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Wo Österreich ein Vorzeigemodell bieten kann!

Ex-Bundesliga-Vorstand analysiert im LAOLA1-Interview Folgen der Corona-Krise.

Wo Österreich ein Vorzeigemodell bieten kann!

Georg Pangl sitzt auch in der Osterwoche fast tagtäglich in seinem Home Office in Stotzing nahe Eisenstadt und arbeitet intensiv an nationalen und internationalen Projekten. Zwischen einem Telefonat mit LASK-Obmann Siegmund Gruber und einem Video-Call mit seinem Partner in London sowie einem Bundesliga-Vertreter aus Deutschland steht der 54-jährige Burgenländer LAOLA1 Rede und Antwort.

Pangl - seit 34 Jahren in den verschiedensten Funktionen im Fußball engagiert - ist seit Jänner 2020 mit einem Partner in London im Fußball-Finanzierungsbereich tätig. 

Der ehemalige ÖFB- und UEFA-Mitarbeiter sowie Vorstand der österreichischen Bundesliga von 2004 bis 2014 war zuletzt fünfeinhalb Jahre lang als Generalsekretär der "European Leagues" im Einsatz. In seiner Ära steigerte sich die Anzahl der Mitglieder von 30 auf 36 europäische Ligen, ebenso sind seit dieser Zeit die Ligen in allen wichtigen Gremien der UEFA, inklusive des Exekutivkomitees, vertreten.

Im Herbst 2019 trennte sich Pangl "ganz ohne böses Blut und in aller Freundschaft" von der Interessensgemeinschaft, die auch Europas Top-5-Ligen umfasst.

Georg Pangl: "Es trifft kleine, mittlere und große Ligen ähnlich stark."

Als Kenner der Vereinigung der Profiligen in Europa kann Pangl gut einschätzen, wie die unterschiedlichen Meisterschaften und Verbände mit der Herausforderung der Coronavirus-Pandemie umgehen.

Wo Österreichs Liga ein Vorzeigemodell ist und welche Projekte Georg Pangl aktuell vorantreibt, verrät er im LAOLA1-Interview:

LAOLA1: Trifft es in der aktuellen Krise die kleinen Ligen in Europa härter oder geht es auch bei den Top-5-Ligen ans Eingemachte?

Georg Pangl: Ich glaube, dass die momentane Situation in Relation der kleinen, mittleren und großen Ligen – auch von den Budgets und was das Gesamtvolumen der Liga und der Klubs angeht - sie im Prinzip ähnlich stark oder genauso stark betroffen sind.

LAOLA1: Gibt es dabei positive Ausnahmen?

(Text wird unterhalb des Videoplayers fortgesetzt)

Pangl: Da würde ich keine Liga, sondern einzelne große Klubs sehen, die eine Ausnahme bilden. Es gibt immer noch einige, die ein sehr gut gefülltes Klubkonto haben – ohne Vereine zu nennen. Denen geht es gut und da ist es wie im richtigen Leben, die überstehen so eine Krise um einiges besser als jene, die stets am Hungertuch nagen. Es kämpfen im Prinzip die Kleinen genauso wie die Großen, aber ein paar Vereine haben den Vorteil, gut situiert zu sein und damit leichter durch die Krise zu kommen. Es besteht jedenfalls ein ordentlicher Bedarf an Cash, um die nächsten Monate zu überbrücken und das ist für die Großen genauso notwendig wie für die Kleinen.

Pangl als Generalsekretär der European Leagues

LAOLA1: Wird der Liga-Betrieb in Europa fortgesetzt werden?

Pangl: Da liegt die Antwort auf der Hand. Wenn es die Regierungen zulassen, die Meisterschaften auch verspätet zu Ende gespielt werden können und die noch offenen TV-Ratenzahlungen für die Klubs zu bekommen sind, dann ist das sicher notwendig und da sind dann Geisterspiele bestimmt das kleinere Übel als die Meisterschaften sofort zu beenden und abzubrechen. Wobei es in diesem Fall dann auch die Meinungen – wie jene beispielsweise von LASK-Präsident Siegmund Gruber - zu respektieren gilt, wonach man einen Schlussstrich zieht und sich auf die neue Saison konzentrieren kann. Das passt aber auch nicht ganz zum Zugang der UEFA, die ihre Finalspiele oder ihre offenen K.o.-Partien noch austragen will. Natürlich auch aus finanziellen Gründen. Da werden die Regierungen die richtigen Entscheidungen treffen. Ich sehe in der Folge aber Geisterspiele auf uns zukommen, um die Bewerbe fertig zu spielen.

LAOLA1: Soll das also auch für Champions League und Europa League gelten?

Pangl: Es wäre wünschenswert, ist aber auch um einiges schwieriger. Wir sind in Österreich dank all der zuletzt getroffenen Maßnahmen in der glücklichen Lage, dass es hierzulande nicht so schlecht aussieht, um die Meisterschaft fertig zu spielen. International muss man erst sehen, ob es irgendwann möglich wird, die Sperren und Abschottungen der EU-Länder und Ligen zu öffnen und ob eine Mannschaft nach Spanien oder Italien für ein Spiel einfliegen kann. Oder ob – so wie das UEFA-Präsidenten Aleksander Ceferin bereits ankündigt hat – Spiele auf neutralem Boden stattfinden. Es wird herausfordernd und bei einem kritischen Blick auf die einzelnen Länder, die in der K.o.-Phase noch dabei sind, wird es sicherlich ganz, ganz eng werden. Da ist es wohl realistischer auf neutralem Boden die Bewerbe zu Ende zu bringen.

