herr Kirisits auch ausgesucht, weil ich Erfahrung mit solchen Spielern mitbringe und deswegen zur Zeit der richtige Mann bin, der sie motivieren, fordern kann und ihnen etwas abverlangt. Das brauchen sie schon, weil einige Spieler viel erlebt haben und verschiedene Trainer auf höchstem Niveau hatten.
LAOLA1: Geht das vielleicht sogar so weit, dass deine "Stars" auf einem Acker in der Regionalliga gar nicht auflaufen wollen?
Djuricin: Bis jetzt hat sich keiner getraut! (lacht) Ich gehe auf die Spieler ein und weiß, dass es Konfrontationen geben kann, wo Spieler nicht so zufrieden sind, aber damit müssen sie leben. Das Team steht an erster Stelle und es ist auch schwierig, einen Sahanek oder Gataric auf die Bank zu setzen – das ist eigentlich eine kleine Katastrophe. Es tut mir auch leid, aber es können nur elf Spieler spielen und meine Aufgabe ist es, ihnen das zu erklären.
LAOLA1: Laufen im Hintergrund schon die Planungen für die 2. Liga und was müsste sich verändern in puncto Stadion – ein Standortwechsel ist ein Thema (u.a. Schwechat) – und Infrastruktur?
Djuricin: Ich konzentriere mich aufs Sportliche und hoffe, dass wir aufsteigen. Was dann passiert, weiß ich noch nicht. Es gibt Pläne und angeblich Stadien, die man mieten könnte. Es ist noch nichts fixiert, aber angeblich ist man schon sehr weit. Ich habe aber noch keine Ahnung, in welche Richtung das genau geht.
LAOLA1: Aber dein Ziel wäre es schon, mit Stripfing im Falle des Aufstiegs dann auch die Herausforderung in der 2. Liga anzunehmen?
Djuricin: Hundertprozentig, das auf jeden Fall. Darum stelle ich mich jeden Tag hin, das geht nicht von alleine. Die größte Herausforderung ist dort, mit 18 oder 20 Top-Spielern jede Woche die richtige Elf zu bringen, sie fit zu machen und die richtige Taktik zu finden. Sollten wir es schaffen, würde ich mich sehr freuen für den Verein, die Spieler und mich persönlich. Natürlich will ich dann auch mitgehen. Deshalb würde ich mich auch über eine Infrastruktur freuen, die der Liga entsprechend auch notwendig ist.
LAOLA1: Inwieweit ist es für dich eine Genugtuung nach dem Ende bei Rapid, der zu kurzen Zeit bei BW Linz und in Zürich, dem bitteren Aus bei Türkgücü auch wieder aufzuzeigen, das Feuer neu zu entfachen und mit einem Team auf Platz 1 zu stehen?
Djuricin: Es erinnert mich an Ebreichsdorf. Du hast als Trainer nicht so oft die Chance, ein Team zu trainieren, das viel gewinnt. Ich habe höchsten Respekt vor Salzburg-Trainer Matthias Jaissle, das ist ein Top-Trainer. Aber es ist schon ein Unterschied, nervlich und vom Druck eine ganz andere Geschichte, ob man Salzburg- oder Hartberg-Trainer ist. Natürlich hat Red Bull Mega-Druck, aber wenn du eine Mannschaft hast, die viel gewinnt, musst du glücklich und froh sein.
LAOLA1: Kannst du das noch ein wenig konkretisieren?
Djuricin: Es ist ja als Trainer nicht immer so, dass du alles gut machst, nur weil du gewinnst – du hast einfach eine gute Mannschaft. 70 Prozent ist die Mannschaft, 30 Prozent die Trainerarbeit. Ich glaube jetzt nicht, dass Klaus Schmidt bei Hartberg weniger oder schlechter arbeitet als Jaissle, aber er hat einfach das schlechtere Material. Punkt, so ehrlich muss man sein. Deshalb bin ich froh, wieder eine Mannschaft - wie eine Zeit lang bei Rapid - trainieren zu dürfen, mit der ich viel gewinne. Das ist das Schöne am Fußball und macht auch viel mehr Spaß.