Jahanyar "Jan" Mohebbi - diesen Namen sollte man sich als österreichischer Fußball-Fan definitiv merken.
Der 32-jährige Wiener ist nämlich eine der spannendsten Trainer-Aktien, die der heimische Fußball derzeit zu bieten hat.
Trotz seines jungen Alters bringt der im Iran geborene, seit 2017 aber mit der österreichischen Staatsbürgerschaft ausgestattete Mohebbi Trainer-Erfahrung mit, von der andere 32-Jährige nur träumen können.
Seit zehn Jahren ist Mohebbi bereits im Trainergeschäft tätig: Über die Wiener Viktoria, den First Vienna FC und den FAC Wien führte ihn sein Weg mit gerade mal 24 Jahren erstmals ins Ausland.
Im vergangenen Oktober wurde der Wiener als Co-Trainer von Shanghai Port chinesischer Meister - und durfte damit den ersten großen Titel seiner Karriere bejubeln. In dieser Tonart soll es auch in Zukunft gerne weitergehen.
An Ambitionen mangelt es ihm nicht. Bei LAOLA1 spricht Mohebbi über seine zukünftigen Ambitionen als Cheftrainer, warum er davon träumt, einmal ÖFB-Teamchef zu werden, und wirft einen Blick zurück auf den steinigen Weg seiner bisherigen Karriere.
Trainer-Traum führte Mohebbi einst nach Österreich
Jan Mohebbi wurde am 27. Oktober 1991 in Teheran geboren. Schon in jungen Jahren packte ihn die Liebe zum Fußball, das große Talent, um den Weg als Fußball-Profi einzuschlagen, besaß er jedoch nicht.
So war für Mohebbi bereits in Teenager-Jahren klar, dass er sein Glück als Fußball-Trainer versuchen will - komme, was wolle.
Als Fan des iranischen Klubs Persepolis FC war Mohebbi oft bei Trainings als Zuschauer vor Ort und traf dort mit Afshin Ghotbi auch auf einen der größten Förderer seiner Karriere. Der damals 16-Jährige holte sich beim US-Iraner, damals Cheftrainer des Persepolis FC, wichtige Tipps ein.
"Ich habe ihn gefragt, wie ich meinen Traum, Trainer zu werden, schaffen kann. Und er hat mir empfohlen, den Iran zu verlassen und in Europa weiterzumachen, weil dort die Ausbildung viel besser ist."
Von seiner Familie bekam Mohebbi die volle Unterstützung - und so kam es, dass sein Weg 2007 dank eines Studium-Visums nach Ungarn führte. Es sollte jedoch nur eine Zwischenstation sein. Ziel war es nämlich immer, nach Deutschland oder Österreich weiterzuziehen.
Die ersten Trainer-Schritte bei der Wiener Viktoria
Gesagt, getan. Schon ein Jahr später übersiedelte Mohebbi nach Wien - eine Stadt, die er bis heute seine Heimat nennt.
Das "Universitätensystem und die Ausbildung" gaben letztlich den Ausschlag, warum sich der gebürtige Iraner dazu entschied, sein Studium in Wien fortzusetzen. Hauptziel war es aber selbstverständlich, seine Trainer-Karriere ins Rollen zu bringen.
"Als Ausländer musst du mehr zeigen als die lokalen Trainer, damit die Leute sehen, dass du besser bist. Sonst vertrauen dir die Leute nicht."
"Ich habe gleich gesucht, wo ich Trainer-Kurse besuchen kann." Beim Wiener Fußball-Verband wurde er schnell fündig. Erfahrung im Nachwuchsbereich zu sammeln, war eine Voraussetzung. Ein Kontakt, den er bei einem Trainer-Kurs herstellen konnte, führte ihn letztlich auch zu seiner ersten Trainer-Station in Österreich: der Wiener Viktoria.
Als Co-Trainer im Jugendbereich des Vereins aus dem 12. Wiener Gemeindebezirk verdiente sich Mohebbi seine ersten Sporen. Nach nur wenigen Monaten folgte jedoch bereits der Wechsel in die Jugend des First Vienna FC.
Bewährungsprobe Vienna: "Als Ausländer musst du mehr zeigen"
Es war eine Zeit, in der Mohebbi viel lernen durfte. "Meine Deutsch-Fähigkeiten haben sich verbessert und ich habe auch immer besser gelernt, wie die Sachen in Österreich funktionieren. Ich habe viel gutes Feedback von der Vienna erhalten und meine Position gefunden."