LAOLA1: Österreichs Vereine konnten ihre Spieler dank des Kollektiv-Vertrags sehr schnell in die Kurzarbeit schicken. Ein Vorteil, den du einst gemeinsam mit der Liga und der Vereinigung der Fußballer (VdF) ausverhandelt hast, oder?

Ex-Liga-Vorstand Pangl mit Nachfolger Ebenbauer
Foto: © GEPA

Pangl: Ja, da muss ich ganz ehrlich sagen, dass Österreich in diesem Punkt wieder einmal ein Vorzeigemodell bieten kann. Da sieht man erst wie wichtig der 2008 ausgehandelte Kollektiv-Vertrag nun geworden ist. Ich kann mich noch erinnern, als ich damals als Liga-Vorstand mit dem Thema an die Klubs herangetreten bin, waren diese nicht unbedingt hellauf begeistert. Aber wir haben die Vereinbarung nach einem langen Hin und Her auf Schiene gebracht. Heute ist der Kollektiv-Vertrag eine unheimlich wichtige Grundlage, dass die Kurzarbeit und all die weiteren Maßnahmen daraus abgeleitet werden können. Das ist richtig vorbildlich. Die Zusammenarbeit zwischen der Bundesliga und der Fußballer-Gewerkschaft ist sehr gut und da kann man nur froh sein, dass beide Seiten so zueinandergefunden haben. Das ist wirklich ein Modellbeispiel, das man nach außen tragen kann.

LAOLA1: Wo wird der Fußball durch die Krise global den größten Schaden erleiden?

Pangl: Ich habe die Befürchtung, dass die Schere zwischen Arm und Reich noch weiter aufgeht. Die großen Klubs wird es immer geben, die mittelgroßen und kleineren Klubs kämpfen jetzt mit Problemen der Liquidität - was immer das auch für Auswirkungen haben wird. Und da habe ich die Befürchtung, dass, wenn man nicht noch mehr gelebte Solidarität – nicht nur gesprochene – an den Tag legt, die Kluft zwischen den Kleinen und den Großen noch deutlicher werden könnte.

LAOLA1: Wie siehst du mögliche Auswirkungen der Krise auf den Transfermarkt?

Pangl: Ich glaube, dass viele mittelgroße oder kleine Klubs in den meisten Ligen das Geld nicht besitzen werden, um auf dem Transfermarkt großartig mitzumischen. Es werden noch mehr ablösefreie und günstige – hoffentlich auch junge – Spieler gefragt sein. Aber ich denke, dass sich auch hier die großen Klubs - jene mit dem noch halbwegs gut gefüllten Konto - wieder durchsetzen werden. Das heisst, die größten 15 Vereine Europas werden sich die teuersten und besten Spieler leisten können. Ich hoffe nicht, dass die Schere dadurch weiter auseinander geht, sondern vielmehr künftig das Geld aus den Transfers in den kleineren Ausbildungsklubs und -ligen ankommt.

LAOLA1: Da ist wohl der Wunsch Vater des Gedanken, oder?

Pangl: Aufgrund der im Vorjahr geänderten Transfer-Bestimmungen können die Spieler, die in Bezug auf ihre eigenen Transfers nicht als Drittparteien zu betrachten sind, künftig legal mit festgeschriebenen Beträgen an der Transfersumme beteiligt werden. Das könnte dann als ein Teil des Gehalts gesehen werden, der dem Spieler bei einem Wechsel auszubezahlen ist. Dadurch können kleinere Klubs ihre Talente länger an den Verein binden und beide Parteien sportlich wie finanziell profitieren. Experten erwarten, dass diese Möglichkeit ebenfalls ein gewisses Umdenken am Transfermarkt bewirken wird.

LAOLA1: Mit welchen Projekten willst du 2021 durchstarten?

Pangl: Ich habe vorerst einmal die Pangl Football Group aktiviert. Das ist eine kleine Agentur, die aufgrund meiner Erfahrung und meines Netzwerks zum Ziel hat, kluge smarte Köpfe und Projekte zu verbinden. Das klappt sehr gut. Eine größere Säule der Aktivitäten ist mit einem Partner gemeinsam im Finanzbereich Projekte auf Schiene zu bringen, dazu kommen Spielertransfers – auch mit Partnern – vorwiegend aus Brasilien, wo wir mit Markus Schruf, dem ehemaligen sportlicher Leiter der Red Bull Akademie in Sao Paulo, zusammenarbeiten. Dazu beschäftige ich mich mit dem Thema der künstlichen Intelligenz in Richtung Digitalisierung im internationalen Fußball und arbeite dabei mit der Agentur SHP (Anm.: Samuel Haas und Partner), ein Family Office für Spitzensportler, in Zürich zusammen. Ich bin also jetzt in den ruhigeren Zeiten bei mehreren Projekten acht bis zehn Stunden pro Tag eingesetzt. Es macht mir riesig Spaß und ich werde sehen, wie sich das alles nach der Krise positionieren lässt.

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