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"Die richtige Entscheidung, Hummels nicht mitzunehmen"

ServusTV-Experte Steffen Freund überrascht die Abwesenheit von Mats Hummels im DFB-Kader nicht. Warum vom Bayern-Mittelfeld die ganze WM abhängt.

Foto: © getty

Er ist für viele der große Abwesende im WM-Kader des deutschen Nationalteams: Mats Hummels.

Bei Borussia Dortmund ist der 33-jährige Abwehr-Routinier das Um und Auf, trägt die Kapitänsbinde und befindet sich eigentlich in Top-Form. Doch Bundestrainer Hansi Flick hat sich gegen den 76-fachen DFB-Teamspieler entschieden und nimmt dafür den erst 20-jährigen Armel Bella-Kotchap vom FC Southampton mit.

"Er hat eine hervorragende Form und ist topfit, aber für uns ist es jetzt eher ein Blick in die Zukunft", erklärte Flick den Verzicht auf den BVB-Spieler und die Einberufung von Bella-Kotchap. Auch für ServusTV-Experte Steffen Freund, selbst Europameister (1996) und Champions-League-Sieger (1996/97) mit Dortmund, eine nachvollziehbare Entscheidung.

"Wir hatten Bella-Kotchap ja schon beim letzten Mal dabei, da war er die große Überraschung. Das heute dann auch durchzuziehen und dafür Mats Hummels nicht mitzunehmen, ist vielleicht eine Personalie, wo es unterschiedliche Meinungen geben kann und sollte", sagt der 52-Jährige im Rahmen eines WM-Events von ServusTV im LAOLA1-Interview.

"Ich finde die Entscheidung richtig, weil jetzt der Moment gekommen ist, wo Süle, Schlotterbeck, Rüdiger und Ginter spielen sollten. Wenn dann noch einer mit dabei ist, der so ein Turnier einmal erleben darf (...). Wenn Bella-Kotchap weiter diese Schritte in Southampton geht, dann ist er natürlich ein Spieler, der in Zukunft wichtig werden könnte", erklärt Freund.

Rüdiger und Schlotterbeck vor Hummels

"Wenn sie das Anfangsduo bilden, sage ich jetzt nicht, dass Hummels für einen der beiden spielen muss."

Steffen Freund sieht Rüdiger und Schlotterbeck vor Hummels

Für Hummels hingegen ist das WM-Aus eine "der größeren Enttäuschungen meiner Karriere", schreibt der BVB-Profi auf "Instagram". 2018 war der Abwehrhüne beim blamablen Gruppen-Aus in Russland noch mit dabei, wurde danach genauso wie Jerome Boateng und Thomas Müller von Ex-Bundestrainer Joachim Löw aussortiert.

Während Freund die damalige Entscheidung "völlig unnötig" fand, ist er heute anderer Meinung. "Er ist nach wie vor einer der besten Innenverteidiger, nur jetzt muss irgendwann auch mal ein Wechsel stattfinden", betont Freund. Außerdem sieht er für Hummels ohnehin kein Vorbeikommen am Duo Antonio Rüdiger und Nico Schlotterbeck.

"Wenn sie das Anfangsduo bilden, sage ich jetzt nicht, dass Hummels für einen der beiden spielen muss", meint Freund. "Dann hast du noch Niklas Süle dahinter und Matthias Ginter, der in Freiburg eine überragende Saison spielt. Die vier haben es verdient, jetzt zu spielen."

"Wer sagt denn, dass Bella-Kotchap nicht interessant werden kann?"

Bei einer WM, bei der erstmals 26 statt 23 Spieler in den jeweiligen Kadern mit dabei sein dürfen, sei es auch wichtig, "dass Spieler dabei sind, die grundsätzlich einen Teamgedanken haben, dankbar sind dabei zu sein und nicht den Anspruch haben, von Anfang an zu spielen", spricht Freund England-Legionär Bella-Kotchap an.

Für den talentierten Innenverteidiger sei es eine Chance, erstmals WM-Luft zu schnuppern und sich für Höheres zu empfehlen. Genauso wie es Christoph Kramer 2014 in Brasilien tat.

Der nunmehr 31-jährige Gladbacher Mittelfeldakteur gab erst in der WM-Vorbereitung sein DFB-Debüt, kam bei der Endrunde nur zu zwei Kurzeinsätzen, ehe er im Finale gegen Argentinien von Beginn an auflief.