Beim ältesten Fußball-Verein Österreichs durfte der gebürtige Iraner unterschiedliche U-Mannschaften trainieren. "Ich habe gemerkt, die Leute vertrauen mir." Dieses Vertrauen musste er sich jedoch hart erarbeiten: "Als Ausländer musst du mehr zeigen als die lokalen Trainer, damit die Leute sehen, dass du besser bist. Sonst vertrauen dir die Leute nicht."
Der damalige Sportliche Leiter der Vienna, Kurt Garger, gab Mohebbi die Chance, sich zu entfalten: "Sie haben mir immer mehr Platz gegeben. Ich habe Turniere, Testspiele mit großen Mannschaften organisiert und eine sehr gute Position gefunden. Ich war nicht nur Jugendtrainer, sondern auch Assistent vom Jugendleiter."
Eine Personal-Rochade bei der Vienna führte dazu, dass Mohebbi den Klub 2016 verlassen musste. Beim FAC Wien fand er zwar schnell einen neuen Job, allzu lange konnte ihn die Floridsdorfer jedoch nicht halten - da aus heiterem Himmel das Ausland anklopfte.
Plötzlich Thailand! "War nicht vorbereitet"
Der Kontakt zu Afshin Ghotbi sollte sich als sehr fruchtbar erweisen. Der US-Iraner nahm 2016 nämlich einen Trainerjob beim thailändischen Topklub Buriram United an - und fragte Mohebbi, ob er ihn als Videoanalyst nach Thailand begleiten wolle.
"Als ich das Angebot bekommen habe, habe ich, ohne dass ich schaue, um welche Konditionen es geht, sofort akzeptiert", konnte Mohebbi sein Glück nicht fassen und unterzeichnete ohne große Überlegungen seinen ersten Profi-Vertrag - und das mit 24 Jahren.
"Ich hatte keine Erfahrung darin, im Staff eines Profi-Trainers zu arbeiten. Ich bin mitten in der Saison dazugestoßen, es ist alles sehr schnell gegangen. Wenn ich ehrlich bin, wusste ich nicht, wie alles funktioniert."
Der Sprung vom Nachwuchs- in den Profi-Bereich ging jedoch nicht so nahtlos über die Bühne, wie es sich der Wiener vielleicht gewünscht hätte. "Als ich bei Buriram begonnen habe, habe ich gemerkt, dass ich noch nicht vorbereitet bin."
"Ich hatte keine Erfahrung darin, im Staff eines Profi-Trainers zu arbeiten. Ich bin mitten in der Saison dazugestoßen, es ist alles sehr schnell gegangen. Wenn ich ehrlich bin, wusste ich nicht, wie alles funktioniert. Als Spielanalyst muss man andere Fähigkeiten mitbringen", gesteht Mohebbi heute.
Allerdings versuchte er, die Lücke so rasch wie möglich zu schließen: "Es hat Nächte gegeben, in denen ich nur drei, vier Stunden geschlafen habe, weil ich mich so schnell wie möglich auf das nötige Niveau bringen wollte. Es ging um Ergebnisse, also durfte man keine Fehler machen."
Nach rund drei Monaten mussten Ghotbi und Mohebbi ihre Posten bei Buraram United aber wieder räumen, nachdem man es verpasste, mit dem sonst so erfolgsverwöhnten Verein um den Meistertitel mitzuspielen.
Durchschnaufen in Wien
Das nächste Auslandsabenteuer war jedoch bereits um die Ecke. "Ich habe schon gewusst, dass es sein kann, dass wir ein paar Monate später in China weitermachen", so Mohebbi.
Bis dies jedoch geschah, hielt sich der gebürtige Iraner in Wien "fit" - und arbeitete wenige Wochen für den FAC Wien und den Wiener Sport-Club.
"Ich habe gesagt, ich brauche kein Geld. Ich freue mich einfach, wenn ich der Mannschaft als Videoanalyst helfen kann. Wichtig war für mich einfach, dass ich meine Entwicklung weitermache", lebte Mohebbi klar nach dem Motto, "wer rastet, der rostet".
Wechsel nach China - "eine andere Welt!"
Der chinesische Zweitligist SJZ Ever Bright holte Ghotbi und Mohebbi an Bord. Der Fußball-Markt in China boomte zu dieser Zeit, sich auf das Leben im Reich der Mitte umzustellen, war jedoch nicht so einfach.
"China ist eine andere Welt. Zum Beispiel sind viele Internet-Plattformen in China nicht abrufbar, da war es schwierig, mit der Familie in Kontakt zu bleiben. Mit der Mannschaft hatten wir zwar Dolmetscher, die Kommunikation in der Freizeit war aber ganz schwierig. Bis man sich da wohlfühlt, hat es wirklich lange gedauert."
