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Hobby-Fußballer muss nach Foul über 30.000 Euro zahlen!

Ein Fußballer aus Niederösterreich wurde aufgrund eines Foulspiels 2020 verklagt. Vier Jahre später ist das Urteil da und schockiert in vielerlei Hinsicht:

Hobby-Fußballer muss nach Foul über 30.000 Euro zahlen! Foto: © GEPA

In Summe 21.900 Euro, zahlbar innerhalb von 14 Tagen!

So lautete das Urteil in einem Gerichtsverfahren, das sich über viereinhalb Jahre in Wien und Niederösterreich gezogen hat.

Leidtragender ist der 32-jährige Hobbyfußballer Amir Abdel-Hamid, der zum Zeitpunkt des Ereignisses für die DSG Dynamo Deluxe in der gleichnahmigen DSG-Unterliga spielte. Die DSG ist ein von der Diözesansportgemeinschaft gegründetes Ligensystem in Wien und Niederösterreich für Hobbyfußballer.

Fouls gehören zum Fußball dazu, dass nun ein Hobbyfußballer deswegen um seine Existenz bangen muss, ist neu. 

Eine unglückliche Situation in einem Fußballspiel bescherte dem Spieler nun eine Schadenersatzpflicht in fünfstelliger Höhe: "Es ist einfach nur schade, dass so etwas passiert ist - Ich bin einfach nur noch sprachlos. Meine Gedanken drehen sich im Moment nur darum, das so schnell wie möglich zu lösen", zeigte sich der Beklagte im Gespräch mit LAOLA1 spürbar geschockt.

Doch was ist eigentlich genau passiert?

(Text wird unterhalb des Videos fortgesetzt)

Der Vorfall ereignete sich am 28. Februar 2020 während eines Spiels der DSG-Unterliga in Wien.

Kurz vor Spielende kam es dabei zu einem Körperkontakt zwischen dem Offensivspieler und dem gegnerischen Tormann - im Zuge dessen der Torhüter im Bereich des Gesichts getroffen wurde und sich dabei verletzt hatte. Der Schiedsrichter entschied auf Foulspiel, zeigte jedoch keine Karte.

Die Partie wurde daraufhin kurz unterbrochen und der Torhüter musste verletzungsbedingt ausgewechselt werden. "Es war ein Unfall und keinerlei Absicht dabei", versicherte Abdel-Hamid.

Die Diagnose: Eine Nasenbeinfraktur sowie eine Rissquetschwunde im Bereich der Ober- und der Unterlippe. Darüber hinaus kam es zu einem Nervenschaden an den beiden mittleren Schneidezähnen, womit eine Verfärbung der Zähne einherging.

"Ich habe versucht, mich nach dem Spiel zu entschuldigen und wir haben uns auch als Verein nochmal schriftlich entschuldigt. Ein halbes Jahr später hab ich dann die Anzeige zur Zeugenaussage bekommen", so der Hobbyfußballer über den Vorwurf, dass er sich nie für diese Aktion entschuldigt haben soll.

Dreimal bekam er Recht - am Ende entschied das Landesgericht gegen ihn

Ein halbes Jahr nach dem Vorfall startete nun für ihn ein Gerichtsverfahren, zuerst in Wien, dann in Tulln und schlussendlich beim Landesgericht in St. Pölten.

"Ich hatte selber auch schon Verletzungen oder bin wegen einer Platzwunde im Krankenhaus gewesen. Aber ich hätte nie jemanden angezeigt, sowas kann einfach passieren im Fußball", zeigte sich der Hobbykicker schockiert über die Anklage.

Lange Zeit deutete noch alles auf ein gutes Ende für den 32-Jährigen hin, bis das Urteil auf den letzten Metern doch noch kippte.

Ursprünglich sah das Bezirksgericht Tulln in der Aktion eine "spieltypische Verletzung" vor und entschied damit für den angeklagten Spieler. Nach zweimaliger Berufung des Klägers beurteilte schlussendlich das Landesgericht St. Pölten den Sachverhalt anders als das Bezirksgericht Tulln zuvor zweimal.

