"Das war eine mutige Entscheidung, aber wir wurden dazu gezwungen, hatten keine andere Möglichkeit mehr", sagt Gernot Baumgartner.
Er ist der neue Vorsitzende der "VdF – Die Spielervereinigung", auch bekannt als Fußballer-Gewerkschaft. Der bisherige, langjährige Vorsitzende Gernot Zirngast kümmert sich ab sofort um Nachwuchs-Agenden, Oliver Prudlo ist Baumgartners Stellvertreter.
Doch das ist nicht die "mutige Entscheidung", von der Baumgartner spricht. Vielmehr meint er damit die Loslösung vom ÖGB (Österreichischer Gewerkschaftsbund) bzw. dessen Teilorganisation "younion". Seit Monaten ist die Situation der VdF deswegen kompliziert. Aber der Reihe nach.
Baumgartner spricht "Am Stammtisch bei Andy Ogris" von mehreren Dingen, die zu diesem Schritt geführt hätten. Unter anderem die unterschiedlichen Vorstellungen während der Corona-Pandemie.
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(Artikel wird unter dem Video fortgesetzt)
"Es war ein ideologischer Konflikt. Der ÖGB hat gesagt: 'Zusperren und daheim bleiben!' Wir haben gesagt: 'Der Fußball muss stattfinden!' Wir vertreten unsere Mitglieder, die wollten spielen, die große ÖGB-Linie war eine andere. Das ist nur ein Beispiel, warum es besser ist, eine eigenständige Organisation zu sein", so Baumgartner.
Zirngast ergänzt: "Wir leben in zwei verschiedenen Welten. Oft war es ÖGB intern, wo das Fußballverständnis komplett gefehlt hat, schwieriger als mit der Bundesliga und dem ÖFB. Es hat in der younion ganz andere Ziele und Ideen gegeben, man hat sich immer mehr in unsere Arbeit eingemischt."
Die Mitglieder sind den Weg mitgegangen
Inzwischen ist die VdF eine eigenständige Organisation geworden. Und ein Großteil der Mitglieder ist gefolgt. Rund 800 Mitglieder sind den Weg mitgegangen, haben ihre ÖGB-Mitgliedschaft gekündigt. Ca. 250 Mitglieder sind noch im ÖGB. Darunter einige "Karteileichen", etwa ehemalige Bundesliga-Legionäre, die ihr Geld längst anderswo verdienen.
"Außerdem sind die wenigen verbliebenen Mitglieder in der younion Amateurspieler, das ist aber eine Berufsgenossenschaft. Schön, wenn die Hilfe haben, wenn sie arbeitslos werden, aber die arbeiten ja gar nicht als Fußballer. Das passt hinten und vorne nicht zusammen", sagt Zirngast.
Wer welche und wieviele Mitglieder hat, ist für Gewerkschaftsorganisationen existenziell wichtig. Nicht zuletzt aufgrund des Kollektivvertrags. Doch dazu später.
Verhandlungen über Kooperation
Tatsache ist, dass das Tischtuch zwischen VdF und ÖGB noch nicht endgültig zerschnitten ist, wenngleich es nur noch an wenigen, dünnen Fäden hängt. Es wird seit längerem über eine Kooperation verhandelt. Die VdF will eine eigenständige Organisation, aber Partner des ÖGB sein.
Doch langsam, aber sicher verliert die VdF – sie besteht seit 1988, also schon lange vor ihrer Eingliederung in den ÖGB – die Geduld. "Wir sind seit drei, vier Monaten in diesen Gesprächen. Wir haben eine Verantwortung unseren Mitgliedern gegenüber, können nicht ewig im luftleeren Raum herumschwirren. Wir sind gesprächsbereit und offen, sitzen mit ihnen am Tisch, aber es ist an der Zeit, zu sagen: Wir machen eine Kooperation oder es gibt ein ungeregeltes Auseinandergehen. Letzteres wäre für keine Seite gut", meint Baumgartner.
Was passiert mit dem Kollektivvertrag?
Doch was passiert, wenn es zum endgültigen Bruch kommt? Vor allem mit dem Kollektivvertrag, der seit 2008 die Anstellungsverhältnisse von Fußballern bei ihren Vereinen bis ins Detail regelt?
Baumgartner: "Wir haben von einigen Juristen Rechtsmeinungen und Gutachten eingeholt. Die sagen, dass wir als Spielervereinigung eigenständig auch ohne ÖGB die Kollektivvertragsfähigkeit bekommen können. Das Bundeseinigungsamt vergibt diese Kollektivvertragsfähigkeit. Eine der Grundvoraussetzungen dafür ist, dass man eine Großzahl der Arbeitnehmer in dieser Branche vertritt. Mittlerweile ist es so, dass wir ca. 350 Mitglieder aus der Bundesliga haben und die younion praktisch null. Dann geht es noch um die Arbeitgeberseite, da hat die Bundesliga die Kollektivvertragsfähigkeit. Es ist kein Ding der Unmöglichkeit, den Kollektivvertrag als eigenständige Organisation außerhalb des ÖGB zu machen."
Nachsatz: "Falls die Gespräche scheitern, ist für uns ganz klar, dass wir die Kollektivvertragsfähigkeit beantragen."
International längst Usus
Der Weg, den die VdF – sie vertritt übrigens nicht nur aktive Fußballer, sondern auch Trainer – geht, ist international längst Usus. "Wir waren weltweit die letzte Spielervereinigung, die in einem großen Gewerkschaftsbund drinnen war. International ist das längst üblich, dass das eigene Organisationen sind", sagt Baumgartner.
Die kleine Hoffnung auf ein versöhnliches Ende der Causa ist beim VdF-Vorsitzenden noch da: "Es wäre schon schön, würden wir mit dem ÖGB eine Lösung finden. Aber wir haben uns dank unserer Mitglieder eine relativ gute Position geschaffen und klare Voraussetzungen."
"Unser Ziel ist es, eine echte Fußball-Organisation zu sein, keine Unterorganisation des ÖGB", stellt Baumgartner noch einmal fest.
Die kommenden Tage werden Klarheit bringen.