Zwar musste Kramer nach 31 Spielminuten verletzt ausgetauscht werden, aber "ihn hatte keiner auf der Rechnung. Wer sagt denn, dass Bella-Kotchap nicht interessant werden kann?", fragt Freund. Mit Blick vor allem auf die Heim-EURO 2024 ist es daher besser, "Hummels nicht reinzuwerfen, sondern jemanden hinten dran zu haben."

Deutschlands bester Torjäger wohl nicht die erste Wahl

(Artikel wird unter dem VIDEO fortgesetzt)

VIDEO: Hansi Flick nominiert den deutschen WM-Kader

Den bereits erwähnten Teamgedanken bringen auch Niclas Füllkrug und Youssoufa Moukoko mit, die ausgerechnet in Katar zu ihren ersten A-Länderspielen im DFB-Dress kommen könnten. Speziell die Einberufung des Werder-Stürmers, mit zehn Toren aus 13 Spielen sogar bester deutscher Bundesliga-Torjäger, wurde vielerorts vehement gefordert.

Freund sieht im 29-Jährigen, der das Spiel der klassischen Neun verkörpert, jedoch keinen Stammspieler. "Er ist aber auch derjenige, der reinkommen und noch etwas verändern kann, wenn es nicht funktioniert. Ich glaube, dass Hansi Flick ihn so sieht und nicht unbedingt gleich als erste Wahl", glaubt der 52-Jährige an eine Joker-Rolle des Angreifers.

"Nur um Thomas Müller und Kai Havertz zu nennen, die sind beide vor Füllkrug. Es spielt auch nur einer. Ich glaube nicht, dass wir mit zwei Stürmern spielen. Deshalb sehe ich ihn eher als Team- und Ergänzungsspieler, der für den Notfall bereit sein muss, sollte es Verletzungen usw. geben", führt Freund aus.

Auch Ergänzungsspieler braucht ein Team

Im weiteren Turnierverlauf könnten aber sowohl Füllkrug als auch Moukoko noch eine größere Rolle spielen, denn "wenn du weit kommst, dann kann sich einiges ändern." Zudem hätten beide, genauso wie Bella-Kotchap, einen kleinen mentalen Vorteil.

"Du hast jetzt 26 Spieler, 15 sind erst einmal enttäuscht, weil sie nicht von Anfang an spielen. Und dann kommt genau der Punkt: Bella-Kotchap, Füllkrug und Moukoko sind nicht enttäuscht, die sind glücklich, überhaupt dabei zu sein. Da hat man eben diese Konstellation, dass man einfach auch diese Spieler mit im Kader haben muss", sagt Freund.

Es sei ein Risiko für das Teambuilding, nur Spieler im Kader zu haben, die unbedingt spielen wollen. Freund glaubt deswegen, "dass Stand heute alle drei gar nicht zum Einsatz kommen. Das ist aber überhaupt nicht schlimm."

"Dann haben wir gar keine Chance"

Schlimm wäre es seiner Meinung nach aber, wenn die bayrische Mittelfeld-Achse ihre Leistung in Katar nicht abruft. Die Zentrale rund um Leon Goretzka, Joshua Kimmich und Jamal Musiala sieht Freund als Schlüsselfaktor dafür, wie weit Deutschland bei dieser WM kommen wird.

"Wenn sie ihre Form bestätigen, dann sind wir im Zentrum super aufgestellt", stellt der EM-Triumphator von 1996 klar. "Müller sehe ich sogar als Variante als Mittelstürmer, weil wir haben eben da die größte Problemstelle", rechnet Freund gar nicht damit, dass der Ur-Bayer - im Gegensatz zu den Bayern - im Mittelfeld aufgestellt wird.

Die Bayern-Spieler seien für das DFB-Team generell enorm wichtig. "Das ist die Übermannschaft in Deutschland. Alle anderen sollten schauen, dass sie irgendwann wieder einmal überhaupt in die Richtung kommen", nimmt er die Bundesliga-Konkurrenten in die Pflicht.

Aber: "Wenn die bei der WM nicht abrufen, dann haben wir gar keine Chance." Und dann droht dem vierfachen Weltmeister in einer Gruppe mit Costa Rica, Spanien und Japan eine ähnlich historische Blamage wie vor vier Jahren in Russland.


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