Auch bei seinem neuen Verein war er mit vielen Neuerungen konfrontiert. Mohebbi musste sich nicht nur an Drohnen im Training gewöhnen, sondern auch an seine neue Kollegen. "In China glauben sie, dass die Ausländer, die reinkommen, alles übernehmen sollen. Auch um die chinesischen Trainer zu verbessern."
"Egal, wo man hingegangen ist, das Thema war Fußball. Und manchmal ist es schwierig für uns als Trainer - speziell, wenn die Ergebnisse nicht kommen. Du konntest einfach keinen Abstand von deinem Job haben."
Dennoch schien es sportlich in die richtige Richtung zu gehen. 2017 verpasste man den Aufstieg knapp, in der folgenden Saison trennte sich der Verein jedoch vom Trainer-Team um Mohebbi.
Keine leichte Rückkehr in den Iran
Nur wenige Monate später ging es jedoch bereits weiter in ein neues Land - aus Mohebbis Sicht jedoch in ein altes. Gemeinsam mit Ghotbi ging es zum Foolad FC in die erste Liga Irans.
"Dort konnte ich mit Leuten in meiner Muttersprache kommunizieren", blickt der Wiener auf eine etwas überfordernde Zeit zurück. "Egal, wo man hingegangen ist, das Thema war Fußball. Und manchmal ist es schwierig für uns als Trainer - speziell, wenn die Ergebnisse nicht kommen. Du konntest einfach keinen Abstand von deinem Job haben."
Bei Foolad wollte man sich für höhere Aufgaben im Land empfehlen, nachdem man die Saison auf Platz acht beendete, entschied sich das Trainergespann jedoch dazu, die Zelte im Iran wieder abzubrechen.
"Der nächste Schritt" - Neue Zusammenarbeit mit Javi Pereira
Ein Anruf von Ex-Klub SJZ Ever Bright führte jedoch dazu, dass Ghotbi und Mohebbi nur wenige Monate später wieder nach China zurückkehrten - im dritten Anlauf wollte es dann auch endlich mit dem Aufstieg in die chinesische Super League klappen.
Ein besonderer Moment in der Laufbahn des Wahl-Österreichers: "Das war ein Top-Moment in meiner Karriere. Die Jahre davor haben immer in Enttäuschungen geendet, nun hatte ich aber auch mal die andere Seite des Fußballs gesehen."
Mit dem Ausbruch der Corona-Pandemie stand der Fußball in China nach dem Aufstieg aber plötzlich still. Mohebbis erste Super-League-Saison fand in einer "Bubble" statt. Als das Jahr 2021 ankam, wollte auch der Wiener aus seiner "Bubble" als Videoanalyst ausbrechen und eine neue Aufgabe unter einem neuen Trainer annehmen.
"Ich habe das Gefühl gehabt, es ist Zeit für mich, dass ich einen weiteren Schritt mache. Für mich war immer klar, dass ich Cheftrainer werden will." Das nächste Ziel war also klar: Den Analysten- gegen einen Co-Trainer-Job wechseln.
Beim chinesischen Erstligisten FC Henan bot sich ihm genau diese Chance. Deshalb entschied sich Mohebbi trotz eines besser dotierten Angebots dazu, sich dem Trainer-Team von Javier Pereira anzuschließen.
"Wie ist das passiert?" - La-Liga-Traum wird real
Nur ein halbes Jahr später war das Abenteuer China aber (vorerst) wieder vorbei - da plötzlich La Liga anklopfte.
UD Levante holte Pereira im Oktober 2021 als neuen Cheftrainer, und dieser nahm Mohebbi sofort nach Spanien mit. "Das ist ein ganz großer Traum gewesen! Manchmal denke ich mir, wie ist das passiert?"
Das Trainergespann übernahm Levante im Tabellenkeller liegend, schaffte es jedoch nicht, das Ruder rumzureißen. Sieglos musste man im Jänner 2022 wieder die Koffer packen. "Wir mussten akzeptieren, dass wir diese Challenge nicht schaffen."
Levante konnte in weiterer Folge nicht mehr gerettet werden und stieg aus La Liga ab. Dennoch blickt der Wiener positiv auf die vielen neuen Erfahrungen zurück: "Ich war so glücklich, dass ich diese Möglichkeit bekommen habe."
Der (vorläufige) Höhepunkt: Meister mit Shanghai Port
Diese Erfahrungen brachten Pereira und Mohebbi wieder zurück nach China. Henan holte sein altes Trainerteam zurück. "Wir wollten wieder wo hingehen, wo uns die Leute vertrauen."