"Das Gericht kam zum Schluss, dass das Verhalten des Beklagten rechtswidrig und schuldhaft war, da der Beklagte mit seiner Attacke gegen den Kläger erst begann, als er keine Chance mehr hatte an den Ball zu gelangen, da der Kläger den Ball bereits gefangen hatte, als der Beklagte zu seinem Sprung mit gestrecktem Bein gegen den auf den am Boden liegenden Kläger ansetzte. Dieses Verhalten wurde als nicht mehr spieltypisch qualifiziert", begründete das Landesgericht St. Pölten die Entscheidung in einer Stellungnahme nach LAOLA1-Anfrage.

Aussage der Linienrichterin ändert alles

"Ich hatte nie die Absicht, den gegnerischen Tormann in dieser Situation zu verletzen. Und vor allem nicht mit beiden Beinen ins Gesicht, wie es behauptet wird. Ich hab vor dem Zusammenprall einen Kontakt mit dem Verteidiger gespürt, konnte vor dem Tormann dann nicht mehr rechtzeitig abbremsen und habe ihn beim versuchten Ausweichen mit dem rechten Schienbein im Gesicht getroffen", schilderte der 32-Jährige die Situation nochmal gegenüber LAOLA1.

Laut dem Gerichtsbeschluss kippte das Urteil schlussendlich nur aufgrund der Aussage der Linienrichterin, die die Ereignisse sehr konkret schilderte.

"Die Aussage der Linienrichterin hat am Ende dafür gesorgt, dass umentschieden worden ist. Das Urteil ist schlussendlich gekippt, weil ihre Aussage so vehement war und die des Schiedsrichters nicht so genau protokolliert wurde. Ich hatte aber vier Zeugen, die bestätigten, dass sie während der Situation gar nicht auf unserer Angriffseite, sondern auf der Verteidigungsseite war", zeigte sich Abdel-Hamid sehr verwundert über die Entscheidung.

Der werdende Vater muss nach seinem Foul nun insgesamt fast 31.000 Euro bezahlen.
Foto: © Privat

"Das ist nicht gerecht" 

Das Urteil des Landesgerichts ist nun endgültig, eine ordentliche Revision kann der Kicker nicht mehr einlegen: "Und das ärgert mich noch mehr. Weil die Gegenseite einfach dreimal in Berufung gehen konnte und wir können das jetzt nicht mehr machen. Das ist für mich nicht logisch und nicht gerecht."

Jetzt steht der Hobbykicker vor einer gewaltigen Rechnung, die er innerhalb von 14 Tagen begleichen muss. Knapp 22.000 Euro an den Kläger (Schmerzensgeld, Behandlungs- und Verfahrenskosten), sowie knapp 9.000 Euro an seine eigene Anwältin.

Seine Freundin, die zusätzlich auch noch ein Kind von ihm erwartet, hat im Internet bereits eine Plattform eingerichtet, auf der Menschen spenden können.

Der werdende Vater steht finanziell nach dem Urteil vor einem Trümmerhaufen: "Ich muss jetzt so schnell wie möglich mit der Gegenseite eine Ratenzahlung vereinbaren, damit mein Gehalt nicht gepfändet wird."

Die Ratenzahlung würde sich auf circa 1.500 Euro für die nächsten 18 Monate belaufen. Eine Summe, die für ihn nicht zu stemmen ist.

Viel Anteilnahme

Jetzt, mehr als vier Jahre nach dem für ihn lebensverändernden Spiel, kickt der 32-Jährige in der Reserve des FC Tulln und ist dort auch als Co-Trainer bei der U10 aktiv. 

Nach Informationen der "NOEN" gibt es beim FC Tulln bereits Bestrebungen, Amir Abdel-Hamid zu unterstützen: "Soweit ich informiert bin, wird's da eine Initiative geben. Jeder Euro hilft dem Burschen. Er tut mir extrem leid", wird der Sportliche Leiter und ehemalige Rapid-Spieler Andreas Dober zitiert.

Kraft schöpft der Hobbykicker von den vielen Zusprüchen, die er auf die Online-Anzeige bisher erhalten hat: "Vor allem die Flut an Meldungen der letzten Tage, durch die Online-Schaltung, geben mir viel Kraft. Es melden sich sehr viele Menschen bei mir, die mir ihre Anteilnahme bekunden."

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