Das Stechen eines neuen Tattoos läuft meist sehr ähnlich ab: Der Tätowierer konzentriert sich in Ruhe, um keinen Fehler zu machen. Der Kunde versucht sich die Schmerzen nicht zu sehr anmerken zu lassen und wartet nervös auf das Endergebnis.
Darum war der Verfasser dieser Zeilen vor dem Interview durchaus unsicher, ob die Idee auch wirklich umsetzbar ist. Doch bei Slimheli, der schon Stars wie Marko Arnautovic, Thorsten Fink, Andreas Ivanschitz oder die Zulj-Brüder tätowiert hat, läuft selten etwas normal ab.
Und so traf sich LAOLA1 mit dem Star-Tätowierer zu einem Interview der ganz besonderen Art: Während LAOLA1-Redakteur Julian Saxer die Fragen stellte, legte Slimheli die Nadel an und plauderte aus dem Nähkästchen.
Die übliche Ruhe, die nur durch das Summen der Nadel gestört wird, gab es nicht. Genauso wenig die Nervosität beim Gestochenen. Denn mit Slimhelis Geschichten aus dem Umkreis der Fußball-Stars werden die Gedanken schnell auf eine andere Schiene gelenkt.
Angesprochen auf die verrückteste Geschichte mit den Fußball-Stars, fällt Slimheli ein Casino-Besuch ein. „Im Prinzip war das nicht einmal so ein richtiger Star, wenn ich ehrlich bin. Viele Leute glauben, das ist wahrscheinlich der Marko, aber nein“, handelt es sich dabei nicht um seinen guten Freund Arnautovic.
„Ich war in einem Land und bin zufällig mit dem Spieler dorthin gefahren. Dann habe ich gesehen, wie einer bei der Tür reinkommt, in die Brusttasche reinfahrt und ein Packl Geld rausnimmt. Ich sage mal, es waren sicher 50.000 oder 100.000 Euro. Wie frisch gedruckt. Er hat das auf Rot gesetzt. Was ist gekommen? Schwarz“, erzählt Slimheli. „100.000 Euro weg, ich habe mir nur gedacht 'Hawe die Ehre‘.“
Doch dabei blieb es nicht: „Der hat wieder reingegriffen, wieder so ein Packl rausgeholt, wieder auf Rot gesetzt und was ist gekommen? Wieder Schwarz. Der hat innerhalb von fünf Minuten sicher 100.000 oder 200.000 Euro verloren. Ich bin aufgestanden, rausgegangen, habe mir eine Zigarette angeraucht und nur gedacht, der ist nicht ganz dicht. Da gehst du ein Leben lang arbeiten. Das ist ein Wahnsinn.“
Nicht normal
Diese Geschichte ist aber nicht die Normalität in der Welt der Superstars, wie Slimheli erklärt: „Jeder Spieler, wo ich hingefahren bin, lässt jetzt das Geld nicht so raushängen und zeigt mir das. Nein, das machen sie nicht. Sie sind brav im Prinzip, sie haben den Respekt. Einer haut ein bisschen mehr raus, der andere ein bisschen weniger.“
Die meisten Spieler kennt er schon seit ihren Jugendtagen. Hat das viele Geld der Stars ihren Charakter verändert? „Ja, sie haben sich verändert. Aber ich glaube nicht wegen dem Geld, sondern der Menschheit“, glaubt Slimheli.
„Sie haben sich verändert, aber sie schützen sich auch. Ich glaube, das musst du auch. Wenn du so ein Star bist wie ein Alaba und Co., dass du nicht mehr normal auf der Straße gehen kannst, dann musst du dich ein wenig schützen, sonst hältst du das nicht aus. Das hat mit dem Geld nicht so viel zu tun“, gibt es andere Gründe.
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Arnautovic, der "Dillo"
Eine ganz besondere Beziehung verbindet Slimheli zu Arnautovic. Der West-Ham-Legionär ist schon lange kein „normaler“ Kunde mehr, die beiden verbindet eine enge Freundschaft. Beim Tätowieren gerät diese Freundschaft aber jedes Mal wieder in Gefahr.
„Ja, das stimmt. Es wird immer diskutiert, es wird immer so sein“, erzählt der Tätowierer. „Es sind immer Diskussionen dabei: Wo ich bin, was ich mache, wie lang es dauert, warum bist so lang dort, machst du mir das zu fleiß? Es tut einfach weh, ich weiß es eh. Wir wollen den Kunden nicht wehtun.“
Umgekehrt hat auch schon mal „Arnie“ bei Slimheli die Nadel angesetzt und sein Autogramm in sein Handgelenk tätowiert: „Das war die Hölle, also mir wäre es lieber gewesen, wenn er es mit den Füßen gestochen hätte, da hat er mehr Gefühl.“
Liebevoll ist auch der Umgangston der beiden miteinander: „Ich sage immer ‚Dillo‘ zu ihm. Und er sagt immer, ich soll die Papp‘n halten.“
Zahlen muss Arnautovic mittlerweile nicht mehr für seine Tattoos, wie Slimheli erzählt: „Wir kennen uns schon so lange, da geht es nicht mehr ums Geld, sondern rein um die Freundschaft und das Vertrauen. Er hat mir sehr viel ermöglicht, dann wäre das unverschämt, wenn ich für das Tätowieren noch Geld verlangen würde.“
Charaktersache
Der Umgang mit Arnautovic zeigt auch, wie es Slimheli zu Österreichs Star-Tätowierer geschafft hat.
„Ich glaube, das ist eine Charakter-Sache, dass sie mich gern haben, dass ich ihnen nicht am Zutz gehe und dass ich keinen Blödsinn rede. Mit dem Tätowieren hat das, glaube ich, gar nicht so viel zu tun“, so Slimheli, der von sich selbst sagt, dass er nicht der beste Tätowierer in diesem Land ist.
Doch auch seine Söhne, im selben Alter wie die meisten Stars, spielen eine große Rolle: „Genauso ist es. Ich habe drei Söhne und die ersten zwei Söhne von mir sind Fußballspieler. Das heißt, die haben bei Rapid und der Austria gespielt, da habe ich natürlich sehr viele Jungs kennengelernt. Die, die als Profis eingeschlagen sind, habe ich dann eigentlich tätowiert.“
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Kein Luxus
Während Slimheli bei seinen Ausflügen zu den Fußball-Stars in die Welt der Reichen und Schönen eintaucht, lebt er zuhause unter ganz „normalen“ Bedingungen. „Für mich war das ein Problem. Ich habe eigentlich in zwei Schichten gelebt, ich habe unten und oben gelebt. Ich habe immer gebraucht, wenn ich zurückgekommen bin, um mich zu erfangen“, war der Wandel kein leichter.
Nach einem Herzinfarkt konzentriert sich der 52-Jährige mehr auf seine Familie, Reisen zu seinen berühmten Freunden wurden weniger.