Obwohl man finanziell nicht auf derselben Ebene wie andere chinesische Klubs war, konnte man mit einem starken sechsten Rang in der Super League überzeugen - und machte sich so auch schmackhaft für Shanghai Port.
Mit dem Wechsel zum chinesischen Top-Klub zu Beginn des Jahres 2023 stieg natürlich auch der Erwartungsdruck. "Ziel war es, dass wir irgendwas mit Shanghai gewinnen."
Etwas leichter gesagt als getan, durfte Shanghai Port in seiner Vereinsgeschichte doch erst einen Meistertitel bejubeln, bevor Pereira und Mohebbi ankamen - und das, obwohl man in der Vergangenheit in viele große Namen investierte.
"Wir hatten großen Druck, weil die Fans erwartet hätten, dass ein größerer Name kommt. Die Leute haben keine Hoffnung gehabt, dass wir den Titel schaffen. Die Meisterschaft hat aber was anderes gezeigt."
Es war ein souveräner Meistertitel, den Shanghai Port 2023 einfuhr. Von Anfang bis zum Schluss hielt sich der Klub, dem auch auch Markus Pink in der vergangenen Saison angehörte, an der Tabellenspitze. "Ich bin stolz darauf, was wir geschafft haben!"
Abschied aus China - dafür UEFA-Pro-Lizenz in England
Und was nun?
Pereira und Mohebbi entschieden sich zu Beginn der Saison bewusst dafür, nur für ein Jahr bei Shanghai Port zu unterschreiben. Auch jetzt bekräftigt der Wiener: "Für uns ist klar, unsere Zeit in China ist zum Ende gekommen."
Gespräche mit Klubs laufen, sowohl ein Verbleib in Asien als auch eine Rückkehr nach Europa stünden zur Debatte. Auch aus England soll es Interesse geben.
Fest steht, dass der 32-Jährige sich nicht mehr allzu lange als Co-Trainer sieht. Mit Javi Pereira gibt es bereits eine klare Absprache: "Wir haben den Deal gemacht, dass wir die nächsten zwei bis drei Jahre weiter zusammenarbeiten und ich meine Entwicklung auf das Niveau bringe, dass ich als Cheftrainer übernehmen kann."
Der Plan ist bereits klar ausgearbeitet. 2025 wird Mohebbi auch seinen UEFA-Pro-Lizenz-Kurs absolvieren - diesen wird er nach Absprache mit seinem Cheftrainer in England bei der FA machen.
"Er hat viele Jahre in der Premier League und der Championship gearbeitet und er hat mir empfohlen, es ist besser für mich, wenn ich die Ausbildung bei der FA mache. Ich freue mich Vollgas, weil das sind die letzten Schritte, bevor ich selber irgendwo meinen Job als Cheftrainer beginnen kann."
Mohebbis großer Traum: "Will mit ÖFB-Team zur WM!"
Seine künftige Karriere als Cheftrainer soll ihn eines Tages auch wieder zurück nach Österreich führen, das hofft der Wiener inständig: "Ich will irgendwann in Österreich Cheftrainer werden, selber irgendwo ein Projekt übernehmen."
Ein Trainerjob im österreichischen Profi-Fußball würde den Kreis für Mohebbi schließen. Als er vor rund 15 Jahren nach Österreich kam, hätten wohl die wenigsten eine Karriere erwartet, wie sie der heute 32-Jährige bereits hingelegt hat.
"Mein Traum ist, dass ich es irgendwann mal mit Österreich zur Weltmeisterschaft schaffe."
Mohebbi hat seiner Wahl-Heimat viel zu verdanken: "Alles, was ich geschafft habe in meinem Leben, habe ich von Österreich bekommen. Österreich hat mir diese Plattform gegeben."
Der gebürtige Iraner, der seit 2017 aber österreichischer Staatsbürger ist, hat einen Traum - und dieser soll ihn eines Tages auch ins ÖFB-Nationalteam führen: "Mein Traum ist, dass ich es irgendwann mal mit Österreich zur Weltmeisterschaft schaffe."
Bis dahin muss aber selbstverständlich noch viel Wasser den Bach hinunterfließen. Zumindest mental sieht sich Mohebbi bereits gerüstet für seine zukünftigen Trainer-Aufgaben:
"Man muss offen sein für neue Visionen. Nicht nur in den letzten 20 Jahren - Fußball hat sich in den letzten drei, vier Jahren viel verändert. Man darf nicht nur an einem Weg festhalten, sondern immer offen sein für neue Visionen und eine neue Fußball-Kultur. Ich glaube, der Fußball wird sich weiter verändern und ich will Teil davon sein."