Ein magischer Moment durch Lionel Messi hat Argentinien am Samstag gereicht.
Von weltmeisterlicher Form war der zweifache Titelträger zwar auch beim 2:0 gegen Mexiko weit entfernt, zumindest die Richtung scheint vor dem Showdown gegen Polen am Mittwoch aber zu stimmen.
"Weil es nun wieder nur an uns liegt", betonte Messi, um den sich danach alles drehte. Der 35-Jährige kündigte nun "eine andere Weltmeisterschaft für uns" an.
"Argentinien ist aufgewacht"
"Argentinien ist aufgewacht", schrieb die Zeitung "Pagina12". "Vamos Argentina!", hieß es bei "Olé". "Vamos!", das hatte auch Messi den tobenden Fans zugeschrien nach seinem Tor in der 64. Minute.
Die Kulisse von 88.966 Zuschauern war der Dramatik angemessen, laut FIFA die größte bei einer WM seit dem Finale 1994 in den USA. Damals waren zum Endspiel im Rose Bowl Stadium von Pasadena (Kalifornien) 94.194 Fans gekommen.
Das Epizentrum der Feierstimmung lag aber in der argentinischen Kabine selbst. Verteidiger Nicolas Otamendi teilte auf den sozialen Medien ein Video, das zeigt, wie die ganze Mannschaft auf Bänken und Tischen hüpft und ein Lied zu Ehren von Argentinien und speziell zu Ehren von Lionel Messi und Diego Maradona singt. "Ich will die dritte gewinnen, ich will Weltmeister werden", heißt es unter anderem.
"Wichtiger Schritt gemacht, ein weiterer muss folgen"
Längst nicht alles gelang dem sechsfachen Weltfußballer Messi gegen Mexiko, oft blieb er in dieser spielerisch höchstens mittelmäßigen Partie an einem Gegner hängen. Aber als er für einmal etwas Platz in der Nähe des gegnerischen Strafraums vorfand, nahm er den Ball blitzschnell an und schoss präzise in die untere Torecke. Es war sein 93. Tor im 167. Länderspiel und vor allem das 8. WM-Tor, womit er mit Diego Maradona gleichzieht. Jenem Fußball-Gott, dessen zweiten Todestag man am Freitag begangen hatte.
"Die Familie leidet, die Freunde leiden. Es ist sehr emotional, die Burschen spielen zu sehen", erklärte Coach Lionel Scaloni, selbst siebenfacher Teamkicker - das letzte Mal mit Messi bei der WM 2006. Von Assistenztrainer Pablo Aimar, mit dem Messi ebenfalls bei der WM 2006 zusammenspielte, kursieren sogar Aufnahmen, die ihn nach der 1:0-Führung schluchzend auf der Bank zeigen.
Messi selbst zeigte sich selten so befreit wie an diesem späten Samstagabend in Lusail, nur vier Tage, nachdem er dort mit hängendem Kopf und hängenden Schultern über den Platz nach der 1:2-Auftaktblamage gegen Saudi-Arabien geschlichen war und das ganz frühe Aus bei seiner letzten Weltmeisterschaft drohte.
Das hängt freilich noch immer einem Damokles-Schwert gleich über den "Gauchos", die nun dem "Finale" gegen Stürmerstar Robert Lewandowski und dessen Polen entgegenblicken. "Wir wissen, dass wir einen wichtigen Schritt gemacht haben, aber uns ist bewusst, dass ein weiterer folgen muss, um das erste Ziel zu erreichen", sagte Messi. Gewinnt Argentinien am Mittwoch auch gegen Polen (4 Punkte), sind die Südamerikaner im Achtelfinale. Bei einem Remis sind sie vom Ausgang des Spiels zwischen Saudi-Arabien (3) und Mexiko (1) abhängig.
Kein schlechtes Omen für Argentinien
Dass die Argentinier nach der bis Dienstag letzten WM-Auftaktniederlage 1990 (0:1 gegen Kamerun) anschließend auch einen 2:0-Sieg (gegen die damalige Sowjetunion) feierten, dürfte sicher ein Zufall sein.
Dass es die damalige Mannschaft um Maradona vier Jahre nach dem Titel von Mexiko auch in Italien wieder bis ins Finale schaffte, dürfte aber zumindest kein schlechtes Omen sein - die Endspielniederlage gegen Deutschland mit einem weinenden Maradona mal ausgeklammert.
Scaloni leitete die nächste Phase der WM schon bald nach dem Schlusspfiff ein. Der mit 44 Jahren jüngste Nationalcoach in Katar meinte: "Man muss gesunden Menschenverstand haben, es ist nur ein Fußballmatch. Das müssen auch die Spieler begreifen. Ansonsten wird jedes Spiel so, wie dieses gegen Mexiko. Die Sonne geht auch auf, wenn man verliert. Wichtig ist, wie man etwas tut."
Selbst ein Argentinier kann nicht alle vier Tage solche Emotionen wie am Samstagabend durchmachen.